Tierisches Beratungswissen

Auch Tierhalter suchen immer wieder öffentliche Apotheken auf, um nach Rat für ihre Vierbeiner zu fragen. In dieser Serie werfen wir daher einen Blick auf gängige Beschwerden, unter denen Hund, Katze und Co. immer wieder leiden.
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Giftige Arzneimittel für Tiere

Katze auf der Couch spielt mit Medikamenten, die auf dem Tisch davor liegen
Humanarzneimittel können bei Haustieren zu Überdosierungen und/oder Vergiftungen führen. | Bild: Svetlana Rey / AdobeStock

Wenn Haustiere leiden, ist es für die Besitzer meist schwer auszuhalten. Genau wie beim Menschen stehen für die treuen Begleiter zahlreiche Tierarzneimittel bereit, die gegen verschiedene Krankheiten und Beschwerden eingesetzt werden. Das ist besonders wichtig, da viele gängige Arzneimittel für Menschen durchaus giftig oder gar lebensbedrohlich für die Tiere sein können.

Vergiftungen mit Humanarzneimitteln: Häufig aus Versehen oder aus Unwissenheit

Es gibt verschiedene Gründe, warum Haustiere Vergiftungen aufgrund von Humanarzneimitteln erleiden. Einerseits wollen die Halter ihrem Tier helfen und verabreichen ihnen bewusst Medikamente aus dem eigenen Arzneimittelschrank, beispielsweise zur Versorgung von Wunden oder gegen Schmerzen. Andererseits können Medikamente zu Hause unbeabsichtigt an erreichbaren Stellen liegen, sodass die Haustiere sie aus Versehen aufnehmen.  

Da man in einer derartigen Notsituation nicht genau weiß, ob das Medikament für das Haustier problematisch ist, sollte man umgehend eine Tierklinik kontaktieren, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Welche Maßnahmen notwendig sind, ist abhängig von 

  • der aufgenommenen Menge des Medikaments,
  • dem Wirkstoff,
  • der Darreichungsform und
  • der Zeit, in der das Medikament vom Körper resorbiert bzw. wieder eliminiert wird.

Während einige Wirkstoffe grundsätzlich giftig für Haustiere sind, kommt es bei anderen eher auf die Dosierung an. Insbesondere für kleine Tiere stellen normale „Menschendosen“ bereits eine Überdosierung dar und können schwerwiegende Folgen haben.

Schmerzmittel: NSAID und Paracetamol sind für Haustiere giftig

Für die Behandlung von Schmerzen bei Haustiere kommen keine klassischen Wirkstoffe zum Einsatz, die normalerweise in der Selbstmedikation für Menschen unbedenklich sind. So lösen nichtsteroidale Antirheumatika (NSAID) wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure, Diclofenac und Naproxen Vergiftungserscheinungen aus. Das gilt für Katzen, Hunde, Vögel sowie andere kleine Säugetiere. Neben neurologischen Schäden kann es zu Magenschleimhautschädigungen mit Blutungen, Geschwüren, Erbrechen und Durchfall kommen.  

Dosisabhängig führen NSAID sogar zu Nierenversagen von Haustieren. Eine Standarddosis von 400 mg Ibuprofen kann für kleine Tiere bereits tödliche Folgen haben. Der Grund dafür ist, dass NSAID langsamer verstoffwechselt werden und die Magenschleimhaut empfindlicher darauf reagiert. Nierenschäden entstehen aufgrund einer hohen Dosis und einer Durchblutungsstörung des Ausscheidungsorgans.  

Auch Paracetamol kann für Haustiere gefährlich werden. Da Katzen ein spezielles Enzym zur Glucuronidierung (Bindung von Glucuronsäure) des Wirkstoffes fehlt, kommt es zur Ansammlung von giftigen Abbauprodukten, die die roten Blutkörperchen zerstören. Folglich kommt es zur akuten Blutarmut, bläulichen Schleimhäuten, Atemnot, Schock oder einem Leber- und Nierenversagen. Schon ein kleines Stück einer herkömmlichen Paracetamol-Tablette kann diese gravierenden Folgen auslösen. 

Paracetamol ist auch für Hunde gefährlich, allerdings werden hier niedrige Dosen besser toleriert.

Dosierung von Humanarzneimittel meist zu hoch für Haustiere

Andere Wirkstoffe werden teilweise sogar in der Veterinärmedizin eingesetzt, allerdings in deutlich geringeren Dosen als beim Menschen. Deshalb kann es bei Verzehr eines derartigen Humanarzneimittels schnell zu Vergiftungserscheinungen kommen. 

Dazu gehören insbesondere Blutdrucksenker wie ACE-Hemmer, Sartane, Beta- und Calciumkanalblocker, die eine lebensbedrohliche Hypotonie auslösen können. Das Herz-Kreislauf-System der Haustiere kann die Wirkung der Medikamente weniger gut kompensieren, weshalb Symptome wie Schwäche, Schwindel und eine Abnahme der Herzfrequenz auftreten können. Calciumkanalblocker wie Verapamil hemmen zudem die Insulinfreisetzung in der Bauchspeicheldrüse, wodurch leichter Über- oder Unterzuckerungen auftreten.

Überdosierungen durch aufgenommene Humanarzneimittel entstehen bei Haustiere auch durch

  • Antidepressiva (gruppenübergreifend),
  • Antidiabetika (z. B. Insulin, Metformin),
  • Alpha-2-Agonisten (z. B. Clonidin, Brimonidin)
  • Antiepileptika (z. B. Oxcarbazepin, Valproinsäure),
  • Neuroleptika (z. B. Risperidon, Quetiapin),
  • Zytostatika (z. B. 5-Fluorouracil),
  • Benzodiazepine (z. B. Diazepam, Lorazepam),
  • Z-Substanzen (z. B. Zolpidem, Zopiclon),
  • Opiate aus Husten- oder Schmerzmitteln (z. B. Morphin, Codein) oder
  • Vitamin-D-Präparate.

Auch Kontrazeptiva können Auswirkungen auf den Hormonhaushalt der Tiere haben. Das zeigt sich vor allem bei Arzneimitteln mit einer Estrogenkomponente bei nicht kastrierten und jungen Katzen und Hündinnen. Dennoch wird die akute Toxizität bei dem versehentlichen Verzehr der Antibabypille als gering eingeschätzt. In den meisten Fällen bilden sich keine Symptome aus.

Bei Asthma-Inhalatoren: Risiko für Vergiftungen bei Haustiere erhöht

Lungenerkrankungen wie Asthma werden beim Menschen häufig mit inhalativen Beta-2-Sympathomimetika behandelt. Da die Wirkstoffe wie Salbutamol oder Formoterol für Katzen und Hunde giftig sind, sollten Inhalatoren immer außer Reichweite gelagert werden. 

Wird ein Asthma-Inhalator zerbissen, entwickelt ein Großteil der Tiere Symptome wie eine erhöhte Herzfrequenz, die tierärztlich überwacht werden muss. Vor allem bei Tieren, die bereits unter einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leiden, kommt es häufiger zu Komplikationen.

Minoxidil gegen Haarausfall kann für Haustiere tödlich sein

Der Wirkstoff Minoxidil wird zur Behandlung von Haarausfall bei Menschen eingesetzt und wird als flüssige Lösung direkt auf die Kopfhaut aufgetragen. Werden von Hund oder Katze auch nur kleine Mengen davon oral aufgenommen, kann es zu schweren Komplikationen kommen, die teilweise innerhalb von 24 Stunden zum Tod führen. 

Beispielsweise ist bei einer Katze, die durch ein- bis zwei Leckbewegungen circa einen Tropfen der Minoxidil-Lösung aufnimmt, bereits mit schweren Symptomen zu rechnen. Auch Oberflächen wie Kissenbezüge, die mit der behandelten Kopfhaut in Berührung gekommen sind, stellen Gefahrenquellen dar. 

Bei Hunden treten die Symptome beispielsweise nach dem Herumkauen auf der Anwenderflasche dosisabhängig auf. Die orale Aufnahme führt zu Erbrechen, Blutdruckabfall, einer erhöhten Herzfrequenz und Atemproblemen.

Gut zu wissen: Spot-On Präparat mit Permethrin giftig für Katzen

Um Hunde und Katzen im Alltag vor Zecken und Flöhen zu schützen, verwenden viele Tierhalter Spot-On Präparate. Die wirkstoffhaltigen Lösungen werden im Nacken der Tiere auf das Fell aufgetragen und schützen so vor den Plagegeistern. 

Einige Produkte, die für Hunde auf dem Markt sind, enthalten den Wirkstoff Permethrin. Da die Aktivität eines bestimmten Leberenzyms bei Katzen eingeschränkt ist, kommt es bereits bei geringen Konzentrationen zu Vergiftungserscheinungen, die teilweise tödlich enden können. Das Produkt darf daher nicht bei Katzen angewendet werden. Auch bei Hunden, die einen bestimmten Gendefekt aufweisen, ist der Einsatz von Permethrin nicht empfehlenswert.  

Gleichermaßen verhält es sich mit dem Wirkstoff Ivermectin, ein Antiparasitikum, das häufig bei Wurmbefall eingesetzt wird. Anzeichen einer Überdosierung sind u. a. Krampfanfälle, Zittern, Blindheit oder Koma.

Ätherische Öle in kleinen Mengen meist unbedenklich

Auch verschiedene ätherische Öle können bei Haustieren Vergiftungen hervorrufen. Meist sind die Öle in kleinen Mengen sicher, problematisch wird es erst, wenn das Fell des Tieres großflächig damit eingerieben oder eine größere Menge konzentrierten Öls oral aufgenommen wird. 

Tiere mit Grunderkrankungen wie Asthma reagieren empfindlicher als gesunde. Auch Katzen zeigen häufig schneller Symptome als Hunde. Vorsicht geboten ist beispielsweise bei großen Mengen Teebaum-, Zimt-, Zitrus-, Pfefferminz-, Nelken- und Kiefernnadelöl. Quellen:
- https://www.vetpharm.uzh.ch/clinitox/toxdb/idx_klt.htm
- https://praxistipps.focus.de/liste-diese-medikamente-sind-giftig-fuer-hunde_167495
- https://elib.tiho-hannover.de/servlets/MCRFileNodeServlet/tiho_derivate_00000106/allkaempers-ws19.pdf
 

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