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Psilocybin-Therapie erstmals in Deutschland möglich

Der in psychedelischen Pilzen enthaltene Wirkstoff Psilocybin ist seit Jahren ein zentrales Thema in der psychiatrischen Forschung. Zugelassen ist der Wirkstoff jedoch nicht. In Deutschland ist die Psilocybin-Therapie nur im Rahmen klinischer Studien zugänglich – zumindest bisher.
Zur Erinnerung: Was ist Psilocybin?
Psilocybin (4-Phosphoryloxy-N,N-dimethyltryptamin), das Alkaloid mehrerer Pilzarten, die insbesondere in Südamerika natürlich vorkommen, wirkt im Gehirn nach Verstoffwechselung zu Psilocin als Partialagonist von Serotonin-Rezeptoren.
Es bewirkt einen psychedelischen Rausch mit visuellen Halluzinationen und ähnelt dabei der Wirkung von LSD (Lysergsäurediethylamid).
Dessen Entdecker, der Schweizer Chemiker Albert Hoffmann, war auch der Erste, der Psilocybin isolierte und später auch eine Totalsynthese beschrieb.
Das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim (ZI) und die Ovid Clinic Berlin dürfen die Therapie nun im Rahmen eines sogenannten Arzneimittel-Härtefallprogramms anbieten. Dies gab das ZI in einer Pressemitteilung bekannt.
Was ist das Arzneimittel-Härtefallprogramm?
Das Arzneimittel-Härtefallprogramm, das auch als „Compassionate Use“ bezeichnet wird, ist in § 21 Abs. 2 Arzneimittelgesetz geregelt. An den Einsatz sind zahlreiche Voraussetzungen geknüpft.
Eine Zulassung ist nur dann nicht erforderlich, wenn das betreffende Arzneimittel „kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt wird, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist“.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass die schwerwiegende Erkrankung mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufriedenstellend behandelt werden kann. Zudem darf eine Teilnahme an einer klinischen Studie mit Psilocybin nicht möglich sein.
Compassionate Use von Psilocybin bisher nur in Deutschland, Schweiz und Kanada
Neben Deutschland wurde der Compassionate Use von Psilocybin bisher in keinem anderen EU-Land möglich. Hingegen ist dieser Ansatz in der Schweiz und in Kanada bereits etabliert. „Erfahrungen aus der Schweiz zeigen, dass die Nachfrage das verfügbare Angebot bei Weitem übersteigt. Das dürfte auch in Deutschland der Fall sein”, sagte Gerhard Gründer, Psychiater und Leiter der Abteilung Molekulares Neuroimaging am ZI.
Er war Antragsteller für den „Compassionate Use“ und ist nun für dessen Einsatz verantwortlich. Die Psilocybin-Therapie sei eine „medizinisch und ethisch vertretbare Option […], vorausgesetzt, sie erfolgt unter streng kontrollierten Bedingungen und mit sorgfältiger ärztlicher Begleitung“, sagte Gründer.
Am ZI in Mannheim soll die Psilocybin-assistierte Therapie im begründeten Ausnahmefall jetzt für „einzelne volljährige Patienten mit therapieresistenter Depression“ möglich sein. Die Behandlung läuft stationär ab, zudem müssen Patienten ambulante Termine zur psychotherapeutischen Nach- und Vorbereitung wahrnehmen.
Zum Einsatz kommen soll der aus Kanada importierte Wirkstoff „PEX010“. Dabei handelt es sich um einen Extrakt, den Mitarbeiter des Herstellers „Filament Health“ aus Psilocybin-haltigen Pilzen der Gattung Psilocybe gewinnen.
Psilocybin künftig zur Behandlung psychischer Erkrankungen
Weltweit erproben zahlreiche Forschungsgruppen den Einsatz psychedelischer Wirkstoffe wie Psilocybin zur Behandlung psychiatrischer Erkrankungen, insbesondere therapieresistenter Depressionen. Erste Ergebnisse aus Phase-3-Studien deuten klinisch bedeutsame Effekte an.
Es sind jedoch noch viele Fragen offen, unter anderem, weil der Vergleich mit einer Placebo-Gruppe wenig aussagekräftig ist. Psychedelika wie Psilocybin verändern in wirksamen Dosierungen innerhalb einer Stunde das Bewusstsein der Probanden grundlegend. Trotz Randomisierung und Verblindung erfahren die Studienteilnehmenden daher rasch, ob sie Teil der Placebo- oder der Psilocybin-Gruppe geworden sind.
Auch deshalb lässt eine Zulassung auf dem üblichen Weg auf sich warten. Eine Zulassung in Deutschland dürfte frühestens in einigen Jahren zu erwarten sein, heißt es in der Pressemitteilung des ZI. „Bis dahin stehen keine zugelassenen Therapieoptionen mit Psilocybin zur Verfügung.“