Aktuelles
3 min merken gemerkt Artikel drucken

Herzstillstand: Was bewirkt Kälte?

Frauenhände machen Herzdruckmassage auf nacktem Oberkörper
Eine Kältebehandlung nach Herzstillstand kann das Absterben von Nervenzellen verzögern. | Bild: Ralf Geithe / AdobeStock

Immer mal wieder lassen Berichte über spektakuläre Rettungen aufhorchen. Besonders verwundert es, wenn Menschen zum Beispiel noch nach Stunden aus einem kalten Gewässer oder einer Schneelawine geborgen und wiederbelebt werden können. Erst recht, wenn die Betroffenen keine bleibenden Schäden davontragen. Solche Fälle zeigen, dass Kälte lebensrettend sein kann. 

Warum Kälte Leben retten kann

Auf Kälte setzt man deshalb auch bei Menschen, die nach einem Herzstillstand erfolgreich wiederbelebt werden. Denn schon kurze Zeit nach einem Herzstillstand setzen physiologische Vorgänge ein, die das Hirn schädigen. 

Durch Absenkung der Körpertemperatur – die sogenannte therapeutische Hypothermie – verlangsamen sich die Stoffwechselprozesse und der Sauerstoffbedarf des Gehirns nimmt ab. Dadurch kann das Absterben von Nervenzellen verzögert werden.  

Allerdings darf der Körper nicht zu stark abgekühlt werden. Sonst könnte es zu Herzrhythmusstörungen oder gar einem erneuten Herzstillstand kommen. Als sicher hat sich eine Absenkung der Körpertemperatur auf 32 bis 34 Grad Celsius erwiesen. 

Diese kann auf verschiedene Weise vorgenommen werden: Durch Kühlung der Körperoberfläche, beispielsweise indem kalte Luft den Körper umspült, oder innerlich durch kalte Infusionen oder spezielle Kühlkatheter.  

TK-Pommes retten Leben!

Anlässlich des Tags der Kälte am 26. Juni hat das Deutsche Tiefkühlinstitut e. V. (dti) eine außergewöhnliche Lebensrettung mit Tiefkühlprodukten zusammengefasst: Im bayerischen Pfuhl erlitt ein Mann mitten in einem Supermarkt einen Herzstillstand. Seine Lebensretterin kühlte seine Körpertemperatur bis zur Ankunft des Krankenwagens mit TK-Pommes herunter.

Körperkühlung in Leitlinien empfohlen

Die Hypothermie-Behandlung wird in internationalen Leitlinien empfohlen. Demnach soll das kühlende Temperaturmanagement dann angewendet werden, wenn Patienten nach einem plötzlichen Herzstillstand bewusstlos in der Notfallstation eingeliefert werden.

Allerdings fehlten für diese Behandlungsvorgabe ausreichende wissenschaftliche Beweise. So stützte man sich vor allem auf die Ergebnisse kleiner, vor rund 20 Jahren durchgeführter Studien. 

Diese ergaben erhöhte Überlebenschancen für Menschen, die nach einem Herzstillstand wiederbelebt wurden. Neuere Studien ließen jedoch Zweifel am Nutzen der Körperkühlung aufkommen.

Neue Studienergebnisse zeigen keinen Vorteil der Körperkühlung

Vor zwei Jahren lieferte eine große Studie zur Hypothermie-Behandlung eine neue Datengrundlage: Hier ergab sich kein Überlebensvorteil für jene Patienten, die nach Herzstillstand für 28 Stunden auf 33 Grad Celsius Körpertemperatur gekühlt wurden. 

In den ersten sechs Monaten nach dem Ereignis überlebte rund die Hälfte der Patienten. Ungefähr ebenso viele waren es auch in der Vergleichsgruppe, bei der eine Normaltemperatur von circa 37,5 Grad eingestellt wurde. Auch beim neurologischen Zustand der Patienten ergab sich kein Unterschied zwischen den Gruppen.  

Jedoch sprechen diese Ergebnisse nach Expertenmeinung nicht unbedingt für die Wirkungslosigkeit der Hypothermie-Behandlung. Vielmehr hätte sich die Gesamtbetreuung von Herzstillstand-Patienten inzwischen verbessert – von frühzeitigen Reanimationsmaßnahmen und einer schnellen Defibrillation über professionelle Intensivpflegemaßnahmen bis hin zu einer guten Rehabilitation. 

Da falle das Temperaturmanagement möglicherweise nicht mehr so stark ins Gewicht wie früher, sondern sei nur noch ein Faktor unter vielen. Quellen: Universitätsspital Bern; DocCheck; Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften