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Selbstmedikation während der Schwangerschaft - Teil 4: Husten

Bild: Ivan Kruk / Adobe Stock

Ursachen für Husten in der Schwangerschaft

Wie auch bei Nicht-Schwangeren gehört eine akute Infektion der oberen Atemwege mit Viren zu den häufigsten Ursachen von Husten. Auch eine allergische Reaktion, eine beginnende Bronchitis oder eine Infektion mit Grippeviren kann – neben einigen weiteren Ursachen – von Husten begleitet werden.

In der Schwangerschaft ist ein weiterer häufiger Grund - gerade für nächtlichen Reizhusten - und eine wichtige Nachfrage für die Beratung in der Selbstmedikation die gastroösophageale Refluxkrankheit mit ihrem Hauptsymptom, dem Sodbrennen. Durch das Wachsen des Kindes im Bauch kann sich der Druck in der Bauchhöhle erhöhen und so auch mehr Druck auf den Muskelring am Übergang von Speiseröhre zu Magen ausüben. Dies führt dann zu einem charakteristischen Brennen hinter dem Brustbein. Durch körpereigene Reflexe kommt es hierbei auch häufig zu einem Hustenreiz. Zusätzlich kann, gerade im Liegen, und damit häufig nachts, die Magensäure am Übergang zwischen Speise- und Luftröhre die Atemwege reizen und so zu Reizhusten führen. Zur Behandlung von Sodbrennen werden Antacida, H2-Rezeptorantagonisten und Protonenpumpenhemmer eingesetzt. Für die Behandlung in der Selbstmedikation während der Schwangerschaft ist allerdings nur die Gruppe der Antacida zugelassen. Hier finden Sie eine Übersicht der in der Schwangerschaft anwendbaren Antacida für die Selbstmedikation:

Immer zum Arzt? Möglichkeiten und Grenzen der Selbstmedikation während der Schwangerschaft – Teil 3: Sodbrennen

Eine ebenfalls Schwangeren-typische Ursache für Reizhusten kann eine verstopfte Nase sein. Viele Schwangere leidet unter Schnupfen (Schwangerschaftsrhinitis). Verantwortlich dafür ist die hormonelle Umstellung während der Schwangerschaft. Im Liegen kann hierbei eventuell Schleim in den Rachen laufen und damit einen Hustenreiz auslösen. Auch eine hierdurch bedingte verstärkte Mundatmung und die damit verbundenen trockeneren Schleimhäute können einen solchen Reiz auslösen, dass es zu nächtlichen Hustenattacken kommt.

Behandlung von Husten in der Schwangerschaft

Bei der Behandlung von Schwangeren gilt prinzipiell, dass diese lieber einmal mehr als einmal zu wenig einen Arzt aufsuchen sollen. Eine banale Erkältung ist jedoch auch in der Schwangerschaft in der Regel harmlos und gerade eine dadurch geschwächte Schwangere gehört eher ins Bett als in ein Wartezimmer oder die Notaufnahme. Nur wenn Fieber (>38,5 Grad) auftreten sollte sie in jedem Fall zum Arzt geschickt werden. Gleiches gilt für Zweifel bei der Eigendiagnose oder wenn es weitere Gründe gibt, die gegen eine Selbstmedikation sprechen.

Pflanzlich heißt nicht immer harmlos

Googelt man den Begriff Husten in der Schwangerschaft, so wie es eben viele werdende Mütter heute tun, so stößt man schnell auf allerhand Foren, teils mit moderierenden Medizinern, teils ohne. Dort werden oft „pflanzliche Mittel“ empfohlen, da diese „ganz harmlos und unbedenklich“ seien. Das trifft leider nicht immer zu, denn es gibt durchaus pflanzliche Arzneimittel und vor allem „Hausmittel“, die eine Schwangerschaft negativ beeinflussen können. Denken Sie hier beispielsweise an Ingwertee. Dieser soll das Immunsystem stärken und eine bereits ausgebrochene Erkältung linden und den Heilungsprozess beschleunigen. Das mag prinzipiell richtig sein. Ab dem 2. Trimenon sollte vom Genuss von Ingwer jedoch abgeraten werden, da dieser eine wehenfördernde Wirkung haben kann.

Sie sehen, die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel in der Schwangerschaft ist schwer zu beurteilen. Meist fehlen systematische Studien zu den Präparaten, die eine Unbedenklichkeit zweifelsfrei nachweisen. Aus Sicherheitsgründen wird deshalb empfohlen, auf die besser untersuchten, konventionellen Arzneimittel zurückzugreifen – auch wenn nur wenige oder keine Fallberichte über teratogene Schäden im Zusammenhang mit der Einnahme von Phytopharmaka vorliegen. Wichtig ist jedenfalls immer, die Patientinnen darauf hinzuweisen, die therapeutischen Dosierungen einzuhalten und vom exzessiven Genuss von Tees mit arzneilicher Wirkung abzuraten. Ein weiteres Ausschlusskriterium für viele „Phytos“ ist, dass viele pflanzliche Präparate auf alkoholischer Basis hergestellt werden.

Gute Beratung in der Selbstmedikation

Wie bei Nicht-Schwangeren können Sie sich für eine gute Beratung in der Selbstmedikation an den Leitlinien der Bundesapothekerkammer orientieren. In diesem Fall hilft Ihnen die Handlungshilfe „Information und Beratung im Rahmen der Selbstmedikation am Beispiel Husten“ weiter. Wenn Sie ausreichende Hinweise gesammelt haben, dass es sich um einen Reizhusten im Rahmen eines banalen und in der Selbstmedikation behandelbaren Atemwegsinfekt handelt, stehen mehrere Präparate – auch in der Schwangerschaft – zur Verfügung.

Embryotox als Hilfe für die Beratung

Bei der Entscheidung, ob Sie der Schwangeren ein Arzneimittel für die Selbstmedikation empfehlen können, kann Ihnen „Embryotox“ eine große Hilfe sein. Dieses umfangreiche qualitätsgesicherte Informationsangebot zur medikamentösen Behandlung von Schwangeren und Müttern in der Stillzeit wird vom Pharmakovigilanzzentrum für Embryonaltoxikologie an der Charité Berlin zur Verfügung gestellt. Das öffentlich geförderte Institut bietet Ärzten und Apotheken bereits seit 1988 unabhängige Informationen zur Verträglichkeit der wichtigsten Arzneimittel und zur Behandlung häufig vorkommender Krankheiten in Schwangerschaft und Stillzeit an. Seit 2008 gibt es auch ein Internetportal (www.embryotox.de) welches bisher circa 420 Arzneimittel abdeckt. Die Angaben, die Sie bei www.embryotox.de finden, beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Daten und stimmen nicht immer mit den Informationen überein, die Sie in den Fachinformationen, auf den Beipackzetteln und in der Roten Liste finden. Kurzgefasste Mitteilungen auf Beipackzetteln oder in der Roten Liste vermitteln oft den Eindruck, dass die meisten Produkte in der Schwangerschaft nicht verwendet werden dürfen. Viele PTA und Apotheker betrachten diese Hinweise als rechtlich bindend und eine Behandlung als haftungsrechtlich problematisch. Auch, wenn die überwiegende Zahl der Arzneimittel unzureichend in der Schwangerschaft untersucht ist, muss man nicht befürchten, dass heute unerkannt Arzneimittel im Umlauf sind, die so stark schädigen, wie Contergan® (Thalidomid) vor knapp 60 Jahren. Sie können sich auf dem Portal über die Mittel der Wahl zu häufigen Erkrankungen in der Schwangerschaft informieren und die Fragestellung „Darf das Arzneimittel einer Schwangeren oder Stillenden abgegeben werden?“ beantworten. Weisen Sie bei Ihrer Beratung unbedingt darauf hin, dass im Beipackzettel diese abweichenden Angaben zu finden sind und nennen Sie ruhig auch Embryotox als Quelle.

Selbstmedikation bei Husten in der Schwangerschaft möglich?

Falls Maßnahmen wie eine Inhalationsbehandlung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr ungenügend wirken, sollten zunächst die besser untersuchten Substanzen Acetylcystein (ACC® akut), Ambroxol (z. B. Mucosolvan®, Ambroxol ratiopharm®) oder Bromhexin (z. B. Bromhexin Krewel Meuselbach® Tropfen) eingesetzt werden. Wegen des geringen Erfahrungsumfangs gelten Präparate mit Thymian (z. B. Melrosum®, Hustagil® oder Thymipin®), Efeu (z. B. Prospan®, Bronchicum®) oder Cineol (z. B. Soledum®, Gelo®Myrtol) als zweite Wahl. Zu allen genannten Wirkstoffen finden Sie Angaben bei Embryotox über Risiko, Anwendbarkeit und Einschränkungen während der Schwangerschaft.

Sprechstunde bei Embryotox

Schwangere selbst können übrigens auch beim Pharmakovigilanzzentrum für Embryonaltoxikologie anrufen und sich individuell beraten lassen. Zu vielen Arzneimitteln mangelt es an Erfahrungen, um differenziert das Risiko beurteilen zu können. Daher dokumentiert Embryotox im Rahmen des so genannten Pharmakovigilanz-Netzwerkes des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Verlauf von Schwangerschaften, bei denen das Institut beratend tätig wurde und werten diese Daten gemeinsam mit ähnlichen Zentren in anderen europäischen Ländern aus. Da an Schwangeren aus ethischen Gründen keine randomisierten Studien durchgeführt werden, beruht das Wissen auf klinischen Erfahrungen. Schwangere können durch ihre aktive Mitarbeit dazu beitragen, die Kenntnisse zu den Risiken - aber auch zur Sicherheit von Arzneimitteln zu verbessern. Davon profitieren andere Schwangere und Stillende. Daher bittet Embryotox darum, dass Schwangere, wenn sie den Service wegen einer konkreten Schwangerschaft lesen, Einzelheiten zu dieser Schwangerschaft einschließlich der verwendeten Arzneimittel mitzuteilen. Hierfür stellt das Institut einen Online-Fragebogen und eine Telefonnummer zur Verfügung.