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Was ist eigentlich das „Fried Rice“-Syndrom?

Teller mit gebratenem Reis
Bild: zhu difeng / AdobeStock

Das „Fried Rice“-Syndrom erregt derzeit auf TikTok große Aufmerksamkeit. Doch warum soll ausgerechnet gebratener Reis die Ursache für eine Erkrankung sein? – Nicht der Reis selbst ist hier der Auslöser. Er stellt jedoch einen geeigneten Nährboden für einen tückischen Erreger dar – sofern mit dem Reisgericht unsachgemäß umgegangen wird. 

Bacillus cereus in gebratenem Reis

Bei dem Übeltäter handelt es sich um Bacillus cereus. Dieses Bakterium hat die Fähigkeit, Sporen – also Überdauerungsformen – und unter bestimmten Bedingungen Toxine zu bilden. 

Die Sporen sind fast überall anzutreffen – im Erdboden, Staub und Wasser, außerdem im Darmtrakt von Menschen und Tieren. Daher findet sich Bacillus cereus in geringer Keimzahl in vielen Lebensmitteln tierischen wie pflanzlichen Ursprungs. 

Bei deren Verzehr tritt aber in der Regel keine Erkrankung auf. Das passiert erst, wenn die Sporen auskeimen und sich die Bakterien stark vermehren konnten. Und daran ist oft falsches Temperaturmanagement schuld. 

Toxine durch falsche Lagerung von Lebensmitteln

Bacillus-cereus-Sporen keimen zum Beispiel aus, wenn man gegarte Lebensmittel nach dem Abkühlen nicht zügig in den Kühlschrank stellt. Auch wenn die Speise beim erneuten Aufwärmen nicht ausreichend erhitzt wird, besteht diese Gefahr. 

Ausgekeimte Sporen bringen funktionsfähige Bakterien hervor, die sich dann im Lebensmittel stark vermehren können. Gefährlich ist dieser Prozess deshalb, weil die Bakterien Toxine wie das Cyclopeptid Cereulid bilden können. 

Sowohl Sporen als auch Toxine sind – im Gegensatz zu den vegetativen Bakterienzellen – sehr hitzeresistent. Sie werden also beim Kochen nicht zerstört. Arbeitet man mit milderen Temperaturen (70 bis 80 °C), wie sie insbesondere beim Aufwärmen üblich sind, kann dadurch sogar das Auskeimen von Bacillus-cereus-Sporen beschleunigt werden.  

Magen-Darm-Erkrankungen durch Bacillus-cereus-Toxine

Bacillus-cereus-Toxine können Magen-Darm-Erkrankungen hervorrufen. Dabei unterscheidet man zwei Erkrankungsformen, je nachdem, welches Toxin der Keim bildet: zum einen die emetische Erkrankung, zum anderen den Diarrhö-Typ.  

Bei der emetischen (Brechreiz erzeugenden) Form führt das im Lebensmittel gebildete Cereulid schon circa sechs Stunden nach Aufnahme zu Erbrechen und Übelkeit. Meist klingen die Symptome innerhalb von 24 Stunden von selbst ab. Bei schweren Vergiftungen kann Cereulid aber Leberschäden und Hirnödeme verursachen. 

In seltenen Fällen wirkt das Toxin auch tödlich. Das war zum Beispiel im Jahr 2008 bei einem Studenten der Fall, dessen Schicksal jetzt auf TikTok Thema ist. Der junge Mann hatte die Reste von gekochter Pasta nicht kühl gestellt und erst Tage später verzehrt. Vor allem in stärkehaltigen Lebensmitteln wie Reis und Nudeln kann sich Cereulid bilden. Grundsätzlich ist dieser Prozess aber in nahezu allen Lebensmitteln möglich.  

Der Diarrhö-Typ kommt oft zustande, indem Bacillus-cereus-Sporen über das Lebensmittel aufgenommen werden. Sie können die Magen-Darm-Passage überleben und am Dünndarmepithel auskeimen. 

Die vegetativen Zellen bilden dann bestimmte Enterotoxine, die wässrigen Durchfall mit Bauchschmerzen auslösen. Meist setzt die Symptomatik innerhalb von acht bis 24 Stunden nach Aufnahme des kontaminierten Lebensmittels ein und hört in der Regel von selbst wieder auf.  

Vorbeugen mit wichtigen Küchenhygieneregeln 

Sowohl die Erbrechen- als auch die Durchfallerkrankung kann Personen jeden Alters treffen. Sie ist aber nicht ansteckend und dauert selten länger als 24 Stunden. In schweren Fällen ist ärztlicher Rat nötig. 

Entscheidend ist die richtige Prävention. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) verweist hierzu auf generelle Regeln der Küchenhygiene:  

  • Bei leicht verderblichen Lebensmitteln Kühlkette einhalten.
  • Speisen bei der Zubereitung gut durchkochen und beim Wiederaufwärmen ausreichend erhitzen (um vegetative Bakterienzellen abzutöten).
  • Zubereitete, erhitzte Speisen schnell auf ≤ 7 °C abkühlen und bis zum erneuten Erhitzen kurz vor dem Verzehr im Kühlschrank aufbewahren.
  • Bei der Heißhaltung von Speisen darauf achten, dass sie an allen Stellen eine Temperatur von mindestens +60 °C haben.
  • Leicht verderbliche Lebensmittel und erhitzte Speisen nicht längere Zeit bei Temperaturen zwischen 7 °C und 60 °C aufbewahren.
  • Reste gegarter Speisen im Kühlschrank aufbewahren und innerhalb von zwei bis drei Tagen verbrauchen. Quellen: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR); Technische Universität München 

„Fried-Rice“-Syndrom in Kürze

  • Lebensmittelvergiftung durch Bakterientoxine von Bacillus cereus; verbunden mit Magen-Darm-Erkrankungen
  • Insbesondere durch unsachgemäßen Umgang mit gegarten stärkehaltigen Speisen wie Reisgerichten („Fried Rice“), Pasta etc.
  • Überall vorkommende Sporen von Bacillus cereus können bei falschem Temperaturmanagement in der Speise auskeimen; dabei Bildung von hitzestabilen Toxinen
  • Je nach Toxintyp Erbrechen oder Durchfall; Erkrankung meist selbstbegrenzend; selten schwer oder tödlich
  • Prävention durch Einhaltung von Küchenhygieneregeln, vor allem schnelle Kühlung bereits gegarter Speisen sowie ausreichendes Durcherhitzen beim Wiederaufwärmen