COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
5 min merken gemerkt Artikel drucken

6. Corona-Impfstoff für die EU: EMA empfiehlt Zulassung von Valneva-Impfstoff

Digitale Werbetafel mit Schriftzug Impfen hilft. Jetzt auch mit neuem Impfstoff
Die EMA befürwortet die direkte Standardzulassung von VLA2001. | Bild: IMAGO / Michael Gstettenbauer

COVID-19-Impfstoff Nummer 6 für die EU: Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat die Bewertung eines weiteren Corona-Impfstoffes abgeschlossen und zieht eine positive Nutzen-Risiko-Bilanz: Sie empfiehlt die Zulassung des Valneva-Impfstoffs VLA2001 für Erwachsene im Alter zwischen 18 und 50 Jahren.  

Sechster Corona-Impfstoff 

Mit VLA2001 kommt damit – nach mRNA-Impfstoffen (Comirnaty® von Biontech/Pfizer, Spikevax® von Moderna), Vektor-Vakzinen (Vaxzevria von AstraZeneca und COVID-19-Impfstoff Janssen) und dem proteinbasierten Corona-Impfstoff Nuvaxovid von Novavax – ein weiteres Antigenprinzip in das hiesige Corona-Impfstoff-Portfolio. Denn: Valneva setzt auf ein inaktiviertes Ganzvirus als Antigen, sprich nicht lediglich eine einzelne definierte Antigenstruktur wie das Spikeprotein als mRNA (mRNA-Impfstoffe), DNA (Vektorimpfstoffe) oder rekombinantes Protein (Nuvaxovid), sondern tatsächlich ein ganzes, abgetötetes Coronavirus, und zwar den SARS-CoV-2-Originalstamm.  

Dadurch, dass VLA2001 das ganze SARS-CoV-2-Virus enthält, bringt der Impfstoff eine Vielzahl von Antigenen mit, die das Immunsystem stimulieren. Allerdings fehlt dem Impfstoff – durch die Abtötung – auch die Fähigkeit, zytotoxische T-Zellen (Killerzellen, CD8+-T-Zellen) zu aktivieren, die Infektionserreger schnell abtöten können und für die primäre Abwehr von Viren und anderen Krankheitserregern bedeutsam sind. Um die Immunantwort zu verbessern, ist VLA2001 zudem ein Adjuvans (Wirkverstärker) zugesetzt.

Gut zu wissen: So funktioniert der Valneva-Impfstoff

VLA2001 unterscheidet sich – hinsichtlich des Impfantigens – von den mRNA- oder Vektorimpfstoffen: Es handelt sich um einen inaktivierten Ganzvirusimpfstoff.

Damit ist das Antigen in VLA2001 keine einzelne konservierte Struktur von SARS-CoV-2, wie das Spikeprotein (rekombinant in Novavax) oder die genetische Information (als mRNA oder integriert in einen Vektor) dafür, sondern das Ganzvirus von SARS-CoV-2, das chemisch inaktiviert wurde und dadurch seine Vermehrungsfähigkeit verloren hat.  

VLA2001 wird auf Valnevas etablierter Vero-Zell-Plattform hergestellt, wobei Valneva die Herstellungstechnologie bereits für seinen zugelassenen Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis, Ixiaro®, nutzt.  

Vorteil von Ganzvirus-Impfstoffen ist, dass sie eine Vielzahl an Antigenen mitbringen, die das Immunsystem stimulieren können.

Das doppelte Adjuvans  

Als Wirkverstärker setzt Valneva auf ein Adjuvanzien-Duo aus Alaun und CpG 1018. Dass Valneva gleich zwei Adjuvanzien nutzt, ist präklinischen Experimenten geschuldet, in denen durch die Kombination „durchweg höhere Antikörperspiegel“ induziert wurden als bei alleiniger Wirkverstärkung mit dem aluminiumhaltigen Adjuvans.  

Zudem habe die Adjuvanzien-Kombination zu einer Verschiebung der Immunantwort in Richtung Th1 geführt – der Gruppe von T-Helferzellen, die für den Schutz vor Infektionen mit Viren (und intrazellulären Bakterien) wichtig sind.  

Ihre Zulassungsempfehlung stützt die EMA im Wesentlichen auf eine Studie, in der Valneva Sicherheit und Wirksamkeit von VLA2001 mit der von Vaxzevria – dem von AstraZeneca bereits zugelassenen COVID-19-Impfstoff – vergleicht. 

Eine Zulassungsempfehlung auf Vergleichs-Studienbasis mag zunächst überraschen, war der Goldstandard bei COVID-19-Zulassungsstudien doch bislang die Placebokontrolle. Allerdings hat die EMA gute Gründe für diese Entscheidung: Mittlerweile seien sichere und wirksame COVID-19-Impstoffe zugelassen, die sehr gut als Vergleichsimpfstoffe herangezogen werden könnten. Zudem sei es zunehmend schwerer, genügend Studienteilnehmer zu finden, die noch nicht gegen COVID-19 geimpft oder infiziert gewesen seien. Deswegen erachtet die EMA für die Zulassung künftiger Corona-Impfstoffe diese sogenannten Immunbridging-Studien für angemessen.

Höhere Antikörperspiegel als Vaxzevria

Doch wie schnitt Valnevas Ganzvirus-Impfstoff im Vergleich zu Vaxzevria ab? Hinsichtlich der Bildung neutralisierender Antikörper war VLA2001 dem AstraZeneca-Impfstoff überlegen und sorgte – zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis bei ab 30-Jährigen – für höhere Antikörperspiegel als Vaxzevria. 

Bei der Serokonversionsrate (diese beschreibt, dass nach Impfung oder Infektion erstmals Antikörper gebildet werden), die bei mindestens 95 Prozent liegen musste, schnitt VLA2001 zumindest nicht schlechter ab als Vaxzevria (Nichtunterlegenheit). In beiden Impfgruppen kam es jedoch zu hohen Antikörperspiegeln nach der Impfung, und das bei ähnlich vielen Studienteilnehmern. An der Studie nahmen etwa 3.000 Probanden teil. Auch bei jüngeren Erwachsenen unter 30 Jahren führte VLA2001 zu wirksamen Antikörperspiegeln. 

Allerdings: Die Studie lieferte keine Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit von VLA2001 bei über 50-Jährigen, weswegen die EMA ihre Zulassungsempfehlung auf 18- bis 50-Jährige begrenzt.

Keine Daten zum Omikron-Schutz mit VLA2001

Was Valneva auch nicht vorweisen kann: Daten zur Wirksamkeit gegen Omikron, der derzeit dominierenden SARS-CoV-2-Variante, oder gegen andere besorgniserregende Virusvarianten. Hier forschen andere Impfstoffhersteller bereits an angepassten Impfstoffen, die EMA prüft derzeit Next-Generation-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. Noch vor Beginn der Corona-Wintersaison sollen die adaptierten COVID-19-Impfstoffe verfügbar sein.

VLA2001: Klassische Impfnebenwirkungen

Wie sieht es mit der Verträglichkeit der Ganzvirusvakzine aus? Die EMA nennt als häufigste Nebenwirkungen Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen.

EMA empfiehlt direkte Standardzulassung von VLA2001 

Erwähnenswert ist ein weiterer Punkt bei der Zulassungsempfehlung von VLA2001. Denn die EMA befürwortet direkt eine Standardzulassung – und keine bedingte, wie sie sie bei anderen Corona-Impfstoffen zunächst ausgesprochen hatte. Letztlich liegt jedoch die Entscheidung über die finale Zulassung bei der Europäischen Kommission, die jedoch in der Regel der wissenschaftlichen Empfehlung der EMA folgt.

Zurück