COVID-19-Impfung
Corona-Pandemie
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Zweiter Booster nur für bestimmte Personengruppen: Wann und für wen ist eine vierte Impfung sinnvoll?

Frau in gestreifter Bluse mit vier Pflastern auf dem Oberarm
Für wen ist eine zweite Auffrischimpfung gegen SARS-CoV-2 empfehlenswert? | Bild: i-am-helen / AdobeStock

In der Debatte um eine Ausweitung der Empfehlung zu Corona-Viertimpfungen zeigen sich Fachleute weiter sehr skeptisch. Einen kompletten Schutz vor einer Infektion durch wiederholtes Boostern erreichen zu wollen, sei vermutlich kein realistisches Ziel, sagte Christoph Neumann-Haefelin, Leiter der Arbeitsgruppe Translationale Virusimmunologie am Universitätsklinikum Freiburg. „Das Ziel der Booster-Impfung muss sein, die verschiedenen Personengruppen vor wirklich schweren Infektionsverläufen zu schützen.“

Bei Gesunden ohne Immunproblem halte eine relativ robuste T-Zell-Antwort bereits nach der zweiten Impfstoffdosis fast ein Jahr an, schilderte Neumann-Haefelin. Die erste Auffrischimpfung erhöhe vorübergehend noch einmal den Schutz, auch durch gesteigerte Spiegel von Antikörpern, und trage zu dessen Dauer bei.

Zweiter Booster erst im Herbst nötig

Sogenannte neutralisierende Antikörper können – wenn ausreichend vorhanden – bereits eine Infektion unterbinden, sie sind quasi die erste Abwehrlinie im Körper. T-Zellen hingegen sind wichtig für den Schutz vor schweren Verläufen. Nach Corona-Impfungen sinken die zunächst angestiegenen Spiegel neutralisierender Antikörper im Blut recht schnell wieder ab. Für den Schutz vor einer Infektion mit der Ende 2021 aufgekommenen Omikron-Variante sind deutlich höhere Spiegel nötig als bei früheren Varianten – auch deshalb war die Booster-Kampagne in Deutschland ausgeweitet worden.

Das Abfallen der Antikörperspiegel nach einer Infektion oder Impfung sei „ein ganz normaler Vorgang“, sagte der wissenschaftliche Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin, Andreas Radbruch. Was in der Diskussion oft zu kurz komme: Es sei dann zwar weniger Masse vorhanden, aber die Qualität der Antikörper nehme zu – „und zwar ganz drastisch“. Dieser sehr wichtige Prozess dauere etwa ein halbes Jahr und könne nicht abgekürzt werden: Wer nun einen zweiten Booster in Erwägung ziehe, könne vor diesem Hintergrund „gut warten bis zum Herbst“. Unter dem Strich beschrieb Radbruch die Impfung als „extrem effizient“, ein langanhaltender Schutz sei anzunehmen.

Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, sagte zu Befürchtungen vor womöglich künftigen Virusvarianten, die den Impfschutz unterlaufen, dass das Spike-Protein von SARS-CoV-2 seit Wuhan in seinem unteren Bereich sehr konstant geblieben sei. Weitere Veränderungen dahingehend, dass auch diese Bereiche für T-Zellen nicht mehr erkennbar sind, bezeichnete sie als sehr unwahrscheinlich.

Gesunde Menschen unter 70 Jahren sind nachhaltig gut geschützt

Generell könnten die Immunantworten von Menschen auf die Impfung individuell sehr unterschiedlich ausfallen, schilderte Falk. Aus rein immunologischer Perspektive könne man sagen: Menschen mit gesundem Immunsystem unter 70 Jahren erzeugen eine sehr gute, nachhaltige, schützende Immunantwort vor schwerem Verlauf. „Das ist auch der Anspruch, den wir an die Impfung hatten.“

Die Wissenschaftler betonten, dass es nach wie vor keinen Konsens darüber gebe, bei welchen Werten, etwa von Antikörpern im Blut, ein Mensch vor einer Corona-Infektion geschützt ist. Antikörperspiegel im Blut sagten zudem nichts über den Schutz im Nasen-Rachenraum aus.

STIKO empfiehlt vierte Impfung ab 70

In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) einen zweiten Booster derzeit nur für Menschen ab 70 Jahren und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich kürzlich in Brüssel für eine vierte Impfung für alle ab 60 Jahren eingesetzt. Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hatte Anfang April erklärt, dass eine vierte Dosis für alle Bürger derzeit nicht notwendig sei: Es könne aber für Menschen ab 80 Jahren sinnvoll sein angesichts des höheren Risikos einer schweren COVID-19-Erkrankung. Quelle: dpa / mia 

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