Nicht jede Interaktionsmeldung erfordert auch tatsächlich eine Gegenmaßnahme, manchmal sind Wechselwirkungen sogar erwünscht. In dieser Serie greifen wir die relevantesten Interaktionen auf, erklären die Hintergründe und geben Ihnen wichtige Informationen für das Beratungsgespräch an die Hand.
Titelbild: Schelbert / PTAheute
Opioide und Laxanzien: Kombinierte Einnahme sinnvoll?

Opioide sind in der Schmerztherapie unverzichtbar. Stark wirksame Schmerzmittel wie Morphin, Oxycodon oder Fentanyl binden nicht nur im Gehirn, sondern auch im Magen-Darm-Trakt an Opioid-Rezeptoren. Die Folge: Die Darmbewegung wird gehemmt, Flüssigkeit stärker zurückgehalten und der Stuhl wird hart.
Diese sogenannte opioidinduzierte Obstipation (OIC) betrifft bis zu 90 % aller Patienten, die Opioide über einen längeren Zeitraum einnehmen.
Anders als bei anderen Nebenwirkungen tritt keine Gewöhnung ein: Die Verstopfung bleibt bestehen, solange das Opioid eingenommen wird. Deshalb sollte mit Beginn einer Opioidtherapie auch immer ein Laxans (Abführmittel) verabreicht werden.
Opioide und Laxanzien kombinieren
Die Leitlinien empfehlen, Opioide und Laxanzien von Beginn an gemeinsam zu verordnen. Eine Anpassung der Ernährung allein reicht in der Regel nicht aus, um die Obstipation zu lindern.
Wird die Verstopfung jedoch nicht behandelt, leidet die Lebensqualität der Betroffenen erheblich: Der Bauch fühlt sich hart und aufgebläht an, Schmerzen nehmen zu, es kommt zu Appetitlosigkeit und Übelkeit. Im schlimmsten Fall drohen Hämorrhoiden, Analfissuren oder sogar ein Darmverschluss.
Viele Patienten reduzieren deshalb ihre Schmerzmedikation oder setzen sie sogar ab – mit der Folge, dass die Schmerzen wieder stärker werden. Deshalb gilt: Opioid und Laxans gehören immer zusammen.
Welche Laxanzien sind bei OIC empfehlenswert?
Für die Behandlung der OIC stehen verschiedene Laxanzien zur Verfügung:
Osmotisch wirksame Laxanzien wie Macrogol (z. B. Movicol®) oder Lactulose (z. B. Bifiteral®) binden Wasser im Darm, wodurch der Stuhl weicher und das Volumen erhöht wird. Besonders Macrogol gilt laut Leitlinie als Mittel der ersten Wahl. Es ist gut verträglich, kann über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden und enthält Elektrolyte, die das Gleichgewicht im Darm stabilisieren. Nebenwirkungen sind selten, können aber Blähungen, Völlegefühl und Durchfall umfassen – vor allem zu Beginn der Behandlung.
Stimulierende Laxanzien wie Bisacodyl (z. B. Dulcolax®) oder Natriumpicosulfat (z. B. Laxoberal®) hemmen die Wasseraufnahme im Darm, fördern die Abgabe von Flüssigkeit in den Darm und regen so die Darmbewegung an. Sie sind wirksam, werden aber eher als Zusatzoption angesehen. Häufiger kommt es zu Bauchkrämpfen, Blähungen oder einem plötzlichen Stuhldrang. In der Selbstmedikation sind sie nur für die kurzzeitige Anwendung gedacht, bei OIC können sie von einem Arzt allerdings auch über einen längeren Zeitraum verordnet werden.
Salinische Laxanzien wie Glaubersalz oder Bittersalz wirken stark osmotisch, d. h. sie ziehen Wasser in den Darm. Allerdings bergen sie ein hohes Risiko für Flüssigkeits- und Elektrolytverluste und sind deshalb nicht für die Behandlung der OIC empfehlenswert.
Lokal wirksame Laxanzien wie Glycerol-Zäpfchen (z. B. Glycilax®) befeuchten den Stuhl, schmieren und reizen den Enddarm mechanisch. Sie wirken schnell – meist innerhalb von 15–30 Minuten – sind aber keine Dauerlösung und werden daher nur als kurzfristige Unterstützung eingesetzt.
Bei OIC: Periphere Opioidantagonisten als moderner Therapieansatz
Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin betont, dass klassische Laxanzien bei OIC häufig nicht ausreichen. Opioide entkoppeln die normalen Reflexe im Darm, sodass die Wirkung vieler Abführmittel begrenzt bleibt.
Laut Leitlinie sollten periphere μ-Opioidrezeptor-Antagonisten (PAMORA) wie Naloxegol (z. B. Moventig®) oder Methylnaltrexon (z. B. Relistor®) frühzeitig eingesetzt werden – spätestens, wenn nach ein bis zwei Wochen mit konventionellen Laxanzien kein Erfolg erkennbar ist.
Als weitere Therapieoption gilt die Fixkombination aus Oxycodon/Naloxon (z. B. Targin®), die den Wirkmechanismus bereits in der Tablette kombiniert.
All diese Wirkstoffe unterliegen der Verschreibungspflicht.
Tipps für die Beratung: Das können PTA bei opioidinduzierter Obstipation empfehlen
Bei Verordnungen über Opioide sollte immer daran gedacht werden, zusätzlich auch ein Laxans zu verwenden. Wichtig: Ein Laxans kann direkt mit auf das Rezept geschrieben werden, wenn ein Opiat verordnet wird. Damit ist es verordnungsfähig und die Kosten werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Das erleichtert den Zugang für die Patienten und signalisiert, dass die Obstipationsprophylaxe ein fester Bestandteil der Therapie ist.
Patienten sollten darauf hingewiesen werden, dass Bauchschmerzen, Blut im Stuhl oder mehr als drei Tage ohne Stuhlgang ärztlich abgeklärt werden müssen.
Zusätzlich können Tipps für den Alltag hilfreich sein: Ausreichend trinken, Bewegung in den Tagesablauf einbauen und ballaststoffreiche Kost. Trockenfrüchte, Vollkornprodukte oder probiotische Lebensmittel unterstützen den Darm zusätzlich. Auch ein Stuhlprotokoll ist sinnvoll, damit Arzt und Patient die Therapie besser anpassen können.
Wer dauerhaft Opioide einnimmt, profitiert davon, wenn die Einnahme des Laxans fest in den Alltag integriert wird. Quellen:
- https://flexikon.doccheck.com/de/Naloxegol
-https://flexikon.doccheck.com/de/Methylonyltrexon
- https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Bei-Opioid-Medikation-ist-meist-ab-Therapiestart-ein-Laxans-angesagt-324402.html.
- https://pharmazeutische-zeitung.de/pamora-statt-laxanzien