Titelbild: IMAGO / Westend61
Als Anamnese-PTA im Klinikum

Laut der ABDA und dem Bundesverband PTA e.V. (BVpta) arbeiten rund 85 Prozent aller pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA) in einer öffentlichen Apotheke. Allerdings ließ sich 2023/2024 ein Trend erkennen, wonach PTA zunehmend auch andere Arbeitsplätze suchen und einnehmen.
Zu diesen PTA gehört auch Yvonne Intering. Sie arbeitet seit einiger Zeit in einem Klinikum. Im Interview haben wir sie gefragt, welche Aufgaben sie als PTA im Klinikbereich übernehmen kann und wie sich ihre Arbeit von jener in einer öffentlichen Apotheke unterscheidet.
Frau Intering, Sie sind PTA und in einem Klinikum tätig. Wie kam es zu diesem Einsatzgebiet?
Durch Zufall habe ich eine Anzeige auf der Internetseite des Krankenhauses entdeckt. Eine derartige Stellenbeschreibung hatte ich noch nie gesehen und sie klang so spannend, dass ich mich sofort beworben habe. Meine Aufgaben sind hier ganz anders als in einer öffentlichen Apotheke, sie sind vielseitig und machen extrem viel Spaß.
Inwiefern unterscheiden sich Ihre Aufgaben zu denen einer PTA in der öffentlichen Apotheke und was genau umfasst Ihre Tätigkeit?
Ich habe nichts mehr mit der Arzneimittelversorgung zu tun, sondern bin eine sogenannte Anamnese-PTA. Ich kümmere mich um die Prüfung und Aufnahme der Medikation von elektiven Patienten ins klinische System. Eine gezielte Fragestellung hilft mir dabei, festzustellen, ob alles auf dem BMP (Bundeseinheitlicher Medikationsplan) richtig erfasst ist oder ob etwas ergänzt werden muss.
Gut zu wissen: Was ist ein elektiver Patient?
Anders als bei Personen, die aufgrund eines Unfalls o. Ä. in die Notaufnahme kommen, handelt es sich bei elektiven Patienten um Personen, deren Aufenthalt im Klinikum bereits eingeplant ist. Elektive Patienten kommen z. B. wegen einer geplanten, aber nicht dringlichen Operation. Ihre Gesundheit ist nicht akut gefährdet. /mia
Eine weitere Aufgabe ist das Stationsmonitoring, bei dem ich die Vormedikation mit der Klinikmedikation abgleiche. Hierbei prüfe ich nicht nur, ob alles korrekt umgesetzt wurde, sondern kontrolliere auch Maximaldosen, Interaktionen, Konformität der Therapie mit entsprechenden Laborbefunden und Aufsättigungsdosen, Entlassmedikation usw.
Auf den Stationen setzt sich diese Tätigkeit dann fort. Dort übernehme ich die Nachanamnesen von Patienten, die über die zentrale Notaufnahme ins Krankenhaus gekommen sind, und arbeite eng mit Ärzten und Pflegefachkräften zusammen. Auch arbeiten Apotheker und PTA in einem Team und eng miteinander, sonst wäre diese herausfordernde Aufgabe nicht zu bewältigen.
Ein weiterer Teil meines Alltags sind Stationsbegehungen, Schulung und Unterstützung von Ärzten, die Digitalisierung mit dem Schwerpunkt auf Entlassmanagement sowie das Erarbeiten und Halten von Fortbildungen.
Wie läuft eine Medikationsanamnese ab und worauf achten Sie besonders?
Bei der Medikationsanamnese geht es in einem ersten Schritt darum, gemeinsam mit dem Patienten den Medikationsplan zu erfassen – sofern der Patient diesen dabei hat, was leider häufig nicht der Fall ist. Ungenaue Aussagen vom Patienten wie „Die weiße Tablette gegen Blutdruck“ muss ich genau prüfen, indem ich z. B. Arztbriefe lese und ältere Befunde durchsuche. Im Zweifel rufe ich in der Apotheke oder beim verordnenden Arzt an.
Im zweiten Schritt hinterfrage ich die pharmazeutische Sinnhaftigkeit des Medikationsplans. Dazu zählen z. B. Applikationszeitpunkte von TTS (Anm. d. Red. transdermales Pflaster), das Pausieren von Medikamenten in Vorbereitung auf Operationen, Selbstmedikation, passt die Stärke des Insulinpens zu der verordneten Abgabemenge, werden weitere Arzneimittel eingenommen, die nicht auf dem Plan stehen, usw.
Im Laufe meiner Tätigkeit habe ich festgestellt, dass Patienten meist nur Tabletten als Medikamente wahrnehmen. Dementsprechend ist es wichtig, andere Applikationsformen gründlich zu erfragen.
Nach der Anamnese gehen die Patienten zu ihren Vorgesprächen mit den Ärzten. Diese prüfen die Medikation erneut, passen sie ggf. an und legen sie für den Klinikaufenthalt fest. Meine Medikationsanamnese legt also den Grundstein für die weitere Behandlung im Klinikum. Die Entlassung fällt dann in den zweiten großen Bereich der Tätigkeit – das Stationsmonitoring.
Was genau umfasst Ihre Arbeit beim Monitoring und auf den Stationen?
Beim Stationsmonitoring kümmere ich mich neben den elektiven Patienten auch um die Notfallpatienten. Auch bei diesen Personen führe ich eine Medikationsanamnese durch und prüfe, ob die Medikation zu den Befunden passt.
Sollte das nicht der Fall sein, bespreche ich das mit den behandelnden Stationsärzten und gemeinsam passen wir die Medikation bestmöglich an. Dabei fungiere ich als beratende Instanz für den Arzt und stehe für Rückfragen zur Verfügung. Diese intensiven Analysen umfassen auch die Entlassmedikation.
Was ist Ihre persönliche Motivation für diesen Beruf?
Ich möchte dabei helfen, die Lebensqualität von Patienten zu verbessern. Nicht nur für den klinischen Aufenthalt, sondern auch danach. Dazu gehört auch eine gut eingestellte Medikation und ich darf dazu beitragen. Der Austausch und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kollegen machen viel Spaß und ich wachse täglich an meinen Aufgaben.
Sehen Sie perspektivisch den Berufsstand der PTA als feste Instanz in Kliniken?
Absolut! Die Patientensicherheit steht an erster Stelle und der Nutzen unserer Arbeit ist somit nicht von der Hand zu weisen. Allerdings wird das leider noch nicht überall anerkannt.
Es gibt bisher nur wenige Kliniken, die auf die Expertise von Apothekern und PTA zurückgreifen und die Wichtigkeit dieser Aufgabe erkannt haben, bzw. diese auch bereit sind, zu finanzieren. Das ist eine der vielen Herausforderungen, die unser Gesundheitssystem mit sich bringt.
Was würden Sie Kollegen raten, die mit dem Gedanken spielen, in den klinischen Bereich zu wechseln?
Meiner Meinung nach bietet in pharmazeutischer und interdisziplinärer Hinsicht kein anderes Einsatzgebiet so viel persönliches und fachliches Entwicklungspotenzial. Deshalb: Traut euch – die Arbeit ist herausfordernd, aber es lohnt sich.
Liebe Frau Intering, wir danken Ihnen für das Interview!