COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
5 min merken gemerkt Artikel drucken

Impfstoffe gegen COVID-19: Wie gut werden sie wirken?

Hand in weißem Gummihandschuh impft die Weltkugel
Bild: Aon Khanisorn / Adobe Stock

In Europa stehen momentan drei Impfstoffe gegen COVID-19 kurz vor der Zulassung. Das zentralisierte Zulassungsverfahren wird dabei durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) koordiniert. Bei diesen Kandidaten handelt es sich um zwei RNA-Impfstoffe und einen Vektor-Impfstoff.

RNA-Impfstoffe

RNA-Vakzine enthalten Teile der Erbinformation des SARS-CoV-2 Erregers in Form von RNA (Ribonukleinsäure). Nach einer Impfung wird diese RNA von einigen menschlichen Zellen aufgenommen und bildet daraus ungefährliche Virusproteine. Diese Proteine werden als Antigene bezeichnen, sie aktivieren das menschliche Immunsystem und erzeugen eine schützende Immunantwort. Ein großer Vorteil der RNA-Impfstoffe ist, dass diese rasch auch in größeren Mengen produziert werden können. Bisher gibt es allerdings im Humanbereich noch keinen zugelassenen Impfstoff dieser Art.

Ein anderes Prinzip – Vektor-Impfstoffe

Einen anderen Ansatz nutzt ein ebenfalls kurz vor der Zulassung stehender Vektor-Impfstoff, hier dient ein abgeschwächtes Schimpansen-Adenovirus als Transportmittel (Vektor) für ein Gen mit einem Bauplan für ein SARS-CoV-2-Protein. Der Körper des Geimpften bildet daraus wiederum ein Virus-Protein als Antigen, das Immunsystem erkennt dieses Eiweiß als fremd und sorgt durch eine Antikörperbildung und eine T-Zell-Antwort für eine Immunreaktion. Ein bereits für die Anwendung am Menschen zugelassener Vektor-Impfstoff ist der Ebola-Impfstoff Ervebo®.

Zur Erinnerung: Was passiert in der Phase-III-Studie?

Grundlage für eine mögliche Zulassung sind letztendlich die Daten aus Phase-III-Studien, dabei werden die Sicherheit und Wirksamkeit möglicher Impfstoffe an mehreren tausend Freiwilligen getestet. Die eine Gruppe der Probanden enthält das Impfserum, eine andere lediglich eine wirkstofffreie Scheinimpfung. Wie bei solchen Studien üblich, wissen weder die Probanden noch die Ärzte wer welches Serum bekommt. Hat sich nun eine vorher festgelegte Anzahl an Personen mit dem SARS-CoV-2 Erreger in ihrem normalen Alltag infiziert, wird offengelegt wer tatsächlich den Impfstoff erhalten hat. Im Idealfall gehören die überwiegende Zahl an Infizierten zur Placebo-Gruppe und kaum jemand aus der Gruppe der Geimpften hätte sich angesteckt.

Was genau können die Impfstoffe leisten?

Das optimale Ergebnis einer jeden Entwicklung eines Impfstoffs ist ein vollständiger Schutz vor einer Infektion und eine Verhinderung einer Ansteckung. Dieses Ziel wird von den ersten zugelassenen Impfstoffen gegen COVID-19 wohl nicht erreicht werden. Dieser Umstand ist in der Impfstoffentwicklung aber völlig normal und auch bei anderen Vakzinen so. Masernimpfstoffe haben zwar mit 95 % eine hohe Effektivität, aber schon bei den bekannten Impfstoffen gegen Influenza liegt die Schutzwirkung nur zwischen 60 und 70 %. In den USA hat die zuständige Zulassungsbehörde für eine erfolgreiche Zulassung eines Corona-Impfstoffs eine Wirksamkeit von mindestens 50 % vorgegeben, in der EU gibt es dahingehend bisher noch keine Vorgabe. Denn auch ein Impfstoff, der nur die Hälfte der geimpften Personen vor einer COVID-19-Erkrankung schützt, könnte die Ausbreitung der Pandemie verlangsamen. Ob ein Impfstoff auch schwere Erkrankungen und Todesfälle verhindern kann, wird sich wohl erst im Laufe der Zeit zeigen. Diese Ereignisse kommen in den einzelnen Gruppen der Phase-III-Studien zu selten vor, als dass ein signifikanter Unterschied erkennbar wäre. Experten gehen aber davon aus, dass Impfstoffe, die eine milde COVID-19-Erkrankung verhindern können, auch vor schweren Verläufen schützen. Eine Impfung würde auch zu einer verminderten Virenlast führen, die wahrscheinlich zu einer verminderten Ansteckungsfähigkeit führt.

Schutz der Risikogruppen

Sollen Risikogruppen wie Ältere oder Menschen mit Vorerkrankungen besser selbst geimpft oder indirekt durch Impfung ihrer Kontakte geschützt werden? Gerade zu Beginn der Impfungen wäre bei noch knapper Ressource eine richtige Strategie wichtig. Dazu müsste allerdings geklärt sein, wie hoch die Wirksamkeit eines Impfstoffs in der Risikogruppe tatsächlich wäre. Ältere Menschen sprechen bekanntermaßen meistens schlechter auf Impfungen an als junge Erwachsene. Inwiefern dies auch auf die neuen COVID-19-Impfstoffe zutrifft, lässt sich wahrscheinlich erst in Beobachtungsstudien nach der Zulassung klären.

Schützt eine Impfung vor einer Ansteckung?

Bei einer nur geringen Wirksamkeit der Vakzine bei älteren Menschen kann also eine indirekte Schutzstrategie durch Impfung der Kontaktpersonen die Wirkungsvollere sein. Dies funktioniert aber nur wenn eine Impfung auch vor einer Ansteckung schützt. Einige Studien erfassen daher auch die Zahl der Ansteckungen durch geimpfte Personen. Wenn Geimpfte im Falle einer Infektion zwar selbst frei von Symptomen bleiben, das Virus aber trotzdem weitergeben, schützt eine Impfung dann nur die geimpfte Person.

Human Challenge Trials

Genauere Informationen zu den zahlreichen offenen Fragen könnten durch sogenannte Human Challenge Trials gewonnen werden, dabei werden geimpfte Personen bewusst mit dem Erreger infiziert. Die Schutzwirkung eines Impfstoffs könnte so viel schneller und mit deutlich weniger Studienteilnehmern untersucht werden, man müsste nicht auf zufällige Infektionen im Alltag warten. Solche Methoden sind ethisch allerdings umstritten, denn die Teilnehmer wären einem unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt. Denn auch bei jungen Patienten verläuft eine COVID-19 Erkrankung nicht immer mild. In Großbritannien werden momentan wohl solche Studien bereits vorbereitet.

Wie lange schützt eine Impfung?

Nach einer natürlich durchgemachten Infektion mit dem neuartigen Coronavirus fallen die Antikörper im Blut, abhängig von der Schwere der Erkrankung, relativ rasch wieder ab. Bei geimpften Personen liegen die Titer der gebildeten Antikörper aber höher als bei ehemaligen COVID-19-Patienten. Ermutigend ist die Tatsache, dass diese höheren Werte teilweise auch bei Senioren erreicht werden. Auch andere Impfungen sorgen im Übrigen nicht jahrelang für einen Schutz. So wäre es auch bei den zukünftigen COVID-19-Impfstoffen nicht ungewöhnlich, wenn diese regelmäßig aufgefrischt werden müssen. In den kommenden Wochen wird in Deutschland die Ständige Impfkommission über die richtige Impfstrategie für Deutschland entscheiden. Das Bundesministerium für Gesundheit geht davon aus mit den Impfungen im ersten Quartal 2021 beginnen zu können.

Zurück