COVID-19-Therapieoptionen
Corona-Pandemie
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Behandlung und Vorbeugung von COVID-19: EU lässt die ersten Corona-Antikörper zu

Grafische Darstellung bunter Antikörper
Während Ronapreve® bei ab 12-Jährigen u. a. zur Prophylaxe eingesetzt werden kann, soll Regkirona® ausschließlich Erwachsenen zur Behandlung von COVID-19 verabreicht werden. | Bild: Kateryna_Kon / AdobeStock

Die EMA hat gleich zwei Antikörperpräparaten gegen COVID-19 den Weg geebnet: Sie empfahl am 11. November die Zulassung von Ronapreve® – dem Antikörpercocktail mit Casirivimab und Imdevimab von Roche – und von Regkirona®, einem SARS-CoV-2-Antikörper-Monopräparat mit dem Wirkstoff Regdanvimab von Celltion. Die EU-Kommission ließ beide am 12. November zu. Es sind die ersten speziell gegen COVID-19 entwickelten Arzneimittel seit Remdesivir (Veklury®). Remdesivir hat nicht den erhofften Erfolg bei der Behandlung von COVID-19-Patienten gebracht, sodass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von der Anwendung von Remdesivir mittlerweile sogar eher abrät. 

Neue Optionen bei COVID-19 sollen jetzt die frisch zugelassenen Antikörper Casirivimab/Imdevimab und Regdanvimab bringen. Wie wirken die Präparate? Wann und bei wem dürfen Ronapreve® und Regkirona® angewendet werden?

Ronapreve®: Für Patienten ab zwölf Jahren

Eine „breitere“ Anwendung deckt die Zulassung von Casirivimab/Imdevimab ab: Ärzte dürfen das Antikörper-Duo künftig zum einen zur Behandlung von jugendlichen und erwachsenen COVID-19-Patienten anwenden. 

Zum anderen dürfen Casirivimab/Imdevimab auch zur Prävention, also zur Vorbeugung von COVID-19 (Post- und Präexpositionsprophylaxe), verabreicht werden. In beiden Anwendungsgebieten gelten ein Mindestalter von zwölf Jahren sowie ein Mindestgewicht von 40 kg. 

Casirivimab/Imdevimab zur Behandlung und Vorbeugung von COVID-19

Zur Behandlung von COVID-19 erhalten die Patienten innerhalb von sieben Tagen nach Symptombeginn eine einmalige Infusion oder subkutane Injektion mit Casirivimab und Imdevimab. 

Sollen Casirivimab/Imdevimab eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 verhindern, wird zur Postexpositionsprophylaxe – nach Kontakt mit einem SARS-CoV-2-Infizierten – Ronapreve® ebenfalls lediglich einmalig (subkutan oder als intravenöse Infusion) verabreicht, und zwar so schnell wie möglich. 

In beiden Fällen erhalten die Patienten oder möglicherweise angesteckten Personen je 600 mg Casirivimab und Imdevimab. Eine mehrmalige Verabreichung sieht die Präexpositionsprophylaxe vor – zum Beispiel bei Menschen, die sich nicht impfen lassen können. Sie erhalten nach einer ersten Dosis mit je 600 mg Casirivimab und Imdevimab alle vier Wochen je 300 mg der beiden Antikörper, und zwar so lange, bis keine Prophylaxe mehr vonnöten ist. Allerdings gibt es keine Daten, die über eine sechsmonatige Gabe hinausgehen. Eine Packung Ronapreve® enthält zwei Fläschchen, eines mit 300 mg Casirivimab und eines mit 300 mg Imdevimab.

Mit Ronapreve® weniger Krankenhauseinweisungen und Tod

Die EMA beziehungsweise der dortige Humanarzneimittelausschuss (CHMP) unterstützten die Zulassung von Ronapreve®, da der Antikörpercocktail sich in Studien bewiesen hatte: Erhielten COVID-19-Patienten ohne zusätzlichen Sauerstoff, aber einem erhöhten Risiko für schweres COVID-19, Ronapreve®, so mussten sie deutlich seltener ins Krankenhaus oder verstarben seltener als Patienten unter Placebotherapie. Insgesamt kamen 0,9 Prozent der COVID-19-Patienten (11 von 1.192) innerhalb von 29 Tagen nach Ronapreve® ins Krankenhaus oder starben, unter Placebo waren es hingegen 3,4 Prozent der Patienten (40 von 1.193). 

In der Prävention konnten Casirivimab/Imdevimab ebenfalls punkten. Untersucht wurde dies an Personen, die in engem Kontakt zu einem infizierten Haushaltsmitglied ohne COVID-19-Symptome standen: Mit Casirivimab/Imdevimab entwickelten 29 Prozent (29 von 100) der positiv getesteten Patienten innerhalb von 14 Tagen COVID-19-Symptome, unter Placebo waren es 42,3 Prozent (44 von 104 Personen). 

Bezug nur über Stern- und Satelliten-Apotheken

Die Antikörper können nicht über Roche oder den Großhandel bezogen werden, sondern ausschließlich über sogenannte Stern- bzw. Satelliten-Apotheken. Die Bundesregierung hatte Casirivimab/Imdevimab bereits im Frühjahr zentral beschafft. Eine Liste mit den bevorratenden Apotheken stellt das RKI bereit.

Regdanvimab nur zur COVID-19-Behandlung von Erwachsenen

Daneben sprach sich die EMA auch für die Zulassung eines Antikörper-Monopräparats aus: Regdanvimab in Regkirona®. Regdanvimab darf allerdings nur zur Behandlung von COVID-19 (nicht zur Prävention) angewendet werden und auch nur bei Erwachsenen. 

Diese erhalten Regdanvimab, wenn sie an COVID-19 erkrankt sind, keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen, aber ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf aufweisen. Dosiert wird nach Körpergewicht mit 40 mg Regdanvimab pro Kilogramm Körpergewicht.

Wie bei Casirivimab/Imdevimab sollte die Behandlung mit Regdanvimab innerhalb von sieben Tagen nach Symptombeginn starten. Die Gabe erfolgt als intravenöse Infusion.

Mit Regdanvimab weniger Tote und Krankenhauseinweisungen

Auch Regdanvimab musste sich vor Zulassung in Studien bewähren: COVID-19-Patienten mussten mit Regdanvimab-Therapie signifikant seltener ins Krankenhaus oder waren seltener auf Sauerstoff angewiesen oder verstarben seltener als Placebopatienten – 3,1 Prozent (14 von 446) unter Regdanvimab verglichen mit 11,1 Prozent (48 von 434) unter Placebo.

Gut zu wissen: So funktionieren die Corona-Antikörper Casirivimab/Imdevimab und Regdanvimab

Antikörper gegen SARS-CoV-2 sollen das Virus abfangen und neutralisieren. Sie werden parenteral (per Infusion oder Injektion) verabreicht, binden an SARS-CoV-2, inaktivieren das Virus und verhindern so, dass SARS-CoV-2 menschliche Zellen infizieren und sich ausbreiten kann. 

Casirivimab/Imdevimab und Regdanvimab zielen auf das Spikeprotein von SARS-CoV-2. Durch Bindung an das Spikeprotein blockiert der Antikörper die Interaktion des Proteins mit der menschlichen Zelle und verhindert so das Eindringen. 

Vorbild für die therapeutischen Antikörper gegen Corona sind meistens „Original“-Antikörper aus dem Blut von bereits mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten, die mittlerweile genesen sind.

Wissenschaftler prüfen im Labor zunächst, welche der entnommenen Antikörper besonders effektiv gegen SARS-CoV-2 wirken. Diese Antikörper werden sodann weiterentwickelt und optimiert, beispielsweise auch dahingehend, dass sie eine längere Halbwertszeit und Wirkdauer haben. 

Einsatz der Corona-Antikörper noch vor Zulassung

Schon vor Zulassung der Corona-Antikörper durch die Europäische Kommission hatte die EMA wissenschaftliche Empfehlungen zum Einsatz der Antikörper ausgesprochen. Sie wollte damit den EU-Ländern eine wissenschaftlich einheitliche Basis zum Einsatz der Präparate an die Hand geben. 

Für Casirivimab und Imdevimab sowie Regdanvimab sah die EMA die Anwendung bei COVID-19-Patienten ohne zusätzlichen Sauerstoff und einem hohen Risiko für schweres COVID-19 für gerechtfertigt an.

WHO-Empfehlung für Casirivimab und Imdevimab

Daneben gibt es seit September auch eine Empfehlung zu Casirivimab/Imdevimab der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie empfiehlt Casirivimab/Imdevimab zur Behandlung für schwer bis kritisch erkrankte COVID-19-Patienten und für SARS-CoV-2-Infizierte mit hohem Risiko zur Prävention eines schweren Verlaufs. Sie hatte sich damals erstmalig zur Prophylaxe von schweren COVID-19-Verläufen mit einem Arzneimittel positioniert.

EMA prüft noch Tixagevimab/Cilgavimab und Sotrovimab

Mit den zwei zugelassenen Antikörperpräparaten ist die EMA mit ihrer wissenschaftlichen Begutachtung von Corona-Antikörpern noch nicht fertig. Derzeit laufen Rolling-Review-Verfahren zum Duo Tixagevimab und Cilgavimab in Evusheld® von AstraZeneca sowie zu Sotrovimab. 

Die laufende Überprüfung von Bamlanivimab/Etesevimab hat die EMA auf Antrag des Herstellers Lilly Anfang November beendet.

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