Aktuelles
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Leberzirrhose – schuld ist nicht immer Alkohol

Christian Helleberg (Mitte) bekam aufgrund einer Darmerkrankung eine Leberzirrhose. Behandelt wird er von den Leberexperten Prof. Jonel Trebicka (l.) und Dr. Silke Hölscher (r.). | Bild: UKM / Heine

Christian Helleberg ist erst 31 Jahre alt. Doch bereits vor fünf Jahren bekam er eine Spenderleber transplantiert. Seine eigene Leber war infolge einer Leberzirrhose lebensbedrohlich geschädigt. Dabei hatte der junge Mann aus dem nordrhein-westfälischen Meschede fast nie ein Glas Alkohol getrunken. Doch längst nicht immer muss bei einer Leberzirrhose Alkohol im Spiel sein. 

Was außer Alkohol noch zur Leberzirrhose führt

Nur in circa 50 Prozent aller Fälle von Leberzirrhose ist überhöhter Alkoholkonsum die Ursache. Auch eine ernährungsbedingte nichtalkoholische Fettleber kann im Laufe der Zeit in eine Leberzirrhose münden. 

Außerdem ist knapp ein Drittel der Leberzirrhosen viral bedingt, vor allem durch chronisch verlaufende Infektionen mit Hepatitis-B- oder -C-Viren. Doch in selteneren Fällen können auch einige nichtinfektiöse chronische Erkrankungen zur allmählichen Zerstörung des Lebergewebes führen – so wie bei Christian Helleberg. 

Gut zu wissen: Was passiert bei einer Leberzirrhose?

Bei einer Leberzirrhose wird die normale Beschaffenheit der Leber zunehmend zerstört. Zunächst wird das Lebergewebe mehr und mehr durch funktionsuntüchtiges Bindegewebe ersetzt (Fibrose). 

Das Gewebe verhärtet und vernarbt, wodurch die Leber immer mehr schrumpft. Daher bezeichnet man die Leberzirrhose auch als „Schrumpfleber“. Das zirrhotische Organ kann seine lebenswichtigen Aufgaben wie Stoffwechselvorgänge, Speicherfunktion und Entgiftung nur unzureichend oder gar nicht mehr erfüllen. 

Dieser Prozess entwickelt sich über Jahre oder Jahrzehnte. Eine Leberzirrhose wird oft erst spät erkannt. Unbehandelt droht ein Leberversagen.  

Im Anfangsstadium einer Zirrhose können unspezifische Symptome auftreten: Müdigkeit, Druckgefühl im Oberbauch, Übelkeit. Hinzu kommen Hautzeichen wie spinnennetzartige Gefäßneubildungen, Juckreiz, Verlust der Behaarung an Bauch und Brust, weiß gefärbte, aufgetriebene Nägel oder rote Handballen. 

Merkmale einer fortgeschrittenen Leberzirrhose sind zum Beispiel Gelbsucht, Wasseransammlung im Bauch (Aszites), Gewichtsverlust, innere Blutungen aus Krampfadern der Speiseröhre (Ösophagusvarizen), gestörte Gehirnfunktionen (hepatische Enzephalopathie) sowie Leberkrebs als Spätfolge.  

Leberkrank durch Darmerkrankung 

Schon seit seiner Jugend leidet Helleberg an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED). Trotz der damit verbundenen Einschränkungen machte er eine Ausbildung zum Karosserie- und Fahrzeugtechniker und arbeitet auch in diesem Beruf. 

Derzeit ist der 31-Jährige allerdings arbeitsunfähig und zur Behandlung im Universitätsklinikum Münster. Denn die CED hatte bei ihm schon vor Jahren eine gravierende Folge: die Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC). Die PSC ist eine Autoimmunerkrankung, die zur Entzündung der Gallenwege und Fibrose des umgebenden Gewebes führt. Langfristig kann die PSC eine Leberzirrhose verursachen. So erging es auch Christian Helleberg. 

Primär Sklerosierende Cholangitis: schwer zu behandeln

Bei rund 80 Prozent aller PSC-Patienten liegt ursächlich eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung zugrunde. Typischerweise sind vor allem junge Männer betroffen. Eine PSC ist oft schwer zu diagnostizieren. Häufig ist eine spezielle Kernspintomographie erforderlich – die Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie. 

Zur Behandlung der PSC wird Ursodesoxycholsäure eingesetzt. Der Therapieerfolg ist aber eher begrenzt. Daher stellt unter bestimmten Umständen eine Lebertransplantation die einzige Therapieoption dar. 

In diese Situation kam auch Christian Helleberg. Allerdings versagt jetzt auch die im Jahr 2018 transplantierte Leber zunehmend ihren Dienst. Aktuell wird der 31-Jährige wegen eines akuten CED-Schubs bei gleichzeitiger Blutstrominfektion mit Keimen aus den Gallengängen behandelt. Und er wartet ein weiteres Mal auf eine Spenderleber.  

Weitere Krankheiten mit Leberzirrhose als Folge 

Neben der Primär Sklerosierenden Cholangitis führt auch die Primär Biliäre Cholangitis (PBC) zur Entzündung von Gallengängen, fibrotischen Veränderungen und unbehandelt zur Leberzirrhose. Auch die PBC ist eine seltene Autoimmunerkrankung. Sie betrifft allerdings überwiegend Frauen mittleren Alters. Die Therapie mit Ursodesoxycholsäure ist hier häufig erfolgreich.  

Eine weitere Autoimmunerkrankung der Leber ist die Autoimmunhepatitis (AIH). Hier greift das Immunsystem die Leberzellen an, was zu einer schweren Hepatitis und in Folge zu einer Zirrhose führen kann. Die AIH wird immunsuppressiv behandelt.  

Bei einigen vererbten Stoffwechselerkrankungen besteht ebenfalls das Risiko, dass sich am Ende eine Leberzirrhose einstellt. Dazu gehören die Hämochromatose (vermehrtes Speichern von Eisen), der Morbus Wilson (gestörte Ausscheidung von Kupfer) und der Alpha-1-Antitrypsinmangel (Fehlen des Enzyms Alpha-1-Antitrypsin). Quellen: Universitätsklinikum Münster; Deutsche Leberstiftung; Universitätsspital Zürich