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Zum Welthändehygienetag am 5. Mai: Was steckt eigentlich in Hände­desinfektionsmitteln?

Flaschen mit Händedesinfektionsmittel
Desinfektionsmittel-Fläschchen für unterwegs sind typische Apothekenware.  | Bild: Tobias Arhelger / AdobeStock

Zubereitungen zur Desinfektion sind gängige Produkte im Sortiment einer jeden Apotheke. Durch die Corona-Pandemie sind sie auch in den Blickpunkt der breiten Öffentlichkeit gerückt. Doch welche Stoffe sind eigentlich für die Wirkung dieser hygienischen Errungenschaft verantwortlich? 

Wirksamkeitsunterschiede von Desinfektionsmitteln

Unter Desinfektionsmitteln versteht man antimikrobiell wirksame Substanzen, die zur Prävention von Infektionen eingesetzt werden. Sie sollen pathogene Keime und Sporen auf Körperoberflächen, Gegenständen und Flächen in einen Zustand versetzen, in dem diese nicht mehr infektiös sind. 

Die verschiedenen Substanzen unterscheiden sich dabei in ihren Wirkungsbereichen: Die meisten Desinfektionsmittel töten Bakterien, Pilze und Pilzsporen zuverlässig ab. Diese Stoffe werden laut dem Robert Koch-Institut mit dem Buchstaben A gekennzeichnet. Desinfektionsmittel, die in der Lage sind, Viren zu inaktivieren, werden dem Buchstaben B zugeordnet. 

Als „begrenzt viruzid“ werden dabei solche Substanzen bezeichnet, die nur gegen behüllte Viren wie SARS-CoV-2, HIV, Influenza- und Ebolaviren wirken. In Hinblick auf die Viruswirksamkeit stellt dabei „begrenzt viruzid“ die Mindestanforderung an ein Desinfektionsmittel dar.

Die nächste Wirksamkeitsstufe wird dann als „begrenzt viruzid plus“ bezeichnet. Hier liegt zusätzlich zur Wirkung gegen behüllte Viren auch eine Wirksamkeit gegen manche unbehüllte Viren wie Adenoviren, Noroviren und Rotaviren vor.

Grundsätzlich sind behüllte Viren durch Desinfektionsmittel leichter zu inaktivieren als solche ohne Hülle. Doch auch in der Gruppe der unbehüllten Viren sind einige eher gegenüber Desinfektionsmitteln empfindlich als andere. Nur wenige Desinfektionsmittel wirken gleichsam gegen behüllte und unbehüllte Viren, diese werden als „viruzid“ bezeichnet. 

Zur Erinnerung: Richtige Anwendung entscheidend

Ob ein Desinfektionsmittel seine Wirkung richtig entfalten kann, hängt auch vom Anwender ab. Bei der Anwendung der Zubereitungen sollte unbedingt auf eine ausreichende Benetzung und das Einhalten der vorgeschriebenen Einwirkzeit geachtet werden.

Die Anwendung von Händedesinfektionsmitteln sollte grundsätzlich nur auf trockenen Händen erfolgen. Dabei ist die ganze Hand, insbesondere auch Fingerspitzen, Nagelfalze und Daumen, zu benetzen. Zudem müssen während der Einwirkzeit die Hände ausreichend feucht gehalten werden, dazu sind meist mindestens 3 ml Desinfektionsmittel nötig.

Alkohole zur Händedesinfektion

Zur Desinfektion der Hände kommen überwiegend verschiedene Alkohole zum Einsatz. Sie besitzen eine schnelle Wirkung und verdunsten ohne Rückstand von der Haut. Dabei spielen vor allem die kurzkettigen, einwertigen Alkohole wie Ethanol, 1-Propanol und 2-Propanol (Isopropanol) eine Rolle.

Zur Verwendung in Händedesinfektionsmitteln werden dabei Alkohol-Wasser-Mischungen wie Ethanol 80% (V/V) und 2-Propanol 70% (V/V) eingesetzt. 1-Propanol wird nur als Mischung mit den beiden anderen Alkoholen verwendet.

Alle drei Substanzen weisen eine gute bakterizide Wirkung auf und auch gegenüber behüllten Viren zeigen sie eine gute Wirksamkeit. Gegenüber unbehüllten Viren sind die beiden Propanol-Verbindungen jedoch nicht ausreichend wirksam. 

Bei Zubereitungen mit Ethanol ist für die Wirksamkeit gegen unbehüllte Viren eine hohe Konzentration von etwa 90% (V/V) nötig. Werden jedoch Säuren, wie Milchsäure oder Phosphorsäure, zugesetzt, sind auch niedrigere Ethanol-Konzentrationen ausreichend.

Der Zusatz nichtflüchtiger Ammoniumverbindungen, wie Chlorhexidin, Benzalkoniumchlorid oder Mecetroniumetilsulfat, bringt hinsichtlich der Wirksamkeit hingegen keinen weiteren Vorteil. Dagegen steigt bei längerfristiger Anwendung das Risiko von Hautreizungen und resorptiven Nebenwirkungen.

Alkoholische Desinfektionsmittel toxikologisch unbedenklich

Die drei vorgestellten Alkohole (Ethanol, 1- und 2-Propanol) werden bei sachgerechter Anwendung auf intakter Haut kaum resorbiert. Eine Aufnahme der leichtflüchtigen Verbindungen kann aber über die Atemwege erfolgen. Allerdings sind für keinen der genannten Alkohole bisher Vergiftungen durch eine solche Inhalation bekannt.

Da jedoch die inhalative Toxizität von Ethanol geringer als die von 2-Propanol ist, kann es bei empfindlichen Personen wie Neugeborenen, Kleinkindern und Patienten mit Atemwegserkrankungen sinnvoll sein, ethanolhaltige Händedesinfektionsmittel zu bevorzugen.

Ethanolische Desinfektionsmittel: Diese Vergällungsmittel kommen zum Einsatz

Die steuerfreie Herstellung ethanolhaltiger Händedesinfektionsmittel ist nur mit vergälltem Alkohol möglich. Vergälltes Ethanol wurde durch Zusatz bestimmter Stoffe für Trink- und Genusszwecke unbrauchbar gemacht.

In Deutschland wird als Vergällungsmittel meist Methylethylketon verwendet: 100 Liter Ethanol werden dabei mit 1 Liter der auch als 2-Butanon bezeichneten Flüssigkeit vergällt. Ebenso möglich ist auch der Zusatz von 1 Liter 2-Propanol.

Bei manchen Desinfektionsmitteln ist der enthaltene Alkohol auch durch die Substanz Denatoniumbenzoat (Bitrex®) vergällt. Die quartäre Ammoniumverbindung schmeckt auch in hoher Verdünnung äußerst bitter – bereits 1 Gramm reicht aus, um 100 Liter Ethanol ungenießbar zu machen.

Bitrex® wird oft Händedesinfektionsmitteln, die zur Anwendung bei Kindern gedacht sind, zugegeben. Durch den unangenehmen Geschmack soll verhindert werden, dass die Kinder die Hände nach der Anwendung in den Mund nehmen.

Welche Substanzen sind noch enthalten?

Händedesinfektionsmittel können auch Duftstoffe wie (+)-Limonen, Citral, Geraniol und Eugenol oder Farbstoffe wie Patentblau V enthalten. Bei empfindlicher Haut sollte auf die Anwendung dieser Substanzen allerdings verzichtet werden, da sie häufig die Haut reizen und Allergien auslösen können.

Zur besseren Hautverträglichkeit können Desinfektionsmittel auch Glycerol 85% oder Dexpanthenol enthalten. Teilweise werden auch speziell rückfettende Substanzen wie der Fettalkohol Tetradecan-1-ol hinzugefügt. Doch auch diese Zusatzstoffe können zu Irritationen auf der Haut führen.

Alkoholfreie Händedesinfektionsmittel: Nicht erste Wahl

Händedesinfektionsmittel sind auch ohne Alkohole erhältlich. Diese werden zum Teil als ökologische Desinfektionsmittel mit besonders guter Hautverträglichkeit beworben. Die Produkte enthalten unter anderem Natriumhypochlorit, Wasserstoffperoxid, Silbersalze oder elementares Silber.

Laut Herstellerangaben sind auch diese Händedesinfektionsmittel „bakterizid“ und „begrenzt viruzid“ wirksam. Teilweise sind die Zubereitungen jedoch aufgrund einer Übergangsregelung zur Biozid-Verordnung verkehrsfähig und es können daraus keine eindeutigen Aussagen zur Wirksamkeit abgeleitet werden. Hinzu kommt, dass Präparate mit Silberionen oder Silbernanopartikeln auch aus toxikologischen Gründen zur Händedesinfektion nicht zu empfehlen sind. 

Zur Desinfektion der Hände sind alkoholische Zubereitungen mit der Bezeichnung „begrenzt viruzid“ daher eindeutig erste Wahl.

Sind Wundantiseptika zur Händedesinfektion geeignet?

Wundantiseptika enthalten meist antiseptische Wirkstoffe wie Octenidindihydrochlorid, Polihexanid oder Povidon-Iod. Die Substanzen wirken zuverlässig antibakteriell und fungizid, ihre Wirkung gegen Viren ist aber meist nicht ausreichend belegt. Zudem wären die Einwirkzeiten zur Desinfektion unverhältnismäßig lange. Aus diesem Grund können Wundantiseptika zur täglichen Händedesinfektion nicht empfohlen werden.

Umgekehrt sind auch die zur Händedesinfektion eingesetzten Alkohol-Wasser-Mischungen zur Desinfektion von Wunden nicht geeignet. Bei offenen Hautstellen verursachen die Präparate ein schmerzhaftes Brennen.

Händedesinfektion verträglicher als Händewaschen

Hartnäckig hält sich bei Verbrauchern die Ansicht, dass alkoholische Händedesinfektionsmittel die Haut austrocknen. Bei der eigentlichen Händedesinfektion werden die Fette der Haut durch die enthaltenen Alkohole zwar aus der Hornschicht (Stratum corneum) herausgelöst, da das Desinfektionsmittel jedoch nicht abgewaschen wird, verbleiben diese überwiegend auf der Haut.

Beim Waschen der Hände mit Seife werden die Lipide dagegen herausgelöst und abgewaschen. Darunter leidet die Barrierefunktion der Haut. Gerade bei trockener Haut ist Desinfizieren daher besser verträglich als das Händewaschen. Quellen: DAZ 47 2017; RKI; DAZ 2017; Bode-Chemie

 

Gut zu wissen: Was tun, wenns brennt?

Wenn die Haut bei der Anwendung von Händedesinfektionsmitteln brennt oder es zu Hautrötungen kommt, dann ist die Haut bereits vorgeschädigt. Abhilfe kann hier eine konsequente Handpflege mit geeigneten Pflegeprodukten schaffen.