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Substitutionsbehandlung in der Apothekenpraxis – ein Update

Bild: Imago

Vorurteile und Kontrahierungszwang

Die meisten Menschen haben starke Vorurteile gegenüber Substitutionspatienten. Sie gehen davon aus, dass diese gewalttätig, kriminell, verwahrlost und nicht vertrauenswürdig sind. Die Praxis, zum Beispiel in der Westend-Apotheke, zeigt aber, dass man es manchen Substituenten nicht ansieht. Mit den meisten Substitutionspatienten, so Ursula Reiff, gebe es keine Schwierigkeiten im Verhältnis. Wenn es Probleme gebe, dann meist mit den gleichen Patienten und darauf könne man sich einstellen bzw. den behandelnden Arzt hinzuziehen. Voraussetzung für einen guten Umgang mit Substitutionspatienten sind eindeutige Regeln, ein gewisses Vertrauensverhältnis, die Grenzen der Patienten zu beachten und klare Konsequenzen zu ziehen, wenn Regeln missachtet werden. Dennoch scheuen sich viele Apotheken davor, Substitutionspatienten zu betreuen. 

Kein Kontrahierungszwang – Sonderregelung in Baden-Württemberg

Ein Kontrahierungszwang besteht auch nur für „Take-home“-Rezepte. Die Durchführung des Sichtbezugs in der Apotheke ist eine freiwillige Leistung der Apotheke. Der Sichtbezug darf nur vom Apothekenleiter oder fachkundigem, eingewiesenem und beauftragtem pharmazeutischen Personal wie beispielsweise PTA durchgeführt werden. In Baden-Württemberg wurde 2013 eine Vereinbarung über die Vergütung des Sichtbezugs suchtkranker Menschen in Apotheken geschlossen zwischen dem Landesapothekerverband Baden-Württemberg und der AOK Baden-Württemberg, dem BKK Landesverband Baden-Württemberg, der IKK classic, der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als Landwirtschaftliche Krankenkasse, der Knappschaft und den im vdek zusammengeschlossenen Ersatzkassen BARMER GEK, Techniker Krankenkasse (TK), DAK-Gesundheit, Kaufmännische Krankenkasse – KKH, HEK – Hanseatische Krankenkasse und der Handelskasse hkk. Damit möchte man insbesondere in den ländlichen Gebieten eine optimale Versorgung suchtkranker Menschen sicherstellen.

Bei dem Vertrag handelt es sich um eine ergänzende Vereinbarung zum Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 SGB V und den jeweils gültigen Arzneilieferungsverträgen und er gilt für öffentliche Apotheken, deren Leiter dem Landesapothekerverband Baden-Württemberg angehören. Für die Abrechnung der im Sichtbezug verabreichten Substitutionsmittel gelten die Anlagen 4 bis 7 der Hilfstaxe für Apotheken. Neben dem Substitutionsmittel rechnet die Apotheke die auf dem BtM-Rezept für den Sichtbezug verordnete Anzahl der Einzeldosen mit dem Sonderkennzeichen 02567774 (Honorierung Sichtbezug BtM) ab. Hierzu wird die im Faktorfeld einzutragende Zahl der verordneten Einzeldosen mit dem Preis je Einzeldosis multipliziert.