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Was ist eigentlich ein Dekubitus?

Wundverband wird auf Dekubitus-Stelle aufgebracht
Die Wundheilung bei Dekubitus erfolgt mittels feuchter Wundbehandlung. Zum Einsatz kommen Hydrogel- und Hydrokolloid-Verbände sowie (bei mehr Wundsekret) Alginatverbände und Polyurethan-Schaumverbände. | Bild: Trip / AdobeStock

Ob im Sitzen oder Liegen – ein gesunder, beweglicher Mensch verändert normalerweise immer wieder seine Lage, auch unbewusst. Dadurch findet ein ständiger Wechsel zwischen Druckbelastung und -entlastung auf das Gewebe statt. 

Anders ist dies bei Menschen, die sich kaum oder gar nicht eigenständig bewegen können, sei es wegen Krankheit, Schwäche oder weil sie im Rollstuhl sitzen. Dann ist die Gefahr groß, dass es an besonders belasteten Körperstellen zum Wundliegen kommt. Es bildet sich ein Dekubitus, auch Druckgeschwür genannt. 

Dekubitus durch anhaltende Druckbelastung

Ein Dekubitus ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut bzw. des darunterliegenden Gewebes. Es entsteht, wenn auf eine Körperstelle über längere Zeit Druck einwirkt. Hauptursache ist meist eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des Betroffenen. Sie verhindert, dass Ausgleichsbewegungen den Druck verlagern.  

Durch den anhaltenden Druck werden Blutgefäße zusammengedrückt. Das Gewebe wird in der Folge nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und dadurch geschädigt. Außerdem können sich bei starker Druckeinwirkung auch (Muskel-)Zellen verformen und infolgedessen absterben.

Zusätzliche Faktoren erhöhen das Risiko für einen Dekubitus. Dazu zählen beispielsweise 

  • schlechter Hautzustand, 
  • Mangelernährung (v. a. Eiweißmangel), 
  • Über- oder Untergewicht, 
  • Sensibilitätsstörungen, 
  • Diabetes 
  • sowie Feuchtigkeit durch Inkontinenz oder starkes Schwitzen.  

Typische Gefahrenstellen für ein Druckgeschwür

Druckgeschwüre bilden sich bevorzugt an Körperstellen, auf die auch von innen z. B. durch Knochen Druck einwirkt und die zudem wenig durch Muskel- und Fettgewebe gepolstert sind. 

Gefahrenzonen sind bei bettlägerigen Personen insbesondere die Steißregion, Fersen, Schulterblätter, Ellenbogen und auch der Hinterkopf. Liegen die Patienten auf der Seite, sind auch Ohrmuscheln, Oberschenkel, Knie und Fußknöchel Dekubitus-gefährdet. Bei Menschen, die im Rollstuhl sitzen, bilden sich Druckgeschwüre häufig im Bereich der Sitzbeinhöcker.

Neben Druckbelastungen begünstigen auch Scherkräfte einen Dekubitus. Scherkräfte entstehen, wenn Hautschichten gegeneinander verschoben werden. Sie sind vor allem im Pflegebereich relevant, etwa wenn die pflegebedürftige Person zum Umdrehen über die Liegefläche gezogen wird. 

Auch beim Herunterrutschen im Rollstuhl oder aus einer sitzenden Position im Bett wirken Scherkräfte. Sie können dazu führen, dass Blutgefäße verdrillen, was ebenfalls die Blutzirkulation behindert.  

Verschiedene Dekubitus-Stadien

Ein Dekubitus gibt sich zu Beginn als kleine bleibende Hautrötung zu erkennen. Mit dem „Fingertest“ lässt sich die Schädigung prüfen: Drückt man mit dem Finger kurz auf die gerötete Hautstelle und wird die Haut nicht blass, sondern bleibt rot, liegt ein Dekubitus vor. 

Wird die Stelle nicht unverzüglich druckentlastet, entwickelt sich Dekubitus-Stadium II: Neben der Epidermis sind dann auch Teile der Dermis in Mitleidenschaft gezogen. Die Schädigung zeigt sich in Gestalt einer Blase, einer Hautabschürfung oder eines flachen Geschwürs. Der Hautdefekt nässt und ist jetzt sehr infektionsanfällig.  

Eine Weiterentwicklung zum Stadium III ist durch eine Tiefenschädigung charakterisiert: Alle Hautschichten sind abgestorben. Zusätzlich ist subkutanes Gewebe bis hin zum darunterliegenden Muskel geschädigt oder abgestorben. Es zeigt sich ein tiefes, offenes Geschwür mit blau-schwarzen nekrotischen Stellen.  

Im Stadium IV ist das Gewebe tiefgreifend zerstört, bis hin zu den Knochen oder stützenden Strukturen wie Sehnen und Gelenkkapseln.  

Hilfsmittel für die Dekubitus-Prophylaxe 

Um einem Dekubitus vorzubeugen, ist Druckentlastung wichtig. Wenn möglich, sollte die Eigenbeweglichkeit der Patienten gefördert werden. Bei Immobilität sind häufige Positionswechsel wichtig. 

Hilfreich ist es, an gefährdeten Körperstellen im Wechsel flache Kissen unterzulegen. So kann man zum Beispiel immer wieder die Fersen frei lagern, indem man ein kleines Kissen unter die Unterschenkel legt.

Für Personen, die stark Dekubitus-gefährdet sind, kann der Arzt spezielle Hilfsmittel verordnen. Das sind zum Beispiel Anti-Dekubitus-Schaumstoffmatratzen, Gelauflagen oder Luftkissen. 

Eine Option sind auch elektrisch betriebene Wechseldruckmatratzen. Darüber hinaus gibt es intelligente Anti-Dekubitus-Matten, die mittels Sensoren das Risiko für Dekubitus erkennen und über eine App das Pflegepersonal oder die Angehörigen informieren.  

Dekubitus durch richtige Hautpflege vorbeugen

Präventiv spielt auch die Hautpflege eine große Rolle. Zur Reinigung sollten pH-neutrale Waschlotionen und zum Eincremen Wasser-in-Öl-Emulsionen verwendet werden. Starkes Rubbeln und Massieren gilt es zu vermeiden. 

Von porenabdichtenden Fettprodukten wie Melkfett, Vaseline oder Babyöl wird abgeraten, ebenso vom austrocknend wirkenden Franzbranntwein sowie von Zinkpasten. Um langes Feuchtliegen bei Inkontinenz oder starkem Schwitzen zu vermeiden, kann es jedoch sinnvoll sein, eine Barrierecreme (z. B. Cavilon™) einzusetzen.  

Im Rahmen der Dekubitus-Prophylaxe sollte auch auf eine (haut-)gesunde Ernährung geachtet werden. Wichtig ist die Zufuhr von ausreichend Eiweiß, Mineralstoffen und Spurenelementen (v. a. Eisen und Zink) sowie den Vitaminen A und C.  

Dekubitus-Behandlung: vollständige Druckentlastung und feuchte Wundbehandlung

Wenn es bereits zu einem Druckgeschwür gekommen ist, muss sofort für eine vollständige Druckentlastung gesorgt werden. Dann kann das betroffene Hautareal wieder durchblutet werden. Bei starken Schmerzen kommen Analgetika zum Einsatz. 

Bei der Ernährung ist zu beachten, dass Dekubitus-Patienten einen erhöhten Eiweißbedarf haben (1,2 bis 1,5 g/kg Körpergewicht pro Tag). Auch die Vitamin- und Mineralstoffversorgung muss sichergestellt sein. Eventuell ist eine Supplementierung angezeigt.  

Bei der Lokaltherapie kommt es darauf an, die Wunde zunächst von abgestorbenem Gewebe zu befreien. Bei größeren Nekrosen muss dies chirurgisch geschehen. Zur Wundreinigung werden meist 0,9 % NaCl-Lösung bzw. Ringer-Lösung verwendet, bei infizierten Wunden Antiseptika.  

Die Wundheilung erfolgt grundsätzlich mittels feuchter Wundbehandlung. Bei oberflächlichen Druckgeschwüren mit nur wenig Wundsekret kommen Hydrogel- (z. B. Hydrosorb®) und Hydrokolloid-Verbände (z. B. Suprasorb® H) zum Einsatz. Tritt mehr Wundsekret aus, werden Alginatverbände (z. B. Biatain® Alginate, Sorbalgon®) und Polyurethan-Schaumverbände (z. B. DracoFoam, Mepilex®) eingesetzt.  

Einen Dekubitus-Ratgeber findet man – auch als App – unter anderem auf der Website des Instituts für Innovationen im Gesundheitswesen und angewandte Pflegeforschung e.V. (IGAP)Quellen: Institut für Innovationen im Gesundheitswesen und angewandte Pflegeforschung e.V. (IGAP); Barmer Pflegekasse; DAZ Nr. 40/2021  

Dekubitus in Kürze

  • Druckgeschwür; örtlich begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes, typischerweise über knöchernen Vorsprüngen.
  • Entsteht durch länger einwirkende Druckbelastung oder infolge von Druck in Verbindung mit Scherkräften.
  • Ein Dekubitus kann unterschiedlich groß und tief sein; Wunde kann sich leicht infizieren.  
  • Betrifft vor allem immobile (pflegebedürftige) und alte oder über längere Zeit bettlägerige Personen sowie Menschen im Rollstuhl.
  • Erhöhtes Risiko bei falscher Lagerung, schlechtem Hautzustand, Mangelernährung u. a.
  • Prävention durch Förderung der Beweglichkeit, regelmäßige Positionswechsel, Anti-Dekubitus-Hilfsmittel, Hautpflege, Ernährung
  • Therapie durch Druckentlastung, Ernährungsmanagement, Analgesie, Wundbehandlung