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CHMP empfiehlt neue Influenzavakzine: Neuer Grippeimpfstoff Fluad Tetra – was macht ihn besonders?

Der CHMP der EMA hat den tetravalenten, adjuvantierten Grippeimpfstoff Fluad Tetra von Seqirus zur Zulassung empfohlen. | Bild: imago images / Christian Ohde

Der Humanarzneimittelausschuss der EMA, das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP), empfiehlt, Fluad® Tetra in der EU zuzulassen. Der Grippeimpfstoff schützt vor vier Grippevirus-Subtypen – Influenza A(H1N1), Influenza A(H3N2) und zwei B-Stämmen. Wie bei jeder Influenzavakzine werden die Impfviren jährlich entsprechend den Empfehlungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) an die hauptsächlich in unseren Breiten zirkulierenden Grippeviren angepasst.

Fluad wird Fluad Tetra

Fluad® Tetra ist kein völlig Unbekannter bei den Grippeimpfstoffen. Sein Vorgänger – Fluad® – ist bereits seit 20 Jahren zugelassen, schützte jedoch nur vor drei Grippevirus-Subtypen (Influenza A(H1N1), Influenza A(H3N2) und einem Influenza-B-Stamm).

Lange galt die Dreifach-Grippeimpfung als Standardschutz, den auch die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfahl. 2017 änderte die STIKO ihre Einschätzung jedoch und präferiert seither die Vierfach-Grippeimpfung. Seit 2018 erstattet auch die GKV den Vierfach-Grippeschutz, nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Schutzimpfungs-Richtlinie dahingehend geändert hat.

Herstellung in Hühnereiern

Fluad® Tetra ist ein Totimpfstoff und enthält die Influenza-Oberflächenantigene Hämagglutinin und Neuraminidase. Hinter Fluad® Tetra steht der pharmazeutische Unternehmer Seqirus, der in der Grippesaison 2019/20 mit Flucelvax® Tetra erstmals einen Zellkulturbasierten Influenzaimpstoff auf dem Markt hatte.

Grippeimpfstoffe, die in Säugetierzellen statt, wie derzeit üblich, in Hühnereiern hergestellt werden, sollen vor allem zwei Vorteile haben: Sie sollen im Falle einer Influenza-Pandemie schneller herstellbar und auch hinsichtlich der Wirksamkeit überlegen sein. Studien liefern Hinweise, dass durch die fehlende Eiadaption die Passgenauigkeit der durch die Impfung produzierten Antikörper auf die zirkulierenden Viren besser sein könnte als bei Grippeimpfstoffen aus Hühnereiern. Allerdings setzt Seqirus bei Fluad® Tetra, wie zuvor auch bei Fluad®, auf die Herstellung in Hühnereiern.

Fluad Tetra ist adjuvantiert

Dennoch ist Fluad® Tetra ein „besonderer“ Grippeimpfstoff, denn als einziger enthält Fluad® Tetra, wie auch zuvor der trivalente Fluad®, ein Adjuvans. Ein Adjuvans ist eine Art Wirkverstärker. Bei Impfstoffen sollen Adjuvanzien die Immunantwort auf die verabreichte Impfung verstärken. Als Faustregel gilt: Je kleiner das geimpfte Antigen ist, umso mehr Adjuvans wird benötigt. 

Hinweis: Diese Faustregel gilt allerdings nicht für Lebendimpfstoffe, zum Beispiel Masern, Mumps, Röteln, Varizellen (Windpocken), oder Ganzkeim-Impfstoffe, zum Beispiel Pertussis (Keuchhusten), da diese auch ohne Wirkverstärker eine ausreichende Immunantwort erzielen.

Die Immunantwort von Fluad® Tetra verstärkt das Adjuvans MF59C, eine Öl-in-Wasser-Emulsion, bestehend aus Squalen, Polysorbat 80, Sorbitantrioleat, Natriumcitrat, Citronensäure und Wasser für Injektionszwecke.

Adjuvantierte Grippeimpfstoffe bevorzugen?

Fluad® Tetra ist, sofern die Europäische Kommission die Zulassung erteilt, der einzige Grippeimpfstoff der ein Adjuvans enthält. Wie auch Fluad® ist er nur zur Influenzaprophylaxe für Menschen ab einem Alter von 65 Jahren indiziert. Ältere Menschen haben oft eine reduzierte Immunantwort, so dass die saisonale Influenzaimpfung weniger wirksam sein kann als bei jüngeren Erwachsenen, eine Adjuvantierung also durchaus Sinn ergeben könnte. Sollten ältere Menschen folglich den adjuvantierten Grippeimpfstoff bevorzugt geimpft bekommen?

Das Robert Koch-Institut (RKI) hält sich bislang mit einer Impfpräferenz zurück: „Adjuvantierte Impfstoffe nehmen für sich in Anspruch, bei älteren Menschen einen besseren Schutz zu gewährleisten. Dies beruht im Wesentlichen auf Studien zur Antikörperbildung (Immunogenität). Ob adjuvantierte Impfstoffe aufgrund der stärkeren Antikörperbildung auch zuverlässiger gegen eine Erkrankung an Influenza schützen als nicht-adjuvantierte Impfstoffe, ist noch nicht abschließend geklärt“, erklärt das RKI auf seiner Homepage unter „Grippeschutzimpfung: Häufig gestellte Fragen und Antworten“. Zu diesem Schluss kam das RKI allerdings 2014, seither gibt es wohl keine neuen Erkenntnisse dazu, zumindest sind diese nicht auf RKI-Seiten veröffentlicht.

In den Vereinigten Staaten erteilte die FDA im Februar 2020 dem Vierfach-Grippeschutz die Zulassung, Handelsname ist dort Fluad Quadrivalent.