Moderne Arzneiformen
Serien
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Mikronadeln für eine schmerzfreie Impfung: Impfen ohne Spritze?

Wissenschaftler haben sogenannte Pflasterimpfungen mit Mikronadeln getestet. | Screenshot: The University of North Carolina at Chapel Hill

Mikronadeln sind winzig kleine Nadeln mit einer Größe zwischen 50 und 2.000 Mikrometern. Damit kann beispielsweise ein Blatt Papier durchgestochen werden. Mit ihrer Breite (1 bis 100 Mikrometer) erinnern diese Nadeln an ein menschliches Haar. Um einen Arzneistoff zu applizieren, müssen die Mikronadeln nur die oberste Schicht der menschlichen Haut durchstoßen. In die tiefer liegende Dermis, die neben den Blut- und Lymphgefäßen auch die Nervenendigungen zur Schmerzweiterleitung enthält, gelangen die Mikronadeln praktisch nicht. Die kleinen Nadeln sind daher in der Lage, unangenehme Schmerzen bei einer Injektion zu verhindern. Nach der Abgabe des Wirkstoffs löst sich das wasserlösliche Material der Mikronadeln von selbst auf. 

Hightech-Pflaster

Werden die Mikronadeln mit einem Pflaster kombiniert, könnten sie in Zukunft sogar eine Alternative zur Spritze beim Impfen darstellen. Ein Pflaster aus einem 3D-Drucker enthält dabei in einer Polymerbasis genau ausgerichtete Mikronadeln, die aufgrund ihrer geringen Größe die Haut nur minimal durchdringen. Neben der Schmerzfreiheit hätte das Pflaster auch den Vorteil, dass es ohne medizinisches Personal vom Anwender selbst aufgeklebt werden kann. Sobald Kontakt mit der Haut hergestellt ist, kann die Vakzine dann über die Mikronadeln in den Körper gelangen. Wissenschaftler haben ein solches Pflaster nun mit einem Corona-Impfstoff an Mäusen getestet und festgestellt, dass das Immunsystem sogar deutlich besser reagiert hat als bei einer Applikation mit der Spritze. 

Nach der Pflasterimpfung konnte im Blut der Versuchstiere eine deutlich höhere Konzentration an spezifischen Antikörpern und T-Zellen gefunden werden. Damit könnte also bei dieser Art der Applikation eine niedrigere Dosis an Impfstoff für eine robuste Immunantwort ausreichend sein. Entsprechende Pflaster könnten dann auch für Impfungen gegen Influenza, Masern oder Hepatitis verwendet werden. 

Fortschritte beim 3D-Druck entscheidend

Weltweit wird schon seit Jahren an der Entwicklung von Mikroinjektionsnadeln geforscht. Durch die enormen Fortschritte beim 3D-Druck in der Medikamentenproduktion könnten diese nun auch tatsächlich zur Anwendung gelangen. Denn mit Hilfe eines 3D-Druckers können die empfindlichen Spitzen der kleinen Nadeln in exakter Länge sowie spitz genug produziert werden und je spitzer die Nadeln sind, desto leichter können sie menschliches Gewebe durchdringen. Durch den Einsatz moderner 3D-Drucker lassen sich extrem spitze Nadeln mit einer Präzision in Nanometerbereich realisieren. 

Weitere Anwendungen möglich

Mikronadeln können auch für diagnostische Tests und zur Überwachung von Gesundheitsparametern eingesetzt werden. Die kleinen Löcher, die von den Nadeln in die Epidermis der Haut gestochen werden, führen zur einer Druckveränderung und sorgen dafür, dass interstitielle Flüssigkeit in einen Behälter gedrückt werden kann. Werden die Nadeln mit Biosensoren gekoppelt, können innerhalb kurzer Zeit beispielsweise Blutzucker-Werte gemessen werden. In naher Zukunft können die Mikronadeln möglicherweise nicht nur auf der Haut, sondern auch in Organen des Körpers zum Einsatz kommen. 

Vieles aber auch unklar

Mit Hilfe der Mikronadel-Technologie lassen sich mit großer Wahrscheinlichkeit die Möglichkeiten der Wirkstoffabgabe und Diagnostik bald erweitern. Trotzdem sind wohl zunächst noch einige weitere Forschungsarbeiten nötig. Bei der Verabreichung größerer Arzneistoffdosen stoßen Mikronadeln noch an ihre Grenzen. Zudem muss genau geklärt werden, welche Wirkstoffe überhaupt auf diese Art appliziert werden können. Und es muss untersucht werden, ob das Alter und das Gewicht der Patienten die Aufnahme beeinflussen und ob der Ort der Injektion eine Rolle spielt. Quellen
https://www.spektrum.de/news/mikroinjektion-pflaster-statt-spritze-beim-impfen/1930444
https://www.spektrum.de/news/mikronadeln-sind-medizin-innovation-des-jahres/1806947
https://www.pnas.org/content/118/39/e2102595118
 

Zurück