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EU regelt Acrylamid: Neue Verordnung tritt heute in Kraft

Bild: Massimo Merlini – iStockphoto.com

Ab dem heutigen Mittwoch gilt die neue EU-Verordnung zu Acrylamid. Die europäische Union möchte den Stoff in Lebensmitteln so weit als möglich zurückdrängen. Der Grund: Acrylamid ist krebserregend – und kommt in alltäglichen Lebensmitteln vor. Bestimmte Lebensmittel sind hinsichtlich ihres Acrylamidgehalts jedoch besonders belastet – Chips, Kartoffelpuffer, Pommes frites, Knäckebrot, Kekse, Kaffee oder Gebratenes. Doch: Wie kommt das Acrylamid überhaupt in diese Lebensmittel?

Acrylamid ist Beiprodukt bei Röst- und Bratprozessen

Acrylamid ist ein lästiges und nicht gewolltes Nebenprodukt einer eigentlich erwünschten Reaktion beim Braten, Backen, Frittieren oder Kaffeerösten – der sogenannten Maillard-Reaktion. Maillard beschreibt allgemein die Reaktion von Aminosäuren (Baustein der Proteine) mit reduzierenden Zuckern. Im Großen und Ganzen schätzen Menschen die Produkte dieser Maillard-Reaktion, sind diese doch für duftende Aromen und eine schöne Bräunung verantwortlich. Sie machen gebratene Steaks, gerösteten Café und knusprig gebackenes Brot erst richtig lecker. Die Kehrseite dieser Medaille ist allerdings Acrylamid. Denn aus den Aminosäuren Asparagin und Glutamin – unter anderem in Kartoffel- und Getreideprodukten verstärkt enthalten – lässt die Maillard-Reaktion das giftige Acrylamid entstehen. Dies passiert vor allem bei sehr hohen Temperaturen von 170° bis 190° Celsius.

Chips, Kartoffelpuffer, Pommes enthalten besonders viel Acrylamid

Das erklärt auch die verhältnismäßig hohe Konzentration in Lebensmitteln wie Chips, Pommes oder getoastetem Brot. Die stärkehaltigen Lebensmitteln werden bis sie im Supermarkt-Regal oder auf dem Teller landen, relativ hohen Temperaturen beim Frittieren oder Backen ausgesetzt – und das begünstigt die Entstehung von Acrylamid.

Über bestimmte Faktoren, lässt sich die Bildung von Acrylamid in Lebensmitteln reduzieren: So führt ein geringerer Protein- oder Zuckergehalt, niedrigere Back- oder Brattemperaturen, eine Verkürzung der Garzeit sowie eine Erhöhung des Wassergehalts zu einem geringeren Acrylamidanteil im Endprodukt.

Welche Maßnahmen ergreift die EU?

Zu den mit dem heutigen Mittwoch in Kraft tretenden Maßnahmen gehört unter anderem auch die Empfehlung seitens der EU für Verbraucher, ein übermäßiges Backen oder Frittieren dieser Lebensmittel zu vermeiden. Lebensmittelhersteller sollen künftig anhand einer Farbsortierung für Kartoffelchips nach dem Frittieren überprüfen, dass die Chips nicht zu dunkel frittiert wurden – und folglich auch mehr Acrylamid enthalten. Auch die Lagertemperatur für Kartoffeln regelt die neue EU-Verordnung. Diese darf nicht unter 6 °C liegen. Lagertemperaturen darunter gehen mit einem Anstieg der Fructosekonzentration in der Kartoffel einher. Dies wiederum führt beim Verarbeitungsprozess Braten oder Frittieren zu einer höheren Acrylamidbildung.

Acrylamid: Krebserregend im Tierversuch

Die krebserzeugende Wirkung von Acrylamid konnte bislang nur in Tierversuchen bestätigt werden. Acrylamid kann das Erbgut verändern, indem es Addukte mit der DNA bildet. Diesen Effekt zeigten Nager unter Acrylamid, jedoch in Dosierungen, denen Menschen in der Regel nicht ausgesetzt sind. Die Nager erhielten etwa 300 bis 10.000 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht Acrylamid pro Tag. Zum Vergleich: Eine durch Lebensmittel hervorgerufene Acrylamid-Belastung wird durchschnittlich mit 0,3 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht veranschlagt. Die Wirkung von Acrylamid auf den menschlichen Organismus ist derzeit nicht abschließend geklärt. Ein Zusammenhang zwischen einer Acrylamidaufnahme und einer Krebserkrankung kann nach Einschätzung des Bundesinstituts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit weder angenommen noch ausgeschlossen werden.

Die neue EU-Verordnung regelt ausschließlich den Acrylamidgehalt von Lebensmitteln. Was vielleicht bei all den Diskussionen um braune Brötchen, gerösteten Kaffee und Pommes nicht vergessen werden sollte: Rauchen stellt in der Allgemeinbevölkerung die größte Quelle des Acrylamidübels dar und belastet den Körper mit 0,5 bis zwei Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht.