Rezeptur
In dieser Serie beantworten wir aktuelle Anfragen aus der Apotheke und erklären wichtige Themen aus dem Bereich der Rezeptur. 
Titelbild: Schelbert / DAV
6 min merken gemerkt Artikel drucken

Herstellung von wasserfreien Ohrentropfen – so geht's

in ein weibliches Ohr werden Tropfen appliziert
Im Sommer kann es öfter zu Gehörgangentzündungen kommen. | Bild: batuhan toker / AdobeStock

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:

Für eine Kundin mit einer Otitis externa sollen wir folgende Ohrentropfen herstellen:  

Dexamethason 0,006 g
Glycerol 85 % 12,0 g
2-Propanol 4,0 g
Salzsäure 0,01 mol/l 0,2 g
Gereinigtes Wasser zu 20,0 g

Können Sie uns Tipps zur Herstellung geben?

Anfrage aus einer Apotheke an die PTAheute-Onlineredaktion

Bei einer Gehörgangentzündung (Otitis externa) entzündet sich die Haut des äußeren Gehörgangs. 

Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang ein häufiger Kontakt mit Wasser. Denn auf der aufgeweichten Haut können sich leicht Bakterien und Pilze festsetzen und eine Entzündung verursachen. 

Eine Entzündung des Gehörgangs wird daher auch als „Schwimmer-Ohr“ oder Bade-Otitis bezeichnet. Zur Prophylaxe und Therapie können hydrophile Ohrentropfen mit saurem pH-Wert eingesetzt werden, diese wirken entquellend sowie bakterizid und fungizid. 

Ein Zusatz von Glucocorticoiden kann dabei therapeutisch sinnvoll sein und unterstützt die Abschwellung des Gehörgangs. 

Vor der Herstellung klären: Ist das Trommelfell intakt?

Bei der Herstellung von Ohrentropfen muss streng unterschieden werden, ob die Behandlung im äußeren Gehörgang bei intaktem oder verletztem Trommelfell stattfindet. In der Apotheke werden in der Regel Ohrentropfen zur Anwendung am intakten Trommelfell hergestellt. 

Diese Zubereitungen müssen nicht zwingend isotonisch oder pH-neutral sein. Als Grundlagen kommen bevorzugt wasserfreie hydrophile Flüssigkeiten wie Propylenglycol, Glycerol, Dimethylsulfoxid oder flüssige Macrogole zum Einsatz. 

Denn Wasser wirkt mazerierend auf den Gehörgang und das Trommelfell, lässt die Schleimhaut also aufquellen. Zudem stellt verbleibende Feuchtigkeit ein Hygienerisiko dar und begünstigt das Wachstum von Keimen. 

Wässrige Ohrentropfen werden daher meist nur zur Entfernung von Zeruminalpfropfen durch den Arzt angewendet. Solche Zubereitungen enthalten häufig Natriumcarbonat-Monohydrat zur Aufweichung des Ohrenschmalzes. 

Gut zu wissen: Was gilt bei verletztem Trommelfell?

Hinweise auf ein nicht intaktes Trommelfell können Austritt von Flüssigkeit aus dem Ohr und leichter Hörverlust sein. Patienten müssen bei einem solchen Verdacht umgehend zum Arzt geschickt werden. Eine Anwendung von Ohrentropfen im Rahmen der Selbstmedikation ist dann tabu. 

Bei perforiertem Trommelfell gelangen entsprechende Zubereitungen bis in die Paukenhöhle, man spricht dann von einer intratympanalen Anwendung. 

Bei der Paukenhöhle handelt es sich um einen kleinen Raum im Mittelohr, direkt hinter dem Trommelfell. Lösungen, die bis ins Mittelohr gelangen, sind laut Arzneibuch im Übrigen keine Zubereitungen zur Anwendung am Ohr – es sind also weder Ohrentropfen noch Ohrenspülungen. 

Diese meist wässrigen Lösungen müssen steril, frei von Konservierungsmitteln und isotonisch sein und sie müssen einen möglichst neutralen pH-Wert aufweisen. Ototoxische Substanzen wie Propylenglycol oder Essigsäure sowie bestimmte Wirkstoffe wie Aminoglykoside und Makrolide dürfen nicht enthalten sein. Die fertigen Zubereitungen werden in der Regel in Einzeldosisbehältnisse abgefüllt.

Ohrentropfen: Wasserfreie Zubereitung vorschlagen

Bei den vom Arzt verschriebenen Ohrentropfen in der Rezepturanfrage handelt es sich um eine wässrige Lösung, die durch Zugabe von Salzsäure auf einen niedrigen pH-Wert eingestellt werden soll. Als Wirkstoff ist das Glucocorticoid Dexamethason enthalten. Aus mehreren Gründen ist vor der Herstellung zunächst ein Gespräch mit dem Arzt zu empfehlen. 

Zunächst einmal wird sich der Arzneistoff in der wässrigen Lösung nicht ausreichend auflösen lassen, eine Verarbeitung zu Ohrentropfen wäre daher schwierig. Auch eine Verwendung des gut wasserlöslichen Salzes Dexamethasondihydrogenphosphat-Dinatrium würde keine Abhilfe schaffen, da die Substanz am Gehörgang wegen mangelnder Penetration praktisch unwirksam ist. 

Ohnehin sollten bei einer Gehörgangentzündung, wie bereits beschrieben, hydrophile wasserfreie Flüssigkeiten zum Einsatz kommen. Dem Arzt kann daher folgende optimierte Zubereitung vorgeschlagen werden: 

Essigsaure Ohrentropfen mit Dexamethason 0,03 %

Dexamethason0,006 g
Essigsäure 30 % DAC0,48 g
Propylenglycolzu 20,0 g

 

Diese Ohrentropfen wirken durch den enthaltenen Alkohol Propylenglycol und die Essigsäure entquellend, bakterizid und fungizid und sind zur Therapie leichter Formen der Otitis externa gut geeignet. 

Im Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) ist unter der Ziffer 16.2. eine standardisierte Vorschrift zur Herstellung von Essigsäure-Ohrentropfen zu finden. Diese enthält neben Essigsäure 30 % DAC noch Propylenglycol als Flüssigkeit. Bei der Herstellung der Dexamethason-haltigen Ohrentropfen kann sich an dieser Vorschrift orientiert werden.

Tipps zur Herstellung wasserfreier Ohrentropfen

Zunächst muss Dexamethason auf einer Wägeunterlage auf der Analysenwaage abgewogen werden. Anschließend kann der Wirkstoff dann in einem mit Glasstab tarierten Becherglas in rund 90 % des Propylenglycols unter Rühren gelöst werden. 

Danach kann die Essigsäure 30 % dazugegeben werden und mit Propylenglycol auf das Endgewicht aufgefüllt werden. Am Ende der Herstellung muss eine klare, farblose Flüssigkeit erhalten werden.

Gut zu wissen: Herstellung von Essigsäure 30 % DAC

Die benötigte verdünnte Essigsäure kann nach einer Monographie des Deutschen Arzneimittel-Codex hergestellt werden. 

Dazu werden 30,0 g Essigsäure 99 % (Ph. Eur.) mit 70,0 g Gereinigtem Wasser gemischt. Eine direkte Einwaage von Essigsäure 99 % bei der Herstellung der Ohrentropfen ist wegen der geringen Menge nicht praktikabel. 

Essigsäure zur Herstellung von Arzneimitteln muss in pharmazeutischer Qualität verwendet werden, es darf sich dabei nicht um ein chemisches Reagenz handeln.

Die Ohrentropfen enthalten kein Konservierungsmittel. Aufgrund des hohen Gehalts an Propylenglycol und des sauren pH-Wertes ist die Zubereitung mikrobiell nicht anfällig. Als Packmittel sind Flaschen mit einem Pipettenverschluss oder einer Tropfermontur geeignet. Als Aufbrauchsfrist können 6 Monate empfohlen werden. 

Ohrentropfen: Anwendungshinweise beachten

Kalte Ohrentropfen können im Gehörgang zu Schmerzen führen, deshalb sollte die Zubereitung körperwarm angewendet werden. Zum Anwärmen können die Ohrentropfen kurze Zeit mit der Hand umschlossen werden. 

Idealerweise werden die Ohrentropfen im Liegen appliziert, so können die Tropfen den Gehörgang ausreichend benetzen. Aus hygienischen Gründen sollte die Tropferspitze der Ohrentropfenflasche dabei weder das Ohr noch die Finger berühren. Quellen:
DAC/NRF-Rezepturhinweis Ohrentropfen (19.06.2019)
NRF Kapitel I.15.3. Zubereitungen zur Anwendung am Ohr
https://www.ptaheute.de/serien/arzneiformen-richtig-anwenden/ohrentropfen-richtig-anwenden-so-gehts
 

Zurück