Rezeptur
Praxiswissen
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Tipps zur Verarbeitung von Polidocanol

Salbe in einer Dose
Bei der Verarbeitung von Polidocanol in Salben muss einiges beachtet werden. | Bild: fotografiecor / AdobeStock

Anwendung und Dosierung von Polidocanol

Bei der Substanz Polidocanol handelt es sich um ein Lokalanästhetikum, das beim Auftragen auf die Haut juckreizstillend wirkt. Es wird häufig in Dermatika-Zubereitungen verwendet, die übliche therapeutische Konzentration liegt dabei zwischen 0,5 und 10%. Rezepturen mit Polidocanol sind nicht verschreibungspflichtig.

Neuer Name, aber gleicher Inhalt

Der Wirkstoff war lange Zeit unter dem Namen Polidocanol 600 bekannt, mittlerweile heißt die Substanz aber offiziell Lauromacrogol 400. Der DAC enthielt bis 2010 die Prüfvorschrift Polidocanol 600, inzwischen ist die Substanz mit strengeren Reinheitsanforderungen unter der Bezeichnung Lauromacrogol 400 im Europäischen Arzneibuch monographiert. Die Kennzahl „400“ steht für den gerundeten mittleren Anteil der Ethylenoxideinheiten. Bei Polidocanol 600 bezieht sich die Zahl „600“ dagegen auf die mittlere Molekülmasse der Substanz. 

Bei der Prüfung der Rezeptursubstanz in der Apotheke muss man besonders aufmerksam sein, da es noch weitere synonyme Bezeichnungen gibt. Denn neben dem Wirkstoff Lauromacrogol 400 existiert im Arzneibuch auch eine Hilfsstoffmonographie zur gleichen Substanz, allerdings mit geringerer Reinheit, unter dem Namen Macrogol-9-laurylether. Unter dem Warenzeichen Thesit® wird von der Herstellerfirma nur teilweise die Arzneibuchware Lauromacrogol 400 geliefert. Mit Hilfe des Prüfzertifikats muss daher die Arzneibuchqualität des Wirkstoffs überprüft werden.

Eigenschaften von Lauromacrogol 400

Die Rezeptursubstanz ist eine salbenartige, weiße Substanz, die bei Temperaturen über 25 °C als klare, farblose, höchstens schwach gelbe und viskose Flüssigkeit vorliegt. Während der Lagerung bei Raumtemperatur ist eine Entmischung in einen festen und flüssigen Anteil möglich. Vor der Verarbeitung sollte Lauromacrogol 400 daher im Kühlschrank aufbewahrt werden oder vor der Entnahme einer Teilmenge durch Aufschmelzen auf dem Wasserbad bei 40 bis 50 °C homogenisiert werden. Die Substanz ist als Gefahrstoff eingestuft und kann zu Schäden an den Augen führen. Bei der Verwendung sind daher entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen zu treffen.

Verarbeitung von Polidocanol

Im Gegensatz zu vielen anderen Arzneistoffen kann Polidocanol in Zubereitungen unabhängig vom pH-Wert verarbeitet werden. Die Substanz ist mit Wasser und Ethanol mischbar, hydrophile Gele lassen sich daher problemlos herstellen. Da der Wirkstoff zusätzlich zu seiner arzneilichen Wirkung auch grenzflächenaktive Eigenschaften aufweist, kann es bei der Herstellung von wasserhaltigen Salben zu Instabilitäten kommen. Eine sorgfältige Auswahl einer geeigneten Grundlage ist daher wichtig.

Hydrophile Polidocanol-Cremes

O/W-Zubereitungen mit Polidocanol werden häufig bei Sonnenbrand und Insektenstichen eingesetzt. Bei der Herstellung entsprechender Rezepturen sind geprüfte Vorschriften zu bevorzugen, da es in Individualrezepturen leicht zu einer deutlichen Konsistenzabnahme oder auch zum Brechen des Emulsionssystems kommen kann. Ursache dafür ist eine Bildung von Mischmizellen mit den O/W-Emulgatoren. Die Konsistenzabnahme fällt bei Verwendung automatischer Salbenrührsysteme stärker aus.

Als standardisierte Vorschrift eignet sich die Hydrophile Polidocanol-Creme (NRF 11.118.). Dabei wird als Grundlage Basiscreme DAC verwendet, eine ausreichende Stabilität über einen längeren Zeitraum ist gewährleistet. Bei der Verarbeitung von Polidocanol mit der Basiscreme DAC ist es vorteilhaft, die gesamte Grundlage vorzulegen und den Wirkstoff abschließend zu ergänzen. Wird Polidocanol stattdessen anteilig mit der Grundlage verarbeitet, entstehen leicht Klümpchen.

Wasserhaltige Wollwachsalkoholsalbe als Grundlage

Leidet der Patient bei trockener Haut an Juckreiz, greift der behandelnde Arzt meist auf lipophile Salbengrundlagen zurück. Bei einer Einarbeitung in lipophile Cremes gehört Lauromacrogol 400 allerdings zu den galenischen Problemarzneistoffen.

Beispiel

  • Polidocanol 2,5 g
  • Wollwachsalkoholcreme DAB zu 50,0 g

Immer wieder wird der Wirkstoff zusammen mit Wollwachsalkoholcreme DAB verordnet. Bei dieser Kombination kommt es zu einer Verflüssigung der Grundlage mit anschließendem Austritt von Wasser. Bei der Wollwachsalkoholcreme DAB handelt es sich um eine W/O-Creme mit einem Wasseranteil von 50%. Wegen seiner grenzflächenaktiven Eigenschaften stört der Wirkstoff den W/O-Emulgator an der Grenzfläche zwischen Öl- und Wasserphase und es kommt zur beschriebenen Inkompatibilität. Die Lösung des Problems liegt im Austausch der Grundlage gegen die wasserfreie Wollwachsalkoholsalbe DAB. Grundsätzlich ist eine Verarbeitung von Polidocanol in lipophilen Cremes nur bei sehr geringem Wasseranteil möglich, vorzugsweise in standardisierten Vorschriften. Als geeignete Rezeptur ist im NRF die Vorschrift 11.119. Lipophile Polidocanol-Creme zu finden. Die eingesetzte Grundlage ist der Hydrophoben Basiscreme DAC ähnlich, der Wasseranteil ist allerdings stark reduziert.

Auf den Wasseranteil achten

Bei Verwendung des industriellen Halbfertigprodukts Unguentum Cordes® als Salbengrundlage können durch Einarbeiten von Wasser stabile Emulsionen erhalten werden. Durch Zusatz von bis 30% Wasser entstehen W/O-Emulsionen, nach Zugabe von 50 bis 60% Wasser dagegen O/W-Zubereitungen. Der Bereich um 40% Wasser sollte wegen einer auftretenden Phasenumkehr gemieden werden. 

Fragwürdige Rezeptur

  • Polidocanol 2,5 g
  • Gereinigtes Wasser 15,0 g
  • Unguentum Cordes® zu 50,0 g

Die hier genannte Verordnung sieht einen Wassergehalt von 30% vor. Die Zubereitung mit Lauromacrogol 400 ist aufgrund der Unverträglichkeit des Wirkstoffs mit W/O-Grundlagen mit hohem Wasseranteil nicht möglich. Stellt man die Rezeptur in Unkenntnis dieser Inkompatibilität auf konventionelle Art unter Anwendung von Wärme her, so entsteht zunächst eine weiche Salbe mit homogenem Aussehen. Dabei handelt es sich allerdings um eine larvierte (versteckte) Unverträglichkeit: Die hergestellte Zubereitung verliert innerhalb von 48 Stunden ihre Stabilität.

Zur Erinnerung: Das Problem mit larvierten Unverträglichkeiten

Diese versteckten Inkompatibilitäten sind im Apothekenalltag besonders problematisch, da die organoleptische Qualitätskontrolle am Ende der Herstellung keine Beanstandung ergibt. Die Rezeptur wird vom Apotheker freigegeben und anschließend an den Patienten abgegeben. Innerhalb kurzer Zeit verliert die hergestellte Arzneiform ihre Stabilität, bricht auseinander und der Patient kann das Arzneimittel nicht mehr richtig anwenden. Vor der Herstellung ist es daher wichtig im Rahmen der Plausibilitätskontrolle solche Unverträglichkeiten zu erkennen.

Der Wasseranteil der lipophilen Creme muss also reduziert werden. Die Firma Ichthyol, als Hersteller von Unguentum Cordes®, hat dazu eine geprüfte Vorschrift veröffentlicht. Der Wasseranteil der Zubereitung beträgt dort maximal 20%, die Aufbrauchsfrist ist auf 8 Wochen zu begrenzen.

Für den Überblick: Verarbeitung von Polidocanol in Rezepturen

Polidocanol 600 / 
Lauromacrogol 400
Hinweise
Synonyme
  • Thesit®
  • Macrogol-9-laurylether (Hilfsstoff)
therapeutische Konzentration0,5 bis 10%
rezeptierbarer pH-BereichpH-unabhängig
StabilitätGelbfärbung während der Lagerzeit möglich
Kompatibilität mit anderen Wirkstoffenhäufig Kombination mit Harnstoff
Herstellung
  • Polidocanol löst sich in Wasser als auch teilweise in fetten Ölen
  • Entmischung während der Lagerung bei Raumtemperatur in festen und flüssigen Anteil möglich
  • Aufbewahrung im Kühlschrank oder Aufschmelzen auf dem Wasserbad nötig
  • Verarbeitung in lipophilen Cremes ist nur mit sehr geringem Wasseranteil möglich, vorzugsweise nach standardisierten Vorschriften
Konservierung
  • Kaliumsorbat 0,14% in Kombination mit Citronensäure 0,07%
  • Propylenglycol 20% (bezogen auf die Wasserphase)
  • PHB-Ester

Frage aus der Rezeptur?

Sie hatten eine schwer oder gar nicht herstellbare Rezeptur? Die Inhaltsstoffe waren beispielsweise nicht kompatibel? Die Phasen haben sich getrennt oder Ähnliches? Dann schicken Sie uns gerne eine Kopie des Rezepts. Wir greifen interessante Rezepturthemen in unserer Rubrik „Fragen aus der Rezeptur“ auf. Die Anfragen werden von unserer erfahrenen Rezeptur-Expertin Dr. Annina Bergner oder einem anderen kompetenten Ansprechpartner bearbeitet. Hierfür wird Ihre Anfrage per E-Mail weitergeleitet. Ihre persönlichen Daten werden nach der Bearbeitung gelöscht. Bitte beachten Sie, dass wir keine akute Hilfestellung vor der Abgabe leisten können.

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