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Ribosomales Frameshifting: mRNA-Impfstoffe: Bildung unerwünschter Proteine

zwei Dosen mit Corona-mRNA-Impfstoff
Die mRNA-Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 können beim Menschen zur Bildung fehlerhafter Proteine führen. | Bild: chatuphot / AdobeStock

mRNA-Impfstoffe enthalten bestimmte Erbinformationen des Coronavirus in Form von messenger-RNA (mRNA). Nach der Impfung gelangt diese mRNA in die Körperzellen und es wird das Spike-Protein von SARS-CoV-2 gebildet. Das fertige Protein wird dem Immunsystem präsentiert und es läuft eine Immunreaktion darauf ab.

Wie werden Proteine in der Zelle gebildet?

Bei einer messenger-RNA handelt es sich um eine einzelsträngige Ribonukleinsäure (RNA), die die Botschaft der Erbsubstanz (DNA) aus dem Zellkern für den Aufbau der Proteine trägt. Zur Bildung dieser Eiweiße wird die mRNA zunächst durch Ribosomen durchgefädelt, diese Zellorganellen gelten als Proteinfabriken einer Zelle. 

Drei Bausteine der mRNA bestimmen jeweils, welche Aminosäure in das neu gebildete Protein eingebaut werden soll. Das Ribosom wandert dabei immer drei Bausteine weiter und liest die Erbinformation ab. Wird dabei ein sogenannter Stopcodon abgelesen, ist die Bildung des Proteins beendet und das Eiweiß wird freigegeben. Bei den mRNA-Impfstoffen enthält die mRNA den Bauplan für das Spike-Protein des Coronavirus.

Warum wurde die Impf-mRNA chemisch verändert?

Die mRNA des Menschen besteht normalerweise aus den Bausteinen 

  • Adenin, 
  • Guanin, 
  • Cytosin und 
  • Uracil. 

In den mRNA-Impfstoffen wurde diese mRNA chemisch leicht verändert: Uracil ist hierbei durch 1-Methylpseudouracil ersetzt. Dieser Austausch war nötig, da unveränderte mRNA relativ reaktogen ist, auftretende Impfreaktionen wären zu stark und eine Verträglichkeit in therapeutischen Dosen nicht gewährleistet. Durch diese starke Reaktion des Immunsystems würde die mRNA des Impfstoffs zudem unschädlich gemacht werden und es könnte nicht genügend Spike-Protein gebildet werden. Dadurch wäre die Wirksamkeit des Impfstoffs insgesamt verringert.

Veränderte mRNA kann zu Ablesefehlern führen 

Britische Forscher haben nun gezeigt, dass es beim Ablesen dieser modifizierten mRNA in den Ribosomen zu Unregelmäßigkeiten kommen kann. Aktuell wurde dazu in der Zeitschrift Nature eine Untersuchung veröffentlicht.´N1-methylpseudouridylation of mRNA causes +1 ribosomal frameshifting´ 

Die Wissenschaftler von der Universität Cambridge beschreiben darin, dass es durch die veränderte mRNA zu einem Verrutschen der Ribosomen beim Ablesen des mRNA-Bauplans kommen kann. Infolgedessen werden unerwünschte Proteine gebildet. Dieser Vorgang wird auch als ribosomales Frameshifting bezeichnet. Bisher war zwar bekannt, dass die modifizierte mRNA langsamer als die unveränderte mRNA an den Ribosomen ausgelesen wird, Ungenauigkeiten beim Ablesen wurden bislang jedoch nicht beobachtet.

Was genau ist ribosomales Frameshifting?

Bei einer ribosomalen Leserasterverschiebung ist das Auslesen der mRNA an den Ribosomen fehlerhaft. Beispielsweise bedeutet die Folge an Bausteinen Uracil-Uracil-Cytosin in der mRNA, dass im entstehenden Protein die Aminosäure Phenylalanin eingebaut wird. Wird nun durch einen Ablesefehler die RNA-Kette um eine Position verschoben, wird der erste Baustein Uracil ausgelassen und Uracil-Cytosin wird mit dem nächsten Baustein vervollständigt. Auf diese Weise wird in das Protein eine andere Aminosäure eingebaut und es entsteht ein völlig neues Eiweiß. 

Durch die Verschiebung wird im Übrigen nicht nur eine falsche Aminosäure eingebaut, sondern auch alle anderen werden verändert. Allerdings muss auch festgehalten werden, dass nicht alle Bereiche der mRNA, in denen 1-Methylpseudouracil enthalten ist, automatisch zu einer Verschiebung führen. Veränderte Proteine entstehen in der Zelle nur in ganz geringen Mengen.

Gut zu wissen: Forscher testen Impfreaktion im Versuch

Die Wissenschaftler impften Mäuse mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech oder mit einem Adenovirus-Vektorimpfstoff, der kein 1-Methylpseudouracil enthält. Bei den mit dem mRNA-Impfstoff geimpften Mäusen konnten sowohl die veränderten Proteine nachgewiesen werden, als auch eine Reaktion des Immunsystems darauf. 

Eine solche Immunantwort auf die ungewollten Proteine konnte auch bei menschlichen Probanden beobachtet werden. Die veränderte mRNA führt also auch beim Menschen dazu, dass neben dem Spike-Protein noch weitere Eiweiße gebildet werden.

Verschiebungen können auch in der Natur auftreten

Auch auf natürlichem Weg funktioniert die Umsetzung von mRNA in Proteinen nicht immer fehlerlos. Bestimmte Viren führen diese Leserasterverschiebung sogar gezielt herbei und können so mit der gleichen Abfolge an Bausteinen unterschiedliche Proteine herstellen. Beim Menschen spielt der Vorgang vermutlich im Rahmen der Genregulation eine Rolle, also ob das von den Bausteinen codierte Eiweiß in der Zelle gebildet wird und in welcher Menge.

Sind die Proteine gefährlich?

Die Ergebnisse der Forschenden hören sich zunächst beunruhigend an. Bei mit mRNA-Impfstoffen geimpften Personen werden fehlerhafte Proteine gebildet, die im Körper eine Immunreaktion auslösen können. Trotzdem geben die allermeisten Experten Entwarnung, denn bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass die gebildeten Eiweiße zu gesundheitlichen Schäden führen. 

Auch unter normalen Umständen entstehen in menschlichen Zellen fehlerhafte Proteine, die dann wieder abgebaut werden. Die veränderten Proteine infolge einer Impfung entstehen nur in sehr geringen Mengen und hängen mit den allgemeinen Impfreaktionen zusammen. Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass es sich bei den gebildeten Proteinen um körperfremde Stoffe handelt, auf die das Immunsystem reagiert.

Gut zu wissen: Proteinbasierter Impfstoff als Alternative

Wer sich aufgrund der vorgestellten Untersuchung nun nicht mehr mit einem mRNA-Impfstoff impfen lassen möchte, der kann auf eine proteinbasierte Vakzine ausweichen. Proteinimpfstoffe enthalten keine mRNA sondern bereits das Spike-Protein des Coronavirus. 

Seit Kurzem ist mit Nuvaxovid XBB.1.5 ein Proteinimpfstoff – der an Omikron XBB.1.5 angepasst wurde – beim Großhandel bestellbar. Der Impfstoff ist für Personen ab 12 Jahren zur Grundimmunisierung und zur Auffrischung zugelassen.

Was bedeuten die Ergebnisse für zukünftige mRNA-Impfstoffe? 

Auch wenn es bisher keine Hinweise darauf gibt, dass die unerwünschten Proteine eine Gefahr darstellen, sollte bei zukünftigen Einsatzgebieten der mRNA-Impfstoffe das fehlerhafte Ablesen möglichst verhindert werden. 

Die britischen Wissenschaftler liefern in ihrer Studie auch gleich einen Lösungsvorschlag dafür: Das fehlerhafte Ablesen der veränderten mRNA passiert immer an ganz bestimmten „rutschigen“ Stellen. Diese Dreiergruppen müssen also dahingehend verändert werden, dass Ablesefehler nicht so leicht passieren. Quellen:
https://www.spektrum.de/news/was-die-nebenprodukte-bei-den-mrna-impfstoffen-bedeuten/2200755;
https://www.nature.com/articles/s41586-023-06800-3;
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Materialien/Downloads-COVID-19-Proteinimpfstoff/Aufklaerungsbogen-de.pdf?__blob=publicationFile
 

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