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Uhthoff-Phänomen: Was MS-Patienten bei Hitze beachten sollten

Schwitzende Frau sitzt erschöpft auf Parkbank, Wasserflasche in der Hand
Hohe Temperaturen können bei MS-Erkrankten Schub-ähnliche Symptome hervorrufen. | Bild: Goffkein / AdobeStock

Bei vier von fünf Menschen mit Multipler Sklerose (MS) verschlechtert Hitze die Symptome ihrer Erkrankung(„Journal of Neurological Sciences“: „Influence of temperature changes on multiple sclerosis: critical review of mechanisms and research potential“) . Dahinter steckt das Uhthoff-Phänomen: Die Leitfähigkeit der demyelinisierten Axone verschlechtert sich bei höheren Temperaturen, was die neurologischen Symptome der MS-Patienten vorübergehend verschlimmert. 

Zur Erinnerung: Was ist die Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Weltweit leben rund 2,8 Millionen Menschen mit der Autoimmunerkrankung, bei der das eigene Immunsystem die Ummantelung der Nervenbahnen (sog. Myelinscheiden) angreift und beschädigt. Reize, die über die Nerven transportiert werden, kommen in der Folge immer langsamer und ohne medizinische Behandlung gar nicht mehr an. 

Diese Schädigungen äußern sich häufig in Symptomen wie Sehstörungen, Taubheitsgefühlen und Lähmungserscheinungen. Doch gibt es nicht „das eine“ typische Krankheitsbild. Symptome und Anzeichen können komplett unterschiedlich und für Außenstehende nicht direkt zu erkennen sein. MS wird daher auch als „die Krankheit der 1.000 Gesichter“ bezeichnet.  

Was ist das Uhthoff-Phänomen?

Erstmals beschrieb der Augenarzt Wilhelm Uhthoff (1853–1927), dass die Sehschärfe bei Menschen mit Multipler Sklerose vorübergehend abnimmt, wenn sie sich körperlich angestrengt hatten. 

Im weiteren Sinn versteht man unter dem Uhthoff-Phänomen jedoch nicht nur die Abnahme der Sehschärfe durch die reversible Leitfähigkeitsblockade des bereits vorgeschädigten Sehnervs, sondern die temporäre Verschlechterung aller neurologischen Symptome bei MS-Erkrankten. Dazu zählen z. B. Fatigue (MS-bedingte Erschöpfung), Seh- und Sensibilitätsstörungen, Schwindel, Lähmungen, Spastiken, Schmerzen oder kognitive Probleme. 

Diese vorübergehende Verschlechterung ist kein Schub. Es gilt daher, das Uhthoff-Phänomen von tatsächlichen MS-Schüben abzugrenzen. Welche Tipps können PTA ihren Kunden mit einer MS-Erkrankung geben?

Zur Erinnerung: Was ist ein MS-Schub?

Laut der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (dmsg) versteht man unter einem MS-Schub „das erstmalige oder erneute Auftreten von Krankheitszeichen, die mehr als 24 Stunden anhalten, sich dann aber ganz oder teilweise zurückbilden“.Quelle: Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V. 

Woran erkennt man, ob es ein Pseudoschub ist?

Heiße Bäder, Saunen, Fieber sowie die Sommerhitze verschlechtern bei einem Großteil der Menschen mit MS ihre krankheitsbedingten Symptome. Arzneimittel dagegen gibt es nicht. Diese sind auch nicht erforderlich, da es sich um keine Schub-bedingte Verschlechterung der Erkrankung handelt, sondern um einen sogenannten „Pseudoschub“. Dieser verschwindet bei „ausreichender Kühlung“ wieder, erklärt AMSEL – Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V.

Bei Unsicherheit darüber, ob es sich um einen Schub oder einen hitzebedingten Pseudoschub handelt, könne ein einfacher Test durchgeführt werden: Bilden sich die Symptome unter einer kalten Dusche zurück, war es meist das Uhthoff-Phänomen.

Wie kann man dem Uhthoff-Phänomen vorbeugen?

Bei mit der Hitze zunehmenden Beschwerden könne damit „jegliche Form der Kühlung“ helfen, erklärt AMSEL – und denkt dabei an Kühlkleidung, zum Beispiel spezielle Kühlanzüge, -westen, -stirnbänder, -hauben oder -strümpfe. Zusätzlich sollten Erkrankte bei sommerlichen Temperaturen körperliche Anstrengung möglichst vermeiden und sich mit kühlem Wasser – in Form von Getränken, Eis, Dusche und Fußbad – abkühlen.

In Innenräumen helfen Klimaanlagen, die hohen Temperaturen zu senken. Auch frühmorgendliches Lüften und anschließendes Verdunkeln mittels Jalousien hält die Hitze draußen. Im Freien gelten die üblichen Verhaltensregeln: Im Schatten aufhalten, Kopfbedeckung tragen und Mittagshitze meiden. Quelle: AMSEL – Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V.