Hygiene im Apothekenalltag
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Diese Keime sind in Arzneimitteln unerwünscht

Hand in blauem Gummihandschuh hält Petrischale mit Bakterien
Die Vorgaben zur mikrobiologischen Qualität müssen nicht nur zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens von Arzneimitteln, sondern über den gesamten Zeitraum der Anwendung eingehalten werden. | Bild: jarun011 / AdobeStock

Alle Arzneimittel, die in der Apotheke hergestellt werden, müssen unter anderem auch mikrobiologisch einwandfrei sein. Daher sind bei der Herstellung besondere Hygienemaßnahmen zu beachten. Welche das sind, wird in der Apothekenbetriebsordnung beschrieben. Grenzwerte und verbotene Keimarten sind hingegen in den Arzneibüchern zu finden.

Rechtliche Anforderungen von AMG und ApBetrO

Das Arzneimittelgesetz (AMG) möchte die Sicherstellung der Qualität, die Wirksamkeit und die Unbedenklichkeit von Arzneimitteln gewährleisten. Dies schließt auch die Sicherstellung der Hygiene und die einwandfreie mikrobiologische Qualität mit ein.

In der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) wird auf die dafür erforderlichen Hygienemaßnahmen innerhalb der Apotheke eingegangen: In § 4 werden die Anforderungen an einen Rezepturarbeitsplatz und die Betriebsräume beschrieben. Weiterhin gilt mit § 6 ApBetrO, dass „Arzneimittel, die in der Apotheke hergestellt werden, die nach der pharmazeutischen Wissenschaft erforderliche Qualität aufweisen müssen“. 

Auch damit ist die Gewährleistung der mikrobiologischen Qualität gemeint. In diesem Zusammenhang spielen die Prüfzertifikate der verwendeten Ausgangsstoffe und Primärpackmittel eine wichtige Rolle – denn sie enthalten Hinweise auf die jeweilige (mikrobiologische) Qualität. 

Keime verkürzen Haltbarkeit

Mikroorganismen mindern die Qualität eines Arzneimittels. Sie verkürzen seine Haltbarkeit und können im schlimmsten Fall auch die Gesundheit des Anwenders gefährden. Denn bei Patienten mit schwachem Immunsystem oder geschädigter Haut kann ein mit Keimen befallenes Arzneimittel bestimmte Krankheiten auslösen. 

Aus diesem Grund sind in den Arzneibüchern sowohl Angaben zu tolerierbaren Keimzahlen zu finden als auch zu Keimarten, die nicht vorhanden sein dürfen. Für Rezepturen und Defekturen gelten dabei die gleichen Vorgaben wie für industriell hergestellte Fertigarzneimittel. 

Die Vorgaben zur mikrobiologischen Qualität müssen jedoch nicht nur zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Arzneimittels eingehalten werden. Sie gelten auch über den gesamten Zeitraum der Anwendung hinweg. 

Grenzwerte je nach Anwendungsart

Die jeweiligen Grenzwerte richten sich dabei nach der Anwendungsart des Arzneimittels. In wässrigen Zubereitungen zum Einnehmen dürfen beispielsweise maximal 200 koloniebildende Einheiten an aeroben Mikroorganismen und maximal 20 koloniebildende Einheiten an Hefen und Schimmelpilzen pro Gramm oder Milliliter Darreichungsform enthalten sein. Bakterien vom Typ Escherichia coli sind dabei verboten. 

Für Arzneiformen zur kutanen Anwendung gelten die gleichen Höchstgrenzen. Zudem dürfen die Erreger Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa nicht vorhanden sein. 

Gefährliche Mikroorganismen in Arzneimitteln

Bestimmte pathogene Keime dürfen somit auch in nicht sterilen Arzneimitteln nicht anwesend sein. Zu den bekannten Vertretern dieser Mikroorganismen zählt das Stäbchenbakterium Pseudomonas aeruginosa, da es ein Verursacher von schwer verlaufenden Infektionen ist. Pseudomonas-Arten sind widerstandsfähige Keime, die zum Überleben nur minimale Nährstoffmengen und wenig Feuchtigkeit benötigen. Nur bei Trockenheit sterben sie relativ schnell ab.  

Ein weiterer Keim, der in bestimmten Darreichungsformen laut Arzneibuch nicht vorkommen darf, ist Staphylococcus aureus. Das kugelförmige Bakterium befindet sich auf der Haut oder den oberen Atemwegen einer Vielzahl von Menschen und löst dort keine Krankheitssymptome aus. In offenen Wunden oder bei einem geschwächten Immunsystem kann der Keim sich jedoch ausbreiten und zu schweren fieberhaften Erkrankungen führen. Staphylococcus aureus ist gegen Hitze und Trockenheit widerstandsfähig und kann auch auf trockenen Oberflächen längere Zeit überleben.  

Zubereitungen zum Einnehmen müssen frei von Escherichia coli sein. Das Bakterium ist zwar ein natürlicher Bewohner im Dickdarm des Menschen, gelangt es aber ins Blut oder den Harntrakt, ist es sehr gefährlich.  

Zur Erinnerung: Welche antimikrobiellen Maßnahmen gibt es?

Durch spezielle Maßnahmen bei der Arzneimittelherstellung in der Apotheke werden Mikroorganismen entweder vernichtet oder am Wachstum gehindert:

  • Bei einer Sterilisation handelt es sich um die weitreichendste antimikrobielle Maßnahme. Dabei werden alle vermehrungsfähigen Keime abgetötet und man erhält als Ergebnis ein keimfreies Material. Arzneimittel zur Anwendung am Auge, auf offenen Wunden und Parenteralia müssen sterilisiert werden.
  • Eine Desinfektion führt ebenfalls zur Vernichtung der Mikroorganismen. Allerdings sind desinfizierte Gegenstände nicht steril, da die Sporen von Bakterien nicht eliminiert werden.  
  • Unter Konservierung versteht man die Verlängerung der Haltbarkeit mikrobiell anfälliger Zubereitungen. Durch die Zugabe eines Konservierungsmittels werden Keime nicht abgetötet, sondern lediglich am Wachstum gehindert.  

Hygiene nicht nur in der Rezeptur wichtig

Doch nicht nur bei der Herstellung von Arzneimitteln spielen hygienische Maßnahmen eine große Rolle. Damit Keime nicht in den Herstellungsbereich gelangen können, muss auch in den anderen Apothekenräumen auf besondere Sauberkeit geachtet werden. Auch hier ist deshalb die regelmäßige Reinigung und Desinfektion von Oberflächen sowie die Händehygiene von nicht herstellendem Personal wichtig. 

Eine möglichst genaue Beschreibung und schriftliche Festlegung der einzelnen durchzuführenden Reinigungs- und Desinfektionsschritte (Hygienemanagement) sind daher in der Apotheke unerlässlich. Um genau zu dokumentieren, welche Arbeiten wann und wie oft zu erledigen sind, ist das Führen von Checklisten zu empfehlen. Quellen:
Leitlinien der Bundesapothekerkammer: Herstellung und Prüfung der nicht zur parenteralen Anwendung bestimmten Rezeptur- und Defekturarzneimittel
Leitlinie der Bundesapothekerkammer: Hygienemanagement
Hygieneleitfaden der Gesellschaft für Dermopharmazie
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-4-2016/immer-schoen-sauber-bleiben
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/alles-nach-plan-123058/
Grenzwerte für die Gesamtkeimzahl in Arzneimitteln nach Ph. Eur. 7.0, Kap. 5.1.4
 

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