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EMA: Bei Bluthochdruck kein Pseudoephedrin

Frau schnäuzt sich in der Apotheke die Nase, PTA steht ihr gegenüber
Pseudoephedrin kommt in verschiedenen Erkältungspräparaten vor und verschafft beispielsweise Linderung bei einer verstopften Nase. | Bild: contrastwerkstatt / AdobeStock

Wie sicher Pseudoephedrin-haltige Arzneimittel – wie kombinierte Erkältungspräparate – im Bereich der Selbstmedikation sind, wurde in der Vergangenheit immer wieder diskutiert. Ende 2023 hat der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) neue Kontraindikationen für den Wirkstoff Pseudoephedrin empfohlen. Der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) stimmte jüngst den PRAC-Empfehlungen zu, sodass die EU-Kommission nun einen rechtlich bindenden Beschluss fassen kann.

In einer entsprechenden Mitteilung empfiehlt die EMA nun Patienten bei

keine pseudoephedrinhaltigen Arzneimittel einzunehmen. Das erscheint für die Beratung in der Apotheke vor allem insofern relevant, als ein unbehandelter Bluthochdruck – und auch Nierenerkrankungen – den Patienten nicht einfach anzusehen sind.

Zur Erinnerung: Was ist Pseudoephedrin?

In Deutschland ist Pseudoephedrin etwa in Kombination mit Acetylsalicylsäure, Paracetamol oder Ibuprofen (z. B. Aspirin® Complex, Wick® DayNait, BoxaGrippal®, Grippostad Complex) zum Einsatz bei grippalen Infekten auf dem Markt sowie in Kombination mit verschiedenen Antihistaminika wie Cetirizin (z. B. Reactine® Duo) oder Tiprolidin (z. B. Rhinopront®) bei allergischer Rhinitis. 

Pseudoephedrin wirkt als indirektes Sympathomimetikum: Es fördert die Freisetzung von Noradrenalin aus adrenergen Nervenendigungen.  

Noradrenalin wiederum bewirkt über eine Aktivierung von α-Adrenozeptoren die Engstellung bestimmter Blutgefäße. Diese Wirkung macht man sich bei der Therapie einer durch allergische oder infektiöse Ursachen zugeschwollenen Nase zunutze.

Erhöhtes Risiko für PRES- und RCVS-Syndrom

Bluthochdruck und Nierenerkrankungen stellen Risikofaktoren für die Verengung von Blutgefäßen im Gehirn dar. Dadurch kann sich wiederum das Risiko für die Entstehung eines posterioren reversiblen Enzephalopathie-Syndroms (PRES) sowie eines reversiblen zerebralen Vasokonstriktionssyndroms (RCVS) erhöhen, welche durch die Einnahme von Pseudoephedrin entstehen können.

Treten plötzlich starke

  • Kopfschmerzen (z. B. Donnerschlag-Kopfschmerz),
  • Übelkeit und Erbrechen, 
  • Verwirrtheit, Krampfanfälle sowie
  • Sehstörungen auf,

können das unter Pseudoephedrin-Therapie PRES- und RCVS-Symptome sein. Betroffene müssen dann umgehend die Anwendung abbrechen und ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Todesfälle in Folge der Nebenwirkungen sind bislang keine bekannt.

Der EMA lagen nur wenige Fälle von PRES und RCVS vor. Ihre Empfehlung stützt sie aber auf die Auswertung aller verfügbaren Daten. Zudem weist die EMA auf das Risiko kardiovaskulärer oder ischämischer Nebenwirkungen durch Pseudoephedrin hin, die bereits in den Fachinformationen pseudoephedrinhaltiger Arzneimittel gelistet sind.

Gut zu wissen: Nebenwirkungen von Pseudoephedrin

„Die möglichen Nebenwirkungen von Pseudoephedrin sind:

  • Kardiale Wirkungen (z. B. Tachykardie, Arrhythmie, Palpitationen, Hypertension, Hitzewallungen).
  • Stimulierung des zentralen Nervensystems (z. B. Schlaflosigkeit, selten Halluzinationen) sowie Harnverhalt, insbesondere bei Patienten mit Prostatahyperplasie.
  • Schwere Hautreaktionen, einschließlich akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP).
  • Ischämische Colitis.
  • Ischämische Optikusneuropathie.“

Quelle: ABDA-Datenbank (Stand 13.02.2023) 

Die Fachinformationen werden nun um die neuen PRES- und RCVS-Risiken ergänzt. Zudem wird in einem Rote-Hand-Brief* auf der AMK-Website auf die Nebenwirkung einer Pseudoephedrin-Therapie hingewiesen. *aktualisiert am 20.02.2024 Quellen:
- Mitteilung der EMA. EMA confirms measures to minimise the risk of serious side effects with medicines containing pseudoephedrine. 26. Januar 2024, www.ema.europa.eu/en/news/ema-confirms-measures-minimise-risk-serious-side-effects-medicines-containing-pseudoephedrine
- Moll D. Wie sicher sind Erkältungspräparate mit Pseudoephedrin? DAZ.online 13.02.2023, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/02/13/wie-sicher-sind-erkaeltungspraeparate-mit-pseudoephedrin