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Demenzrisiko geringer nach Shingrix-Impfung – warum?

Eine Zoster-Impfung könnte nicht nur vor Gürtelrose schützen, sondern auch das Demenzrisiko verringern. Dabei scheint es wichtig zu sein, womit geimpft wird, denn: Shingrix, die mit AS01 adjuvantierte Zostervakzine, verringert das Demenzrisiko stärker als der Lebendimpfstoff Zostavax. Woher kommt der Demenzschutz?
Adjuvans AS01 verantwortlich für Demenzschutz?
Möglich wäre, dass Gürtelrose das Demenzrisiko erhöht und Shingrix sodann besser vor Demenz schützt, weil Shingrix der wirksamere Impfstoff ist.
Möglich wäre auch, dass das Adjuvans AS01 für die Demenz-protektive Wirkung verantwortlich ist. Dass AS01 eine „direkte Rolle“ spielt, das Demenzrisiko zu reduzieren, darauf deuten Ergebnisse einer großen Kohortenstudie hin, über die Wissenschaftler von der Universität Oxford in einer Brief Communication im Fachjournal „npj Vaccines“ berichten.
Arexvy und Shingrix in einer Studie untersucht
Sie hatten 436.788 anonymisierte Personendaten aus elektronischen Patientenakten hinsichtlich eines möglichen Demenz-senkenden Potenzials von Shingrix sowie von Arexvy (GSK) analysiert.
Zur Erinnerung: Der Impfstoff Arexvy
Arexvy ist seit Juni 2023 in der EU zugelassen. Der RSV-Impfstoff ist ebenfalls mit AS01 adjuvantiert und soll ab 50-Jährige vor RSV-bedingten Erkrankungen der unteren Atemwege schützen.
Die Forschenden verglichen die Impfstoffe sowohl gegeneinander als auch gegen einen Grippeimpfstoff. Es ging um das Risiko einer Demenz-Diagnose innerhalb von 18 Monaten nach Impfung. Die Forschenden interessierten sich zudem dafür, ob eine Doppelimpfung (Shingrix und Arexvy) möglicherweise additive Effekte bringt.
Auf diese Weise entstanden vier Kohorten
- nur RSV-Impfung (n = 35.938)
- nur Zoster-Impfung (n = 103.798)
- RSV- und Zoster-Impfung (n = 78.658; medianer Impfabstand 4 Jahre)
- nur Influenza-Impfung
Demenzschutz: AS01-Impfstoffe gleich auf
Menschen, die gegen RSV oder Gürtelrose geimpft wurden, hatten ein signifikant geringeres Demenzrisiko als lediglich gegen Grippe Geimpfte. Mit Arexvy Geimpfte hatten eine um 29 % längere diagnosefreie Zeit (ca. 87 Tage). Diese war für mit Shingrix Geimpfte um 18 % (ca. 53 Tage) länger und nach einer Doppelimpfung um 37 % (ca. 113 Tage).
Dabei gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied im Demenzrisiko zwischen denjenigen, die einen der beiden AS01-Impfstoffe erhalten, und denjenigen, die beide Vakzinen erhalten hatten.
Unklar: Wie ist der Demenzschutz zu erklären?
Was die Demenzprotektion vermittelt, bleibe unklar, erklären die Wissenschaftler. Es gebe zunehmend Hinweise, dass Infektionen – auch RSV und Gürtelrose – das Demenzrisiko erhöhten. Beide Erreger können neurotrop sein, also auch Neurone befallen. Eine Impfung könne somit das Risiko verringern.
Dagegen spricht den Wissenschaftlern zufolge jedoch, dass sich die Demenz-protektive Wirkung rasch und innerhalb von drei Monaten nach Impfung abzeichnete. Es erscheine „unwahrscheinlich“, dass innerhalb eines so kurzen Zeitraums genügend Infektionen verhindert würden, um das Ausmaß des Schutzes vor Demenz zu erklären. Auch hätten sie sodann einen additiven Effekt bei einer Doppelimpfung erwartet.
Die Oxford-Wissenschaftler halten deswegen das gemeinsame Adjuvans für eine „plausible Erklärung“. AS01 könnte über immunologische Signalwege Demenz-protektiv wirken. Die neuroprotektiven Mechanismen könnten ihr volles Potenzial bei der AS01-Dosis erreichen, die mit einem einzigen Impfstoff verabreicht werde – sodass die Verabreichung des anderen Impfstoffs (sowohl gegen Gürtelrose als auch gegen RSV) keinen weiteren Nutzen bringe. Sie sprechen von einem „Sättigungseffekt“.
Einschränkung: Nur eine Beobachtungsstudie
Zu den Stärken der Studie zählt die große Kohortengröße. Dennoch bleibt es eine Beobachtungsstudie, aus der sich keine Kausalität ableiten lässt.
Zu den Schwächen gehört, dass die Forschenden lediglich RSV-Impfungen berücksichtigten, diese jedoch nicht weiter differenzierten. Zur Erklärung: Neben Arexvy ist auch Abrysvo zugelassen, der kein AS01-Adjuvans enthält, und etwa 24 % der RSV-Geimpften haben Abrysvo erhalten. Damit könnte der Demenz-protektive Effekt noch unterschätzt sein.
Auch ist möglich, dass manche Studienteilnehmer bereits bei Impfung eine Demenz hatten, nur noch nicht diagnostiziert. Wäre diese Anzahl jedoch in allen Kohorten gleich groß, würden sich die Effekte nivellieren.
Zusammenfassend kommen die Studienautoren zu dem Schluss, dass sowohl der AS01-Gürtelrose- als auch der RSV-Impfstoff „wahrscheinlich einen gewissen Schutz vor Demenz bieten“.
Und weiter: „Unsere Daten stützen die Hypothese, dass diese Impfstoffe neben dem Schutz vor der Zielinfektion auch vor Demenz schützen könnten, und zwar durch die Wirkung der AS01-Komponenten über spezifische immunologische Signalwege.“ Weitere klinische Studien sollten dem nachgehen. Quelle: https://www.nature.com/articles/s41541-025-01172-3#ref-CR5