Biochemisches Grundwissen
Serien
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Aufgefrischt! Biochemisches Grundwissen: Wie entsteht eigentlich Krebs?

Für die Entstehung von Krebs sind Mutationen verantwortlich. Doch nicht jede Mutation ist auch kritisch. | Bild: IMAGO / epd

Dauerhafte Veränderungen im Erbmaterial können dazu führen, dass Zellen entarten und bösartige Tumoren entstehen. Für diese Mutationen sind verschiedene Auslöser bekannt. Die gute Nachricht: Einige davon können durch einen gesunden Lebensstil oder Impfungen vermieden werden.

Was ist eine Mutation?

Unter einer Mutation versteht man eine Veränderung der Nukleotid-Abfolge in der DNA. Solche Veränderungen passieren beim Ablesen und in der Replikation (Vervielfältigung) der DNA relativ häufig. Der Körper verfügt in der Regel jedoch über Reparaturmechanismen, um diese Fehler zu berichtigen. Eine einzelne Mutation hat daher noch keine gravierende Auswirkung. Damit ein Tumor entsteht, müssen mehrere dauerhafte Veränderungen auftreten. So wird z. B. aus einer Epithelzelle erst dann eine Darmkrebszelle, wenn Mutationen in sieben verschiedenen Genen auftreten.

Zur Erinnerung: Was ist ein Nukleotid?

Als Nukleotid werden die Bausteine der Nukleinsäuren bezeichnet, die sich aus einem Basen-, einem Zucker- und einem Phosphatanteil zusammensetzen.

Warum kommt es zu Mutationen?

Wie zuvor bereits erwähnt können verschiedene Auslöser dazu führen, dass Zellen entarten. Krebsauslösende Substanzen werden gemeinhin als Karzinogene bezeichnet. Sie können chemischen, physikalischen oder biologischen Ursprungs sein.

Zu den chemischen Karzinogenen zählen z. B. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die unter anderem im Tabakrauch zu finden sind, oder Schwermetalle wie Cadmium, Chrom oder Arsen. Auch in der Therapie gegen Krebs eingesetzte Zytostatika können selbst wieder neue Mutationen auslösen.

Als Beispiel für physikalische Auslöser können vor allem die kurzwellige UV-B-Strahlung und radioaktive Strahlung genannt werden.

Biologische Auslöser können z. B. verschiedene Viren (sogenannte Onkoviren) sein, wie Humane Papillomviren (HPV) als Auslöser für Gebärmutterhalskrebs oder Hepatitis-B-Viren für Leberkrebs. Durch eine Impfung gegen die entsprechenden Viren kann der Entstehung eines Tumors vorgebeugt werden. 

Kritische Gene

Nicht jede Mutation führt zur Entstehung von Krebs. Sind jedoch Gene betroffen, die für die Regulation des gesunden Zellwachstums zuständig sind, wird die Entstehung wahrscheinlicher – dazu gehören Proto-Onkogene, Tumorsuppressorgene und Mutatorgene.

  • Proto-Onkogene steuern das normale Zellwachstum. Werden sie durch Mutation zu Onkogenen, findet das Zellwachstum in verstärktem Maße statt.
  • Tumorsuppressorgene unterdrücken die unkontrollierte Zellteilung und lösen den programmierten Zelltod (Apoptose) aus. Sind sie von einer dauerhaften Mutation betroffen, können sich krankhaft veränderte Zellen ungestört vermehren.
  • Mutatorgene kontrollieren den Ablauf der DNA-Replikation und enthalten den Bauplan für verschiedene Reparaturmechanismen. Mutationen auf diesen Genen setzen die Reparaturmechanismen außer Kraft.

Zur Erinnerung: Was versteht man unter Apoptose?

Mit Apoptose wird das physiologisch geregelte Selbstmordprogramm bezeichnet, dass für die Eliminierung von alten und mutierten Zellen sorgt. Es kontrolliert die Zellzahl und damit die Begrenzung von Geweben.

Risiken außerhalb von Genen

Die DNA liegt im Körper im Verhältnis 1:1 an Proteine gebunden vor. In dieser platzsparenden „Knäuelstruktur“ wird sie als Chromatin bezeichnet. Die wichtigsten Proteine in dieser Chromatinstruktur sind die Histone. Abweichungen in der Histonmodifikation führen zu Veränderungen in der Chromatinstruktur und können ein unkontrolliertes Zellwachstum zur Folge haben.

Reversible Vorstufen in der Tumorentstehung

Die Bildung eines Tumors läuft in drei Schritten ab: Initiation, Promotion und Progression.

  1. Die Initiation bezeichnet das Entstehen einer defekten Zelle durch Mutation. 
  2. Mit der Promotion werden initiierte Zellen zum Wachstum angeregt. Es entstehen sogenannte präneoplastische entartete Zellen, also Krebsvorstufen. Bis zu diesem Punkt ist das Geschehen reversibel, das heißt, die Vorstufen können sich von selbst wieder zurückbilden. 
  3. Geschieht dies nicht, kommt es im dritten Schritt zur Progression: Durch eine gesteigerte Wachstumsrate, Invasion ins umliegende Gewebe und Metastasierung findet der Übergang von der benignen (gutartigen) zur malignen (bösartigen) Gewebeveränderung statt.

Krebsprävention in der Apotheke: Was kann getan werden?

Neben der Ermunterung, den persönlichen Impfstatus im Blick zu behalten, kann das pharmazeutische Personal in der Beratung einen wichtigen Beitrag zur Krebsprävention leisten: Mit ihrem fundierten Hintergrundwissen sollten PTA und Apotheker ihre Kunden aktiv auf verschiedene Möglichkeiten der Nikotinentwöhnung sowie auf den richtigen Sonnenschutz ansprechen. Außerdem kann auf die Bedeutung einer gesunden Ernährung und regelmäßiger körperlicher Bewegung hingewiesen und über den Einfluss von Alkohol auf die Krebsentstehung aufgeklärt werden. Quellen:
Sorg, Bernd; Imhof, Diana: Biochemie und Klinische Chemie für Pharmazeuten. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2021.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/_inhalt.html
 

Zurück