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Zum Tag der Epilepsie: Epilepsie besser verstehen

Scherenschnitt eines Kopfes liegt in Handflächen
Epilepsie kann auf unterschiedliche Weise auftreten. Vermutlich gibt es auch deshalb so viele Vorurteile. | Bild: Berit Kessler / AdobeStock

Die Epilepsie bezeichnet keine einheitliche Erkrankung. Sie umfasst vielmehr eine Gruppe unterschiedlicher Erkrankungsformen. Allen gemeinsam ist jedoch, dass von Zeit zu Zeit Anfälle auftreten – meist ohne erkennbaren Anlass. 

Circa 0,5 bis 1 Prozent der Bevölkerung leiden unter Epilepsie. Schätzungsweise 5 Prozent aller Menschen bekommen im Laufe ihres Lebens einen epileptischen Anfall, zum Beispiel wegen einer Dehydrierung, einer Verletzung oder aufgrund von hohem Fieber im Kleinkindalter (Fieberkrampf). Nur ein Teil dieser Menschen entwickelt aber tatsächlich die Krankheit Epilepsie, erleidet also wiederholt Anfälle. 

Zur Erinnerung: Wie entsteht ein epileptischer Anfall?

Bei der Epilepsie handelt es sich um eine neurologische Krankheit. Ein epileptischer Anfall wird dadurch hervorgerufen, dass sich ganze Verbände übererregbarer Nervenzellen plötzlich synchron entladen („Gewitter im Kopf“). Das Gleichgewicht zwischen erregenden Neurotransmittern (v. a. Glutamat) und hemmenden Neurotransmittern (v. a. Gamma-Amino-Buttersäure = GABA) ist gestört. 

Klassische Antiepileptika (z. B. Lamotrigin, Valproinsäure) erhöhen die Entladungsschwelle der Neuronen und können damit Anfälle verhindern. Zwei Drittel der mit Antikonvulsiva behandelten Patienten werden anfallsfrei. Epilepsiechirurgie, Vagusnerv- oder Hirnstimulation sind weitere Therapieverfahren. 

Epilepsie: Diese Anfallsformen gibt es

Je nachdem, welche Gehirnareale von den abnormen elektrischen Entladungen der Nervenzellen betroffen sind, verlaufen epileptische Anfälle unterschiedlich. Grundsätzlich unterscheidet man folgende Hauptgruppen.

Das sind zum einen fokale Anfälle, die an einem begrenzten Teil des Gehirns auftreten. Sie können mit Bewusstseinsstörung einhergehen (häufigste Anfallsform bei Erwachsenen) oder bei erhaltenem Bewusstsein und mit meist nur lokal begrenzten Muskelzuckungen, Missempfindungen, Sprachstörungen etc. ablaufen.  

Zum anderen gibt es generalisierte Anfälle, die von Anfang an große Teile des Gehirns betreffen und mit Bewusstseinsverlust verbunden sind. Es kommt zu Stürzen, zum Versteifen der Muskulatur und zu anschließenden Zuckungen am ganzen Körper mit nachfolgender starker Erschöpfung („Grand-Mal-Anfall“). Die Verletzungsgefahr ist hierbei groß.

Dagegen ist eine weitere Anfallsform – die sogenannte Absence – für Laien oft gar nicht zu erkennen. Betroffene verfallen in eine kurze Bewusstseinspause, verbunden mit leerem Blick und eventuell stereotypen Bewegungen (z. B. Blinzeln, Grimassieren). Danach nehmen sie übergangslos ihre vorherige Tätigkeit wieder auf.  

Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem epileptischen Anfall mit Bewusstseinsstörung:

Am wichtigsten ist es, anfallsbedingte Verletzungen zu verhindern. Deshalb: 

  • Den Betroffenen aus etwaigen Gefahrenzonen wie Treppennähe, Straßenverkehr etc. bringen, scharfkantige Möbel entfernen, evtl. Brille abnehmen und etwas Weiches unter den Kopf schieben.
  • Nicht versuchen, krampfende Gliedmaßen festzuhalten, festgehaltene Gegenstände mit Gewalt zu entfernen oder die Zähne auseinanderzubringen.
  • Kleidung lockern, um die Atmung zu erleichtern.
  • Möglichst während der gesamten Anfallsdauer beim Betroffenen bleiben. Ruhe bewahren. Ein epileptischer Anfall hört in der Regel von selbst wieder auf und schädigt das Gehirn nicht. Nach dem Anfall kann der Betroffene allerdings eine Zeit lang verwirrt sein.
  • Wenn der Betroffene nach dem Anfall schläft, ihn in eine stabile Seitenlage bringen (um Speichelabfluss zu ermöglichen).
  • Dauert der Anfall länger als 5 bis 10 Minuten oder treten mehrere Anfälle hintereinander auf, Notruf absetzen.

Epileptische Anfälle können spontan ohne ersichtlichen Grund auftreten, in anderen Fällen gibt es individuelle Auslöser. Dies können Schlafmangel, Alkohol, Medikamente, Drogen, flackerndes Licht oder Videospiele sein. Hier gibt es große Unterschiede von Person zu Person. Auch hormonelle Schwankungen (bei Frauen z. B. die Menstruation) sind mitunter Trigger für einen Anfall. 

Wie entsteht Epilepsie überhaupt?

Es gibt viele verschiedene Ursachen für Epilepsie: Hirnschädigungen während der Geburt, Kopfverletzungen, degenerative Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, Gehirntumoren, Alkoholmissbrauch u. a. Doch die Mehrzahl der Fälle lässt sich nicht auf eine erkennbare Ursache zurückführen (= idiopathische Epilepsien).  

Die Epilepsie ist bis auf wenige Ausnahmen keine klassische Erbkrankheit – wird also nicht direkt vererbt. Allerdings spielen genetische Faktoren bei der Entstehung einiger Epilepsieformen eine Rolle. Man geht außerdem davon aus, dass es eine genetisch bedingte Veranlagung dafür gibt, eine Epilepsie zu entwickeln, wenn weitere Einflüsse hinzukommen. 

Aber: Eine Epilepsie ist keine geistige Behinderung. Allerdings gibt es – meist genetisch bedingte – Formen der Hirnschädigung, die auch mit epileptischen Anfällen verbunden sind. Eine Epilepsie geht außerdem nicht zwangsläufig mit kognitiven Störungen, also Beeinträchtigungen in den Bereichen Konzentration, Gedächtnis, Lernen und Intelligenz, einher. Allerdings ist das Risiko für solche Beeinträchtigungen im Rahmen einer Epilepsie erhöht. 

Manche kognitiven Störungen treten nur vorübergehend nach einem Anfall auf. Aber auch zusätzliche angeborene oder erworbene Erkrankungen sind mögliche Ursachen für Hirnleistungseinbußen bei Epilepsie-Patienten. Darüber hinaus können Antiepileptika als Nebenwirkung kognitive Funktionen beeinträchtigen. Quellen: Deutsche Gesellschaft für Epileptologie e.V.; Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN); B. Schmitz: Reden über Epilepsie, TRIAS Verlag 2008; Deutsche Epilepsievereinigung e.V.  

Tag der Epilepsie am 5. Oktober

Die Krankheit Epilepsie ist seit jeher mit vielen Vorurteilen behaftet. Die Deutsche Epilepsievereinigung hat daher im Jahr 1996 den „Tag der Epilepsie“ ins Leben gerufen. 

Er findet jährlich am 5. Oktober statt und soll zu einem besseren Verständnis der Erkrankung beitragen. Das diesjährige Motto lautet: „Epilepsie – wir schreiben Geschichte“. Die bundesweite Zentralveranstaltung findet am 5. Oktober in Magdeburg statt.