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Ernährung bei entzündlichen Darmerkrankungen

Vollkornprodukte, Obst, Gemüse und in moderaten Mengen Milchprodukte zählen zur mediterranen Ernährung. | Bild: Photographee.eu / AdobeStock

Welche Ernährungsweise kann für Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) hilfreich sein? Diese Frage auf Basis des aktuellen Forschungsstandes zu beantworten, hat sich eine Forschungsgruppe der Mayo Clinic im US-amerikanischen Jacksonville zur Aufgabe gemacht. 

Herausgekommen sind zwölf Ernährungstipps für Menschen mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachjournal GastroenterologyAGA Clinical Practice Update on Diet and Nutritional Therapies in
Patients With Inflammatory Bowel Disease: Expert Review
 
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Mediterrane Ernährung verbessert das Wohlbefinden

Die mediterrane Ernährung gilt im Allgemeinen als „Goldstandard der Ernährungsweisen“. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wird sie empfohlen, um das allgemeine Wohlbefinden zu steigern und Mangelernährung vorzubeugen, wie die Autoren der Leitlinie die Studienlage zusammenfassen. 

Jedoch: Es gibt keine Diät, die in Studien konsequent die Remission erhalten konnte. Bei Colitis ulcerosa könnte das Vermeiden von rotem Fleisch die Rückfallrate reduzieren, bei Morbus Crohn aber nicht, wie die Studienautoren anmerken.

Gut zu wissen: Was ist mediterrane Ernährung?

Wer der Mittelmeerküche folgt, isst drei- bis fünfmal am Tag. Vollkornprodukte und Gemüse sollten in jeder Hauptmahlzeit vertreten sein. Olivenöl als Salatdressing, zu Gemüse oder bereits gekochten Vollkornnudeln führt zu einer täglichen Aufnahme des Pflanzenöls von ungefähr vier Esslöffeln. Geflügel und vor allem Omega-3-Fettsäuren-reicher Fisch wie Hering oder Makrele stehen mehrmals pro Woche auf dem Speiseplan. 

Obst sollte an den meisten Wochentagen bis täglich als Snack oder Nachtisch dienen. Milchprodukte wie Joghurt oder Käse können täglich, aber in moderaten Mengen verzehrt werden. In einer Woche sollten nicht mehr als vier Eier konsumiert werden, dazu zählen sowohl als Eierspeise verzehrte Eier als auch in Kuchen und anderen Backwaren enthaltene.

Rotes Fleisch und stark verarbeitete Lebensmittel wie Süßigkeiten oder Tiefkühlkost werden nur sehr selten in geringen Mengen verzehrt. Beim Zubereiten von Speisen wird Salz sparsam eingesetzt und stattdessen Gewürze nach individuellem Belieben verwendet.

Alkohol kann in Form von Wein zum Essen getrunken werden, jedoch maximal zwei Gläser Wein à 125 ml für Männer und ein Glas für Frauen. Als Flüssigkeitsquelle dienen Wasser und ungesüßter Tee oder auch Kaffee.

Ballaststoffe: Lebensmittel kochen und gut zerkauen

Manche Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung leiden an Darmverengungen. Ballaststoffe werden dann womöglich schlecht vertragen. Sorgfältiges Kauen von Obst und Gemüse sowie das Zerkochen von Lebensmitteln mit einem hohen Faseranteil zu einer breiigen Konsistenz können hilfreich sein.

Bei Morbus Crohn ausschließlich enterale Ernährung

Patienten mit aktivem Morbus Crohn profitieren von einer ausschließlichen enteralen Flüssignahrung, um das Stadium der Remission zu erreichen. Die enterale Ernährung könne als steroidsparende Brückentherapie betrachtet werden, wie die Studienautoren schreiben.

Spezielle Diätform bei Morbus Crohn

Eine Morbus-Crohn-Ausschlussdiät (Crohn's Disease Exclusion Diet, CDED) – also eine Form der partiellen enteralen Ernährungstherapie – kann bei mild bis moderat verlaufendem Morbus Crohn zur Remission führen.

Gut zu wissen:  Was ist die Morbus-Crohn-Ausschlussdiät?

Bei der Morbus-Crohn-Ausschlussdiät (Crohn's Disease Exclusion Diet, CDED) ist der Anteil an tierischen und gesättigten Fetten sowie an glutenhaltigem Getreide und Emulgatoren reduziert. Die Menge an Obst, Gemüse und resistenter Stärke sind hingegen erhöht. 

Diese Ausschlussdiät besteht aus drei Phasen, in denen das Spektrum an empfohlenen Nahrungsmitteln allmählich erweitert wird. /vs

Enterale Ernährung gegen Mangelernährung bei Morbus Crohn

Mangelernährte Morbus-Crohn-Patienten, die eine geplante Operation vor sich haben, können ihr Risiko für postoperative Komplikationen reduzieren, indem sie vor dem Eingriff ausschließlich enteral ernährt werden.

CED: Kurzzeitige parenterale Ernährung empfehlenswert

Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung, bei denen ein intraabdomineller Abszess (entsteht bei Erkrankung innerhalb der Bauchhöhle) oder eine diffuse Entzündung (betreffen ein oder mehrere Organe oder umliegendes Gewebe) vorliegt, haben oft Probleme sich optimal zu ernähren. 

Insbesondere vor einem geplanten Eingriff ist es wichtig, eine Mangelernährung zu beseitigen, um postoperativen Komplikationen oder Problemen während des Eingriffs vorzubeugen. 

Eine kurzzeitige parenterale Ernährung sorgt für Ruhe im Darm, verbessert außerdem den Ernährungszustand und reduziert infektiöse Entzündungen, so die Studienautoren.

Parenterale Ernährung bei bestimmen Patientengruppen empfehlenswert

Das Forscherteam empfiehlt eine parenterale Ernährung insbesondere bei Personen mit 

  • eiternden Darmfisteln, 
  • langanhaltendem Darmverschluss (Ileus), 
  • Kurzdarmsyndrom sowie 
  • bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung mit schwerer Mangelernährung, wenn orale und enterale Ernährung nicht erfolgreich waren oder wenn ein enteraler Zugang nicht möglich oder kontraindiziert ist.

Bei parenteraler Ernährung auf Hydratation achten

Eine langfristige parenterale Ernährung bringt Risiken mit sich. So kann sich beispielsweise der intravenöse Zugang entzünden, das Darmmikrobiom verkümmern oder Elektrolytverschiebungen auftreten. 

Um solche Komplikationen einer parenteralen Ernährung zu vermeiden, sollten Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung und Kurzdarmsyndrom auf ein individuelles Hydratationsmanagement (intravenöse Elektrolytzufuhr und/oder orale Rehydrationslösung) umgestellt werden. Auch die orale Nahrungsaufnahme sollte bestärkt werden. 

Eine Therapie mit Glucagon-like-Peptide(GLP)-2-Agonisten kann den Übergang erleichtern.

Auf Mangelernährung überprüfen

Da Mangelernährung den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen kann, ist es umso wichtiger, mangelernährte Patienten zu erkennen und entsprechend zu behandeln. Symptome von Unterernährung sind beispielsweise 

  • unbeabsichtigter Gewichtsverlust, 
  • Ödeme, 
  • Flüssigkeitsretention (Flüssigkeitsansammlung im Körper durch verminderte Ausscheidung) sowie
  • Verlust von Fett- und Muskelmasse. 

Wird eine Mangelernährung durch einen Arzt festgestellt, ist eine anschließende umfassende Beurteilung durch Ernährungsspezialisten erforderlich.

Bei CED regelmäßig Vitamin D und Eisen kontrollieren

Menschen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung sollten regelmäßig ihren Vitamin-D- und Eisenstatus überprüfen lassen. Bei Patienten mit ausgedehnter Erkrankung des Krummdarms (letzter Abschnitt des Dünndarms) oder vorheriger Darm-Operation sollte auf einen Vitamin-B12-Mangel geachtet werden, so das Autorenteam der Leitlinie.

Autoren raten zu einer Ernährungsberatung

„Alle ambulanten und stationären Patienten mit komplizierter chronisch entzündlicher Darmerkrankung sollten von einem fachlich geschulten Ernährungsberater oder -beraterin betreut werden“, fordern die Studienautoren. 

Dies sei insbesondere der Fall bei Mangelernährung, Kurzdarmsyndrom, enterokutaner Fistel (Darmfistel mit Verbindung zur Haut), bei Erhalt komplexer Ernährungstherapie wie parenteraler Ernährung oder (ausschließlicher) enteraler Ernährung. 

Neu-diagnostizierte Patienten sollten eine Ernährungsberatung erhalten.

Stillen und Ernährungsform als Präventionsmaßnahme

Stillen kann das Risiko verringern, um im Kindesalter an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung zu leiden. Auch eine gesunde, ausgewogene mediterrane Ernährung mit viel Obst und Gemüse sowie wenig hochverarbeiteten Lebensmitteln korreliert mit einem geringeren Risiko, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu entwickeln. 

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