Biochemisches Grundwissen
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PCR einfach erklärt: So funktioniert die Polymerase-Kettenreaktion

Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) findet in einem Gerät namens Thermocycler statt. Hier werden nacheinander bestimmte Temperaturprogramme gefahren um DNA zu vervielfältigen. | Bild: HappyLenses / AdobeStock

Im Jahre 1993 erhielten Kary Mullis und Michael Smith den Nobelpreis für Chemie. Grund dafür war die Entwicklung der Polymerase-Kettenreaktion (engl. Polymerase Chain Reaction) – kurz PCR. Mit Hilfe dieser Methode kann ein DNA-Abschnitt so weit vermehrt werden, dass bereits kleinste Genmengen für Untersuchungen genutzt werden können.

Mittlerweile ist das Verfahren aus der Molekularbiologie und der molekularen Medizin nicht mehr wegzudenken. Darüberhinaus hielt die Methode während der Corona-Pandemie Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch. 

Die „Zutaten“ für eine PCR

Für die Polymerase-Kettenreaktion wird zunächst ein sogenanntes DNA-Template benötigt. Damit ist eine Probe doppelsträngigen Erbmaterials gemeint, das den zu vervielfältigenden Abschnitt enthält.

Darüber hinaus sind erforderlich:

  • Ein Primerpaar, das komplementär an die Einzelstränge des DNA-Templates binden kann. Die beiden Primer arbeiten in entgegengesetzter Richtung („forward“ [vorwärts] und „reverse“[rückwärts]).
  • Eine hitzestabile DNA-Polymerase (Enzym zur Bildung von DNA). Diese kann z. B. aus dem thermophilen Bakterium Thermus aquaticus gewonnen werden und wird dann als taq-DNA-Polymerase bezeichnet.
  • Die vier DNA-Basennukleotide
  • und ein Puffersystem mit Magnesium, welches als Cofaktor für die DNA-Polymerase dient.

Zur Erinnerung: Was ist ein Nukleotid?

Als Nukleotid werden die Bausteine der Nukleinsäuren (DNA und RNA) bezeichnet, die sich aus einem Basen-, einem Zucker- und einem Phosphatanteil zusammensetzen.

Im Falle der DNA handelt es sich um die Basen Adenin, Thymin, Cytosin sowie Guanin und den Zucker Desoxyribose. In der RNA ist die Base Thymin gegen Uracil getauscht und anstelle der Desoxyribose ist der Zucker Ribose verbaut.

Ablauf der PCR

Die Durchführung der Polymerase-Kettenreaktion findet im sogenannten Thermocycler statt. Mit Hilfe dieses Geräts ist ein rasches Erhitzen und Abkühlen der Probe nach einem festgelegten Programm möglich. Ein PCR-Zyklus gliedert sich in drei Schritte:

  1. Denaturierung: Die Probe wird mindestens 15 Sekunden lang auf 95 °C erhitzt. Dadurch wird der DNA-Doppelstrang in zwei Einzelstränge aufgespalten.
  2. Annealing: Durch Abkühlen über mindestens 15 Sekunden binden die Primer an die Einzelstränge. Die optimale Anlagerungstemperatur variiert je nach Art der verwendeten Primer, meist liegt sie zwischen 50 und 65 °C.
  3. Amplifikation: Ein Erhitzen auf das Temperaturoptimum der verwendeten DNA-Polymerase ermöglicht die Bildung der neuen DNA-Stränge. Für die taq-Polymerase wird die Temperatur auf 72 °C eingestellt. Die Dauer dieses Schritts hängt von der Länge der zu vervielfältigenden Sequenz ab.

Diese Schrittfolge wird mehrfach wiederholt. 

Die drei Schritte einer PCR: I. Denaturierung (Aufspaltung des Doppelstrangs [dunkelblau]), II. Annealing (Anlagerung der Primer [grün]), III. Amplifikation (Bildung der DNA)

Theoretisch verdoppelt sich das DNA-Material mit jedem PCR-Zyklus. In der Praxis trifft das nicht ganz zu, da im Prozess entstehendes Pyrophosphat die DNA-Polymerase hemmt. Dieser Verlust ist im Alltag jedoch zu vernachlässigen.

Realtime-PCR: PCR im Schnelldurchlauf

Die Beimischung eines zunächst inaktiven Fluoreszenzstoffs, der durch die Bildung von DNA aktiviert wird, ermöglicht eine quantitative photometrische Messung des gebildeten genetischen Materials. Dieses Verfahren kann im Gegensatz zur sonst üblichen Aufspaltung und anschließender Gelelektrophorese deutlich schneller durchgeführt werden und wird deshalb als Realtime-PCR bezeichnet.

Gut zu wissen: Was ist eine Gelelektrophorese?

Die Gelelektrophorese ist ein Verfahren zur Trennung von Gemischen aus geladenen Molekülen wie z. B. Aminosäuren, DNA oder RNA. 

Durch Anlegen einer elektrischen Spannung beginnen die geladenen Moleküle durch das Gelmedium zu wandern. Die Wanderungsgeschwindigkeit der Moleküle unterscheidet sich dabei je nach Ladung und Masse. 

Indem Moleküle bekannten Aufbaus als Referenzsubstanz „mitwandern“, lassen sich die Bestandteile des Gemisches anschließend zuordnen. Um die Fragmente sichtbar zu machen, werden diese entsprechend angefärbt. /sn

Ct-Wert als Maß für die Infektiosität

Die Abkürzung Ct steht für Cycle-threshold. Damit ist die Anzahl der Vermehrungszyklen gemeint, die nötig ist, bis ausreichend DNA-Material für eine Messung z. B. durch Fluoreszenz vorliegt. Je mehr Material am Anfang in der Probe vorlag, desto weniger Zyklen sind nötig. 

Bei SARS-CoV-2 wird mit einem Ct-Wert > 30 eine niedrige, mit einem Wert > 35 eine sehr niedrige Infektiosität verbunden. 

Corona-Nachweis mittels PCR: Ein zusätzlicher Schritt nötig

Coronaviren gehören zu den Retroviren, d. h. ihr Erbmaterial liegt in Form von RNA (Ribonukleinsäure) vor. Um das Verfahren der PCR anwenden zu können, muss deshalb in einem vorgeschalteten Schritt die RNA zunächst in DNA umgewandelt werden. Man spricht dann von RT-PCR (Reverse-Transkription-PCR). 

Doch Vorsicht: Die Abkürzung RT-PCR wird nicht einheitlich verwendet – sie kann auch für die oben beschriebene Realtime PCR stehen. Quelle:
Sorg, Bernd; Imhof, Diana: Biochemie und Klinische Chemie für Pharmazeuten. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2021.
 

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