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Jodgitter gegen Husten – hilft das wirklich?

Jod ist ein bewährtes Antiseptikum, das seit Jahrzehnten zur Desinfektion von Haut und Wunden eingesetzt wird. Produkte wie Betaisodona® Salbe enthalten den Wirkstoff Povidon-Iod, der eine breite Wirksamkeit gegen Bakterien, Viren und Pilze besitzt.
In der Wundversorgung wird Jod gezielt lokal aufgetragen, um Infektionen zu verhindern – besonders bei Schürfwunden, Operationswunden oder chronischen Wunden. Für die äußere Anwendung bei Erkältungskrankheiten ist Jodsalbe jedoch nicht zugelassen.
Jodgitter auf der Haut nicht wissenschaftlich belegt
Und doch zeigen aktuell viele Menschen in den sozialen Medien, wie sie sich ein sog. Jodgitter auf die Haut auftragen, um die Erkältung loszuwerden.
Bei diesem Vorgehen handelt es sich um einen Off-Label-Gebrauch, für den keine klinische Evidenz vorliegt. Die Anwendung als „Jodgitter“ auf der Haut basiert nicht auf wissenschaftlich überprüften Daten, sondern auf Erfahrungsberichten – häufig aus der Naturheilkunde oder eben über soziale Medien verbreitet.
Was steckt hinter dem Jodgitter?
Das Prinzip: Die Salbe wird mit einem Wattestäbchen oder einem Spatel in rautenförmigem Muster auf die Haut aufgetragen – meist auf dem oberen Rücken oder das Brustbein.
Die Gitterform soll die Aufnahme verbessern oder Akupunkturpunkte ansprechen. Begründet wird der Einsatz mit einer „lokalen Immunstimulation“, Förderung der Durchblutung oder einer reflektorischen Wirkung auf die Atemwege.
Tatsächlich gibt es keine fundierten Studien, die diese Wirkung belegen. Weder die schleimlösende noch die entzündungshemmende Wirkung von Jod über die Haut bei Atemwegserkrankungen ist nachgewiesen.
Jod ist nicht harmlos – Risiken und Nebenwirkungen
Was häufig vergessen wird: Jod ist kein „sanfter“ Pflanzenwirkstoff, sondern ein potenter chemischer Stoff, der nicht unkritisch angewendet werden sollte.
Besonders bei Schilddrüsenerkrankungen, schwangeren Frauen, Stillenden und Neugeborenen kann eine übermäßige Jodaufnahme problematisch sein. Schon eine regelmäßige lokale Anwendung auf der Haut kann bei empfindlichen Personen zu einer systemischen Aufnahme führen und die Schilddrüsenfunktion beeinflussen.
Außerdem kann es zu Hautirritationen, Kontaktdermatitis oder allergischen Reaktionen kommen. Die Empfehlung, Jodsalbe bei Kindern mit Husten oder Bronchitis auf die Haut zu malen, ist daher mit Vorsicht zu betrachten – insbesondere, wenn keine ärztliche Rücksprache erfolgt ist.
Husten und Bronchitis evidenzbasiert behandeln
Für die Behandlung von Husten und Bronchitis stehen viele bewährte und sichere Optionen zur Verfügung:
- Inhalationen mit isotonischer Kochsalzlösung oder ätherischen Ölen
- Phytotherapeutika wie Efeu, Thymian, Pelargonie oder Primel (z. B. Umckaloabo®, Bronchipret®, Prospan®)
- Wärmeanwendungen mit Bädern, Wickeln oder Erkältungssalben (z. B. Transpulmin® Erkältungssalbe, Pinimenthol® mild)
- Behandlung mit Schleimlösern in Form von Säften wie Mucosolvan® Saft oder Brausetabletten wie ACC® akut
Diese Mittel sind gut untersucht, verträglich und lassen sich je nach Alter, Vorerkrankung und Symptomatik individuell einsetzen – mit einer klaren Dosierung und Zulassung.
Jodgitter: Kritisch bleiben – und fundiert beraten
Die Idee des Jodgitters mag altbewährt wirken – ist aber medizinisch nicht belegt und birgt unnötige Risiken. Gerade bei sensiblen Patientengruppen wie Kindern, Schwangeren oder Schilddrüsenpatienten sollte auf eine solche Anwendung verzichtet werden.
Die Apotheke kann hier aufklären, evidenzbasierte Alternativen aufzeigen und eine sichere Selbstmedikation ermöglichen. Denn gute Beratung bedeutet auch: Nein sagen, wenn es nötig ist. Quellen:
ameli-info.de
fachinformationen.srz.de
gelbe-liste.de/
Medizinische Monographie und Leitlinien
DAZ.online
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
mundipharma.com
zentiva.de
Auf einen Blick: Jodgitter bei Atemwegserkrankungen?
- Jodsalbe (z. B. Betaisodona®) ist ein starkes Antiseptikum zur Wunddesinfektion – nicht zur Behandlung von Atemwegserkrankungen zugelassen.
- Die Anwendung als „Jodgitter“ ist ein Off-Label-Gebrauch ohne nachgewiesene Wirksamkeit.
- Risiken bestehen besonders bei Schilddrüsenerkrankungen, bei Kindern und Schwangeren.
- Bewährte Alternativen mit pflanzlichen Wirkstoffen oder Inhalationen bieten eine sichere und wirksame Therapieoption.
- In der Apotheke sollte bei Nachfrage zu Jodgittern stets kritisch beraten und auf evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen werden.