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Hitze beeinflusst Wirkung von Arzneimitteln

Kapseln liegen in derSonne, daneben steht ein Glas Wasser
Arzneimittel sollten nicht hohen Temperaturen ausgesetzt werden, da es sonst zu Wirkveränderungen kommen kann. | Bild: olgaarkhipenko / AdobeStock

Wenn das Thermometer in den Sommermonaten in die Höhe klettert, suchen viele Schatten und Abkühlung: raus aus der Dachgeschosswohnung und ab ins Schwimmbad. Vergessen werden dabei oft die Arzneimittel, welche in der aufgeheizten Schublade liegen bleiben. 

Veränderungen der Wirkung und Sicherheitsrisiken bei der Anwendung können die Folge sein. Deshalb ist es wichtig, mögliche Probleme zu kennen, um die Kunden in der Apotheke ausführlich zur korrekten Lagerung und Handhabung ihrer Medikamente beraten zu können.

Veränderung des Wirkstoffs durch Hitze

Chemische Reaktionen laufen bei hohen Temperaturen beschleunigt ab. Aus den Wirkstoffen können folglich Produkte entstehen, die schwächer wirksam oder sogar schädlich sein können:

Bei Betalactam-Antibiotika, wie Penicillin, wird die Struktur durch Hydrolyse (chem. Aufspaltung) bei Erwärmung zerstört. In der Zubereitung steht dann weniger aktiver Wirkstoff zur Verfügung. Die Folge ist eine möglicherweise nicht ausreichende Bekämpfung der Infektion und dadurch auch die erhöhte Gefahr von Resistenzbildung.

Schädliche Produkte finden sich bei Akne-Präparaten mit Benzoylperoxid: Der Wirkstoff bildet in einer mehrstufigen Reaktion das Abbauprodukt Benzol, einen erwiesenermaßen krebserregenden Stoff. Nach Hitzeeinwirkung sind in den Präparaten sehr hohe Konzentrationen an Benzol zu finden. Deshalb ist es wichtig, die Kunden darauf hinzuweisen, diese Arzneimittel bei Raumtemperatur zu lagern und nicht in der Hitze, z. B. im Handschuhfach des Autos, liegenzulassen.

Nur manchmal sind Zersetzungsreaktionen relativ einfach erkennbar wie in diesem Beispiel: Aus Acetylsalicylsäure bildet sich unter anderem Essigsäure, die durch den Geruch wahrnehmbar ist.

Gut zu wissen: Bei kühlpflichtigen Arzneimitteln auf Kühlkettenpflicht achten

Bei kühlpflichtigen Arzneimitteln, wie Insulinen oder Impfstoffen, kann durch Wärme Protein denaturieren, was zum Verlust der biologischen Aktivität führt. 

Kunden kann für den Transport nach Hause eine Kühltasche mit Kühlakku mitgegeben werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass der Kühlakku nicht direkt mit dem Arzneimittel in Berührung kommt, da das Einfrieren ebenso schädlich sein kann. Zu Hause sollten die Arzneimittel dann wieder in den Kühlschrank gelegt werden.

Tabletten vertragen keine hohe Luftfeuchtigkeit

Feste Arzneiformen wie Tabletten oder Kapseln sind recht stabil gegenüber Temperaturschwankungen. Bei Gelatinekapseln kann durch Hitze jedoch die Oberfläche der Kapselhüllen leicht verflüssigt werden. Die Kapsel kann so mit dem Blistermaterial oder bei Mehrdosenbehältnissen auch mit anderen Kapseln verkleben. Solange Tabletten im Blister verbleiben, sind sie gut vor äußeren Einflüssen geschützt. 

Bei Menschen mit Polymedikation werden Tabletten allerdings oft in Medikamentendosetten für mehrere Tage ausgeeinzelt. Nicht nur Hitze, sondern auch erhöhte Luftfeuchtigkeit werden zum Problem, da verschiedene Abbaureaktionen (z. B. Hydrolyse) ablaufen können. Eine Lagerung im Badezimmer oder der Küche ist deshalb nicht empfehlenswert. 

In jedem Fall sollte vor der Einnahme von Tabletten oder Kapseln auf Veränderungen von Aussehen, Geruch oder Geschmack geachtet werden.

Halbfeste Arzneiformen: Cremes, Salben, Zäpfchen mit veränderter Wirkstofffreisetzung

Eine größere Rolle spielt die korrekte Lagerung bei halbfesten Arzneiformen. In Cremes und Salben kann sich durch Temperaturschwankungen die Löslichkeit des Emulgators ändern. Die Emulsionen brechen, wodurch der Arzneistoff nicht mehr homogen in der Zubereitung verteilt vorliegt.

Zäpfchen aus Hartfett schmelzen bei Körpertemperatur. Was für die Anwendung notwendig ist, wird im Sommer zum Problem: Bei 35 °C schmelzen Zäpfchen bereits nach wenigen Minuten. Der suspendierte Wirkstoff kann sedimentieren und ist nach erneutem Verfestigen nicht mehr homogen verteilt. Bei der Anwendung wird er dann von der Darmschleimhaut nicht gleichmäßig aufgenommen. Es kann zu Wirkspitzen sowie zu lokalen Reizungen der Schleimhaut an höher konzentrierten Stellen kommen. 

Transdermale Pflaster: Gefahr von Überdosierung bei hohen Temperaturen 

Bei transdermalen Pflastern kann Hitze die Arzneistoffreservoirs zerstören. Auch hier ist eine ungleichmäßige Wirkstofffreisetzung möglich, die mit der Gefahr von Wirkspitzen verbunden ist. Eine Unterdosierung ist ebenfalls möglich, wenn der Arzneistoff durch flüchtige Hilfsstoffe auskristallisiert und somit nicht mehr in seiner Wirkform zur Verfügung steht. Bei der Anwendung kann starkes Schwitzen zum Problem werden, da die Pflaster dann nicht mehr gut auf der Haut haften. 

Durch erhöhte Hauttemperatur wird die Aufnahme des Wirkstoffs bei allen dermalen Anwendungen verstärkt. Dies kann z. B. bei Fentanyl-Pflastern sehr gefährlich werden. Patienten sollten auf ungewöhnlich starke Nebenwirkungen achten, die ein Zeichen für eine Überdosierung sein können. 

Wärme fördert Instabilität bei flüssigen Arzneiformen

Bei flüssigen Arzneiformen sind insbesondere Suspensionen thermolabil. Durch die erhöhte Energie bei Wärmezufuhr kommt es zu einer verstärkten Sedimentation, Caking (Aneinanderkleben der Teilchen) und Teilchengrößenveränderungen. Die Folge sind Probleme beim Aufschütteln der Suspension und dadurch eine ungleichmäßige Dosierung. 

Dies wird vor allem bei Antibiotikasäften für Kinder zum Problem, die oft in Form von Trockensäften abgegeben werden. Bei falscher Dosierung wird die Infektion nicht effektiv bekämpft und es können sich Resistenzen bilden.

Auch bei der Lagerung von Dosieraerosolen kommt es auf die Temperatur an: Im Behältnis herrscht ein hoher Druck durch das verflüssigte Gas, der sich durch Erwärmung noch weiter erhöht. Die Sprühaufsätze sind für diese hohen Drücke nicht ausgelegt und können beschädigt werden. Als Folge kann die Dosiergenauigkeit pro Sprühstoß beeinträchtigt sein.

Hitze und Arzneimittel: Worauf sollten Kunden hingewiesen werden?

  • Arzneimittel immer kühl und trocken lagern, idealerweise unter 25 °C.
  • Aufbewahrung in der Originalverpackung bietet Schutz.
  • Kühlpflichtige Arzneimittel nur kurze Zeit außerhalb des Kühlschranks aufbewahren. Wichtig: nicht einfrieren!
  • Verstärktes Augenmerk auf Veränderungen am Arzneimittel wie Aussehen, Farbe, Geruch oder Geschmack.
  • Auf stärkere (Neben-)Wirkungen achten.

Quellen:
- Bauer, Kurt H. et al. Pharmazeutische Technologie: mit Einführung in die Biopharmazie; mit 91 Tabellen. 9., Auflage, Wiss. Verlag-Ges., 2012.
- Dicheva-Radev, S. Arzneimittel und Hitze: Temperaturempfindlichkeit und richtige Aufbewahrung von Arzneimitteln. Arzneiverordnung in der Praxis, Ausgabe 3/2020. Erhältlich unter https://www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimitteltherapie/AVP/Artikel/2020-3-4/160.pdf (letzter Zugriff am 02.08.2025).
- Kleiner, D. TTS: Pflastern will gelernt sein. Pharm.Ztg. 2014; 31.
- Holzgrabe, U. et al. Richtig lagern bei Hitze. DAZ+ vom 29.08.2019. Erhältlich unter https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-35-2019/richtig-lagern-bei-hitze (letzter Zugriff am 02.08.2025).
- Van den Heuvel, M. Gift aus der Tube. Erhältlich unter https://www.doccheck.com/de/detail/articles/48305-akne-gift-aus-der-tube (letzter Zugriff am 24.02.2025)
 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Bei vielen Arzneiformen ist die richtige Lagerung im Sommer essenziell für die erwünschte Wirkung.
  • Feste Arzneiformen sind verhältnismäßig robust gegenüber Temperaturschwankungen bei Lagerung in der Originalverpackung.
  • Flüssige und halbfeste Arzneiformen sind besonders anfällig für Veränderungen unter Temperaturextremen.
  • Instabilitäten sind nicht immer gut von außen zu erkennen.