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Neuer Tarifvertrag in Sachsen: Wir beantworten Ihre Fragen!

Zwei Hände schütteln sich vor dem Schriftzug Tarifvertrag
Nach 20 Jahren wird ab 2023 ein neuer Tarifvertrag in Sachsen gültig sein. Neben der Freude hat dies auch einige Fragen aufgeworfen. | Bild: oatawa / AdobeStock

„Meine Apothekenleiterin möchte uns die Erhöhung nicht bezahlen. Ist sie dazu nicht verpflichtet?“ 

Der neue Tarifvertrag ist für den Arbeitgeber nur dann verpflichtend, wenn sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber Mitglied ihrer jeweiligen Tariforganisation sind. Sie als Angestellte einer öffentlichen Apotheke müssen also Mitglied bei der Apothekengewerkschaft Adexa sein, Ihr Arbeitgeber tarifgebundenes Mitglied im Sächsischen Apothekerverband (SAV). 

Die Mitgliedschaft im Landesapothekerverband ist freiwillig und Apothekeninhaber können zwischen einer Mitgliedschaft mit und ohne Tarifbindung wählen. Mitglieder mit Tarifbindung sind an die neuen Tarifverträge des Verbandes gebunden, Mitglieder ohne Tarifbindung nicht.

„Bekommt man die Erhöhung auch, wenn man kein Adexa-Mitglied ist?“

Wie oben beschrieben hat Anspruch auf ein tarifliches Gehalt, wer Mitglied der Arbeitnehmervertretung (Adexa) ist und wenn gleichzeitig der Arbeitgeber tarifgebundenes Mitglied im SAV ist.  

Außerdem haben Angestellte Anspruch auf die Erhöhung, bei denen eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag verankert ist, die lautet, dass der jeweils gültige Tarifvertrag gilt (oder „gilt der jeweils gültige Tarifvertrag zuzüglich xy Prozent“).  

Formulierungen wie „angelehnt an den jeweils gültigen Tarifvertrag“ oder „orientiert sich am …“ sind hingegen schwierig zu beurteilen und sollten durch einen Arbeitsrechtler überprüft werden.  

Keinen Anspruch aus dem Arbeitsvertrag haben Angestellte, bei denen ein genauer Betrag genannt wird (z. B. „Das Gehalt beträgt 2.500 Euro brutto“). Außerdem darf kein Zusatz enthalten sein, dass zukünftige Erhöhungen des Tarifgehalts auf die übertarifliche Zulage angerechnet werden können. Auch dies würde bedeuten, dass Ihr übertariflicher Gehaltsanteil abschmilzt. Sie hätten erst wieder Anspruch auf eine Gehaltserhöhung, wenn das Tarifgehalt höher ist als der übertarifliche Betrag, der in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbart ist.  

„Woher weiß ich, in welchem Berufsjahr ich mich befinde, wenn ich zwischenzeitlich in Elternzeit war?“

Die Berechnung der Berufsjahre beginnt mit dem Ersten des Monats, der auf die Erteilung der Berufserlaubnis folgt. Einfach ist die weitere Berechnung dann, wenn man immer mindestens 20 Stunden wöchentlich in einer öffentlichen Apotheke gearbeitet hat. Dann wird jedes Jahr angerechnet. Bei Unterbrechungen kommt es darauf an, warum diese erfolgen.

Unterbrechungen wegen Elternzeit wirken sich nicht im vollen Umfang aus. Hier werden je Kind zwölf, höchstens insgesamt 24 Monate angerechnet. Die Zeiten der gesetzlichen oder individuellen Beschäftigungsverbote im Zusammenhang mit dem Mutterschutz zählen zu den Berufsjahren.  

Aber auch dann, wenn man weniger als 20 Stunden in der Woche arbeitet, wird dies, dann allerdings nur anteilig, auf die Berufsjahre angerechnet. Hier muss man seine individuelle Arbeitszeit ins Verhältnis zur tarifvertraglichen Vollzeit (40 Stunden) setzen – oder als Adexa-Mitglied die Rechtsberatung mit der konkreten Berechnung beauftragen.  

„Meine Kollegin sagt, sie bekommt automatisch mehr Geld, weil sie vor Jahren eine Weiterbildung zur Fach-PTA absolviert hat. Stimmt das?“

Hier gibt es im Vertrag für Sachsen tatsächlich eine Besonderheit: das zweite freiwillige Zusatzmodul für Fort- und Weiterbildung. Hier hat die lange Diskussion über eine Honorierung von Fortbildungen erstmals zu einem tarifvertraglichen Ergebnis geführt. 

Zertifizierte Fach-PTA mit einer entsprechenden Qualifikation unter Anerkennung einer deutschen Landesapothekerkammer erhalten einen Zuschlag von 1,5 Prozent. Fach-PKA für BWL und Marketing erhalten einen Zuschlag von 2,5 Prozent.

Warum endet die Gehaltsstaffel nach 6 Jahren und nicht wie in den anderen Bundesländern nach 15 Jahren?

Dieser schnellere Anstieg ist als Anreiz für Berufsanfänger gedacht. So erreichen Angestellte nicht erst nach zehn oder 15, sondern bereits nach sechs Jahren die höchste Gehaltsstufe und erzielen schneller Gehaltssteigerungen als im restlichen Bundesgebiet.

„Warum gilt die Erhöhung nicht für PTA-Praktikanten?“

Auch Praktikanten profitieren vom neuen Tarifvertrag. Voraussetzung dafür sind aber auch hier die Mitgliedschaften beider Parteien in den jeweiligen Verbänden bzw. der Arbeitnehmervertretung oder eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag.  

Grundsätzlich gelten für Auszubildende und Praktikanten jedoch andere Regeln – vor allem hinsichtlich des Mindestlohns. Seit 2020 gibt es einen Azubi-Mindestlohn. Dieser erhöht sich entsprechend den Vorgaben des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) jährlich.  

PTA-Praktikanten erhalten ab dem 1. Januar 2023 in Sachsen 793 Euro brutto.

„Sind die Tarifgehälter für eine 40-Stunden-Woche berechnet?“

Die Tarifgehälter in der Gehaltstariftabelle beziehen sich auf eine Vollzeittätigkeit von 40 Wochenstunden. Werden weniger Stunden gearbeitet, gibt es einen anteiligen Anspruch je nach Stundenzahl.

„Wie wird die Gehaltserhöhung finanziert?“

Die Kosten müssen die Apotheken selbst tragen. Öffentliche Mittel gibt es hierfür keine.

„Gilt das auch, wenn ich meinen Arbeitsvertrag vor dem 1. Januar 2023 unterschrieben habe?“

Auch hier kommt es maßgeblich auf die Mitgliedschaften von Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. die Formulierung im Arbeitsvertrag an. Sind Sie Mitglied bei Adexa und der Arbeitgeber tarifgebundenes Mitglied beim Arbeitgeberverband, gilt die Tarifbindung. Andernfalls sollte die Formulierung „dass der jeweils gültige Tarifvertrag gilt ...“ enthalten sein, um von der Gehaltserhöhung zu profitieren.