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Zum Deutschen Lebertag am 20. November : Welche Lebererkrankungen gibt es?

Zwei Hände halten Leber aus Papier
Viele Lebererkrankungen bleiben wegen unspezifischer Symptome lange unentdeckt. | Bild: Ekaterina / AdobeStock 

Ihrer Leber schenken die meisten Menschen, etwa im Gegensatz zu ihrem Herzen, wenig Beachtung. Dabei stellt die Leber unser zentrales Stoffwechselorgan dar und übernimmt eine Vielzahl unverzichtbarer Funktionen. Lebererkrankungen gehören daher zu den wichtigsten Gesundheitsproblemen – und zu den häufigsten Todesursachen.  

Man schätzt, dass in Deutschland mindestens fünf Millionen Menschen eine Lebererkrankung haben. Viele Betroffene wissen gar nichts davon, denn Lebererkrankungen verursachen selten Schmerzen und weisen keine eindeutigen Symptome auf. Bei frühzeitiger Diagnose lassen sich aber in vielen Fällen schwerwiegende Folgen vermeiden.

Was auf eine Lebererkrankung hinweisen kann

Verschiedene, eher unspezifische Beschwerden können einen ersten Hinweis auf eine Erkrankung von Leber oder Galle liefern:

  • ständige Müdigkeit oder Erschöpfung
  • Konzentrationsstörungen
  • Druckgefühl im rechten Oberbauch
  • Juckreiz
  • heller Stuhl und dunkler Urin
  • Appetitverlust, Übelkeit, Erbrechen
  • Ekel vor bestimmten Speisen, vor allem Fleisch
  • Gewichtsveränderungen
  • Blähbauch
  • Nasenbluten und Blutergüsse
  • Gelbfärbung von Haut oder Augen
  • häufige Muskel- und Gelenkschmerzen
  • bei Männern Verminderung der Körperbehaarung im Brust-/Bauchbereich

Mit einem Lebertest-Fragebogen der Deutschen Leberstiftung kann man prüfen, ob man ein erhöhtes Risiko für Lebererkrankungen hat. Hinweise auf mögliche Leberstörungen geben zudem die Leberwerte im Blut – vor allem GPT, GOT und γ-GT – sowie eine Ultraschalluntersuchung.  

Zur Erinnerung: Die Aufgaben der Leber

Die Leber erfüllt viele lebenswichtige Funktionen, die bisher kein medizinisches Gerät über einen längeren Zeitraum übernehmen kann:  

  • Aufgaben im Kohlenhydratstoffwechsel: Verteilung von Glukose im Körper, Speicherung von Glukose in Form von Glykogen, bei Bedarf wieder Abgabe (Glykogenolyse), Bildung von Glukose aus Laktat oder Aminosäuren (Gluconeogenese)
  • Aufgaben im Fettstoffwechsel: Fettsynthese (Lipogenese), Abbau von Speicherfett (Lipolyse), Bildung von Cholesterin und Lipoproteinen
  • Aufgaben im Eiweißstoffwechsel: Ab- und Umbau von Nahrungseiweiß, Synthese wichtiger Proteine (z. B. Albumin), Hormone (z. B. Angiotensinogen, z. T. Erythropoetin), Blutgerinnungsfaktoren, Enzyme
  • Speicherung fettlöslicher Vitamine (D, E, A, K) und einiger Spurenelemente (Eisen, Zink, Kupfer, Mangan)
  • Produktion von Gallenflüssigkeit für die Fettresorption und die Ausscheidung von Abbauprodukten (z. B. Bilirubin) und Giftstoffen
  • Abbau- und Entgiftungsaufgaben: Biotransformation von Arzneimitteln, Alkohol, Schimmelpilzgiften etc., Umwandlung stickstoffhaltiger Stoffwechselendprodukte (Ammoniak) in Harnstoff

Von der Fettleber zum Leberzellkrebs

Die häufigste Leberveränderung in Deutschland ist die Fettleber. Sie bildet sich, wenn die Leber mehr Gifte verarbeiten oder mehr Fette aufnehmen muss, als sie abbauen oder speichern kann. Dann lagert sich zusätzliches Fett im Lebergewebe ab.  

Häufigste Ursache für eine Fettleber ist inzwischen nicht mehr Alkohol, sondern Fehl- und Überernährung mit starkem Übergewicht und Bewegungsmangel sowie ein bestehender Diabetes mellitus. Durch Lebensstiländerungen kann sich eine Fettleber wieder zurückbilden. Bleibt sie jedoch bestehen, entwickelt sich bei jedem zweiten Betroffenen daraus mit der Zeit eine Fettleberentzündung. 

Aus dieser Fettleberhepatitis kann im weiteren Verlauf eine Leberfibrose (Bindegewebsvermehrung) und daraus eine Leberzirrhose (Vernarbung der Leber) entstehen. Zu den möglichen Folgen einer entzündeten Fettleber zählt auch das Leberzellkarzinom – eine häufig tödliche Krebserkrankung.  

Aufgrund der starken Zunahme von Adipositas ist es in den vergangenen Jahren beim Leberzellkrebs zu einem Anstieg der Fallzahlen gekommen. Immer häufiger ist die Ursache eine nichtalkoholische Fettleberentzündung. Aber auch Giftstoffe wie etwa das Schimmelpilztoxin Aflatoxin können zu Leberzellkrebs führen. Weitere Risikofaktoren sind einige angeborene Stoffwechselkrankheiten wie die Hämochromatose (s. unten). 

Der Leberzellkrebs ist besonders tückisch, da diese Krebsart häufig erst spät diagnostiziert wird. Zu den Beschwerden im fortgeschrittenen Stadium zählen Gelbsucht, Übelkeit, Gewichtsabnahme und Oberbauchschmerzen. Je früher der Tumor entdeckt wird, desto besser sind die Heilungschancen.  

Hepatitis B, C und D – Gefahr durch chronischen Verlauf 

Die Folgegefahren Leberzirrhose oder Leberzellkrebs drohen auch bei einer viral bedingten chronischen Leberentzündung. Von Bedeutung sind vor allem die Hepatitis B und C.  

Das Hepatitis-B-Virus wird nur über Körperflüssigkeiten – vor allem infiziertes Blut, Sperma und Scheidensekret – weitergegeben. Hauptübertragungsweg ist ungeschützter Geschlechtsverkehr. Ein Infektionsrisiko besteht aber auch bei Tätowierungen unter nicht sterilen Bedingungen oder durch kleinste Hautverletzungen, etwa beim Barbier oder bei der Fußpflege. Bei ungefähr zehn Prozent der Infizierten heilt eine akute Hepatitis B nicht von selbst aus, sondern geht in eine chronische Verlaufsform über. Einen wirksamen Schutz bietet die Hepatitis-B-Impfung.  

Die Hepatitis-B-Impfung schützt auch vor dem Hepatitis-D-Virus. Es wird vor allem durch Blut und Blutprodukte übertragen. Die Hepatitis-D-Viruserkrankung ist die am schwersten verlaufende Virushepatitis und tritt nur zusammen mit einer Hepatitis B auf. Seit ungefähr zwei Jahren steht für die Hepatitis-D-Therapie erstmals ein Medikament (Bulevirtide) zur Verfügung.  

Das Hepatitis-C-Virus wird überwiegend durch Blutkontakt übertragen. Hauptübertragungswege sind der gemeinsame Gebrauch von Nadeln und Spritzen unter Drogenabhängigen sowie nicht sterile Tätowiernadeln, Piercings und Rasiermesser. Die Mehrheit der Infizierten entwickelt einen chronischen Hepatitis-C-Verlauf. Gegen Hepatitis C gibt es keinen Impfschutz. Mit neuen antiviralen Medikamenten kann die Erkrankung aber meistens geheilt werden.  

Eine Hepatitis-B- oder -C-Infektion verläuft lange Zeit symptomlos. Mehr als die Hälfte der Betroffenen weiß nichts von ihrer Infektion. Deshalb besteht seit circa einem Jahr der einmalige Anspruch auf einen Test auf Hepatitis B und C im Rahmen des allgemeinen Gesundheits-Check-ups für gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren.

Vorsicht Urlaubsmitbringsel: Hepatitis A und E

Das Hepatitis-A-Virus wird fäkal-oral übertragen, zum Beispiel über verunreinigtes Trinkwasser oder Nahrungsmittel. Infizierte Personen scheiden das Virus über den Darm aus. Die Hepatitis A wird auch als „Reisehepatitis“ bezeichnet, denn viele beliebte Urlaubsregionen wie der Mittelmeerraum oder Südostasien sind Risikogebiete. 

Die Infektion verläuft oft symptomlos. Eine akute Hepatitis A äußert sich mit gastrointestinalen Beschwerden und allgemeinem Krankheitsgefühl. Typisch sind Gelbsucht (Ikterus) und juckende Haut. Der Verlauf ist im Allgemeinen umso schwerer, je älter der Erkrankte ist. Dennoch heilt die Hepatitis A meist nach der akuten Infektion ohne ernsthafte Komplikationen aus und wird nicht chronisch. Es gibt für die Hepatitis A zwar keine spezifische Behandlungsmöglichkeit, jedoch einen Impfschutz.  

Ein ähnliches Krankheitsbild verursacht das Hepatitis-E-Virus. Es wird in Deutschland vor allem durch unzureichend gegartes Schweine- und Wildfleisch verursacht. Im Ausland gehen Infektionen vorwiegend auf kontaminiertes Wasser zurück. Bei immunsupprimierten Personen sind chronische Verläufe möglich.

Autoimmunerkrankungen der Leber 

Eine seltene Ursache einer chronischen Hepatitis ist die Autoimmunhepatitis. Hierbei kommt es durch eine immunologische Fehlsteuerung zu einem Angriff des Immunsystems auf die eigenen Leberzellen. Die Beschwerden sind meist unspezifisch bzw. ähneln denen anderer akuter oder chronischer Hepatitis-Erkrankungen. Unbehandelt kann die Autoimmunhepatitis zur Leberzirrhose und zum Leberzellkrebs oder zum akuten Leberversagen führen. Zur Behandlung werden Immunsuppressiva eingesetzt.  

Zwei weitere Autoimmunerkrankungen der Leber sind die Primär Biliäre Cholangitis (PBC) und die Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC). Bei der PBC handelt es sich um eine Entzündung der kleinen Gallengänge in der Leber, wodurch diese allmählich zerstört werden. Die PBC betrifft vor allem Frauen. Sie wird in der Regel mit Ursodesoxycholsäure behandelt. Mögliche Symptome sind Müdigkeit, Oberbauchbeschwerden, starker Juckreiz und Fettstühle.

Die Primär Sklerosierende Cholangitis betrifft häufiger Männer. Es handelt sich um eine Entzündung der größeren Gallenwege und Fibrosierung des umgebenden Gewebes. Die PSC kommt häufig zusammen mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung vor. Sie wird wie die PBC mit Ursodesoxycholsäure behandelt. Das Krebsrisiko ist erhöht. Mögliche Symptome sind Müdigkeit, Juckreiz, Gelbsucht, Oberbauchbeschwerden und Gewichtsverlust.    

Diese Krankheiten schädigen ebenfalls die Leber:

  • Eisenspeicherkrankheit Hämochromatose: Hierbei handelt es sich um eine meist genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung. Überschüssiges Eisen lagert sich in verschiedenen Organen ab, auch in der Leber, was zu schweren Organschäden (Leberzirrhose, Leberzellkrebs, Organversagen) führen kann. Die Eisenspeicherkrankheit wird vorwiegend mit Aderlass, alternativ mit einer Erythrozyten-Apherese (Entfernen von Erythrozyten aus dem Blut), behandelt.
  • Kupferspeicherkrankheit Morbus Wilson: Bei dieser sehr seltenen genetisch bedingten Erkrankung kann Kupfer nicht ausreichend ausgeschieden werden. Es sammelt sich unter anderem in der Leber an. Aufgrund der toxischen Wirkung des Kupfers kommt es zu Leberentzündung und -zirrhose. Zur Behandlung werden – lebenslang – Chelatbildner wie D-Penicillamin und Trientin eingesetzt.
  • Lysosomale Speicherkrankheiten: Bei diesen seltenen erblich bedingten Enzymmangelerkrankungen sammeln sich Stoffwechselprodukte in den Lysosomen an. So kommt es etwa beim Morbus Gaucher zur Anreicherung von nicht abgebauten Glukozerebrosiden in den Lysosomen, insbesondere in der Leber. Daraus resultieren Leberfunktionsstörungen. Behandelt wird mit einer lebenslangen Enzymersatztherapie.

Quellen: Deutsche Leberstiftung; Deutsche Leberhilfe e.V.; Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGSV); www.lebertag.org; Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten; Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) e.V.; Universitätsspital Zürich    

Deutscher Lebertag am 20. November 

Für Aufklärung sorgt der jährliche Lebertag am 20. November. Er informiert über Risiken, Prävention, Diagnose und Behandlung von Lebererkrankungen. Ausrichter sind die Deutsche Leberhilfe, die Deutsche Leberstiftung und die Gastro-Liga. 

Der diesjährige Deutsche Lebertag steht unter dem Motto „Kennen Sie Ihre Leberwerte?“ und macht auf die Bedeutung der Leberwerte im Blut, die wichtige Hinweise auf den Gesundheitszustand des Organs aufmerksam.