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Wer soll sich gegen Gürtelrose impfen lassen?

Die STIKO empfiehlt eine Gürtelroseimpfung unter bestimmten Voraussetzungen Menschen ab 50 Jahren. | Bild: WavebreakMediaMicro / AdobeStock

Seit März 2018 darf in der EU mit Shingrix gegen Gürtelrose geimpft werden. Zugelassen ist der Impfstoff zur Vorbeugung von Herpes Zoster (Gürtelrose) und postzosterischer Neuralgie bei Erwachsenen ab einem Alter von 50 Jahren sowie bei ab 18-Jährigen, die ein erhöhtes Risiko für Gürtelrose haben, beispielsweise aufgrund eines geschwächten Immunsystems. 

Das sagt die STIKO zur Gürtelrose-Impfung

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt den Gürtelroseschutz mit Shingrix standardmäßig bislang nur für ab 60-Jährige. Als Indikationsimpfung sieht die STIKO Shingrix bereits ab 50 Jahren vor, wenn die Patienten immunsupprimiert sind oder an einer schweren Grunderkrankung leiden.

Dabei denkt die Ständige Impfkommission an Menschen mit angeborener oder erworbener Immundefizienz oder Immunsuppression, HIV-Infektion, Rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) oder Asthma bronchiale, chronischer Niereninsuffizienz oder Diabetes mellitus.

Dosis versäumt: Wie wird geimpft?

Eine Impfserie mit Shingrix umfasst zwei Impfdosen, die im Abstand von mindestens zwei bis sechs Monaten intramuskulär verabreicht werden. Doch was passiert, wenn – wie in der Vergangenheit häufiger geschehen – aufgrund von Lieferengpässen eine begonnene Impfserie nicht wie geplant nach maximal sechs Monaten abgeschlossen werden kann?

Muss dann die Impfserie komplett neu gestartet werden? Nein. „Wurde der Impftermin für die 2. Impfstoffdosis versäumt und es sind mehr als 6 Monate zur vorangegangenen Impfdosis verstrichen, muss die Impfserie nicht neu begonnen werden. Die 2. Impfstoffdosis soll dann so bald wie möglich verabreicht werden“, schreibt das RKI

Eine Studie mit 354 Patienten zeigte, dass eine Zweitimpfung sowohl nach zwei wie auch nach sechs oder zwölf Monaten die Antikörperspiegel um mindestens das Vierfache erhöhte und eine ausreichende Immunität bot. 

Nun entspricht der gemessene Antikörperspiegel nicht der gesamten Immunantwort auf einen Impfstoff, doch hängt die Antikörpererhöhung mit dem Gürtelroseschutz zusammen. Und selbst zwölf Monate nach der zweiten Impfung (unabhängig, ob diese zwei, sechs oder zwölf Monate nach der ersten erfolgt war) lag der Antikörperspiegel noch 11,6-mal höher als vor einer Impfung mit Shingrix.

Zu früh geimpft – was tun?

Anders sieht es aus, wenn zu früh geimpft wird und zwischen der ersten und der zweiten Dosis weniger als der empfohlene Mindestabstand von zwei Monaten liegt. In diesem Fall „kann man davon ausgehen, dass kein wirksamer Immunschutz aufgebaut wird“, erklärt das RKI. Die Impfstoffdosis sollte daher nicht gewertet und die zweite Dosis erneut verabreicht werden – und zwar zwei bis sechs Monate nach der fälschlicherweise zu früh geimpften zweiten Dosis.

Wann bezahlt die Krankenkasse die Gürtelroseimpfung?

Die Schutzimpfungs-Richtlinie sieht eine Shingrix-Impfung derzeit nur für alle ab 60-Jährigen vor und für ab 50-Jährige mit Immunsuppression – entsprechend der Empfehlung der STIKO. 

Das bedeutet, dass auch nur für diese Menschen die Gürtelroseimpfung mit dem Totimpfstoff in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen fällt und diese die Impfung sodann auch erstatten. Ungeachtet der Zulassung bereits ab 18 Jahren erhalten damit nur ab 50-Jährige die Shingrix-Impfung als Kassenleistung.

Shingrix und Corona-Impfung – geht das gleichzeitig?

Zu Beginn der Corona-Impfkampagne riet die STIKO „im Sinne einer Vorsichtsmaßnahme“ noch zu einem Impfabstand von mindestens 14 Tagen zwischen der Verabreichung von Corona-Impfstoffen und anderen Totimpfstoffen. Das hat sich mittlerweile geändert. 

Mit dem Epidemiologischen Bulletin 39|2021 vom September 2021 erklärt die STIKO, dass zwischen COVID-19-Impfstoffen und Totimpfstoffen „kein Impfabstand mehr eingehalten werden“ muss. Damit dürfen Shingrix und Corona-Impfstoffe gleichzeitig verabreicht werden.

Shingrix impfen – auch unter immunsuppressiver Therapie?

Eine das Immunsystem schwächende Behandlung stellt laut der Fachinformation zu Shingrix keine Kontraindikation für eine Shingrix-Impfung dar – was gut ist, haben doch genau diese Patienten ein erhöhtes Risiko für eine Gürtelrose. 

In Zulassungsstudien waren auch Menschen mit immunsuppressiver Therapie eingeschlossen. Sie hatten niedrig dosiertes Cortison (entsprechend 10 mg Prednisolon oral oder inhalative/topische Corticoide) erhalten. Das RKI sieht auch bei Einzeltherapien mit Methotrexat (≤ 20 mg/Wo), Azathioprin (≤ 3 mg/kg/Tag), 6-Mercaptopurin (≤ 1,5 mg/kg/Tag), Ciclosporin (≤ 2,5 mg/kg/Tag), Leflunomid (≤ 20 mg/Tag), Mycophenolatmofetil (≤ 2.000 mg/Tag) und Tofacitinib (≤ 5–10 mg/Tag) kein Problem für eine Impfung mit dem Totimpfstoff. 

Diese Patienten sollten nach Einschätzung des RKI dann geimpft werden, wenn ihre Krankheitsaktivität möglichst gering ist, da dann die Wirksamkeit des Impfstoffes nicht „wesentlich“ beeinflusst werde. 

Anders bei schwer immunsupprimierten Patienten. Hier rät das RKI, am besten zwei bis vier Wochen vor Beginn der immunsuppressiven Behandlung die Impfserie abzuschließen oder – wenn das nicht möglich ist – dann zu impfen, wenn der immunsuppressive Effekt so gering wie möglich und die Erkrankung stabil ist. Zwar könne die Impfwirksamkeit eingeschränkt sein, doch gebe es keine Sicherheitsbedenken, erklärt das RKI.

Andere Impfstoffe gegen Gürtelrose

Shingrix ist nicht der einzige Impfstoff gegen Herpes Zoster. Neben dem Totimpfstoff Shingrix ist seit 2006 auch der Lebendimpfstoff Zostavax® zum Gürtelroseschutz zugelassen (verfügbar in Deutschland seit 2013). 

Allerdings ist Shingrix der einzige Gürtelrose-Impfstoff, den die STIKO empfiehlt (und die Krankenkasse erstattet): „Die Impfung mit dem Herpes-zoster-Lebendimpfstoff wird nicht als Standardimpfung empfohlen“, heißt es im Epidemiologischen Bulletin 34|2018. Warum ist das so? 

Laut Robert Koch-Institut (RKI) liegt es an der Wirksamkeit und der Wirkdauer von Zostavax®. So reduziere Zostavax® die Gesamtfallzahlen an Gürtelrose nur „gering“ – bei 50-Jährigen um 2,6 Prozent und bei ab 80-Jährigen um 0,6 Prozent. Zudem sei die Schutzdauer nur für wenige Jahre belegt. Hinzu kommt, dass Lebendimpfstoffe bei immungeschwächten Menschen kontraindiziert sind – doch genau sie haben, neben älteren Menschen, ein besonders hohes Risiko für Herpes Zoster.

Was tun nach früherer Zostavax®-Impfung?

Eine frühere Impfung mit Zostavax® schließt eine Impfung mit Shingrix nicht aus: „Personen, die in der Vergangenheit mit dem Herpes-zoster-Lebendimpfstoff (Zostavax®) geimpft wurden, können eine Impfung mit dem Herpes-zoster-Totimpfstoff (Shingrix) erhalten“, schreibt das RKI. 

Laut einer Studie erwies sich Shingrix, wenn die Vakzine fünf Jahre nach Zostavax® geimpft worden war, als genauso sicher und immunogen wie bei Impfung von zuvor Ungeimpften.

Wie funktioniert Shingrix?

Shingrix ist ein Subunit-Totimpfstoff gegen Gürtelrose (engl.: Shingles), der als Antigen auf eine Oberflächenstruktur (Oberflächenprotein) des Gürtelrose-Erregers setzt, die wichtig für die Vermehrung des Virus und Hauptziel der Immunantwort ist. Als Wirkverstärker setzt GSK bei Shingrix auf das Adjuvans AS01B, das Saponine und MPL (ein Lipid) enthält, die jeweils in Liposomen eingekapselt sind.

Zur Erinnerung: Was ist Gürtelrose?

Verantwortlich für Gürtelrose ist ein Herpesvirus, das Varicella-zoster-Virus (VZV). Es führt bei Erstinfektion zum Krankheitsbild der Windpocken, verbleibt danach jedoch ein Leben lang im Körper und kann bei Reaktivierung eine Gürtelrose auslösen. 

Somit ist Voraussetzung für einen Herpes Zoster eine frühere Infektion mit Windpockenerregern. Am häufigsten trifft eine Gürtelrose immungeschwächte und ältere Menschen. Doch auch immungesunde Jüngere sind nicht zu 100 Prozent vor einer Erkrankung gefeit. 

Eine Gürtelrose macht sich vor allem durch einen juckenden und schmerzenden Hautausschlag bemerkbar, meist an Bauchnabel und Brust, aber auch an Armen, Beinen, Oberschenkel oder Kopf, der sich erst nach zwei bis vier Wochen wieder bessert. Dem Hautausschlag können schon Tage zuvor Symptome vorauseilen – Schmerzen, Taubheitsgefühle, Kribbeln, Jucken sowie Rötungen, Schwellungen, Fieber und Kopfschmerzen. 

Nicht immer heilt eine Herpes-Zoster-Erkrankung problemlos aus. Komplikationen einer Gürtelrose können sich als Post-Zoster-Neuralgie – starke Nervenschmerzen – oder als Hirnhautentzündung äußern. 

Zur Behandlung einer Gürtelrose stehen antivirale Arzneimittel zur Verfügung. Immungesunde Menschen erhalten orale Antiviralia, zum Beispiel Aciclovir, während immungeschwächte Menschen Aciclovir-Infusionen verabreicht bekommen. 

Ein Herpes Zoster kann auch nach Impfung mit einem Lebendimpfstoff gegen Windpocken auftreten, allerdings ist das Risiko für eine Gürtelrose – laut RKI – bei geimpften Kindern drei- bis zwölfmal geringer als bei ungeimpften Kindern.