Rezeptur
Praxiswissen
8 min merken gemerkt Artikel drucken

Auswertung des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts: Die häufigsten Wirk- & Hilfsstoffe in der Rezeptur

PTA steht in der Rezeptur und füllt eine Creme ab
Bei der Herstellung von Rezepturen werden zahlreiche Wirk- und Hilfsstoffe sowie Rezepturgrundlagen verwendet. | Bild: Schelbert

Seit Juli 2022 müssen Apotheken bei der Herstellung von Arzneimitteln, die auf einem Rezept nach Muster 16 verordnet sind, Hashcodes und Z-Daten an die gesetzlichen Krankenkassen übermitteln. 

Der sogenannte Hashcode besteht aus einer insgesamt 40-stelligen Zahl und verbindet das klassische Papierrezept mit den elektronisch übertragenen Abrechnungsdaten. Bei den E-Rezepten ist deshalb nur ein Z-Datensatz nötig, diese elektronischen Zusatzdaten enthalten Informationen über die einzelnen Bestandteile einer Rezeptur.

Auswertung durch das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut

Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) hat nun die Daten aus dem Zeitraum April bis September 2023 ausgewertet. In diesem Zeitraum wurden in Deutschland insgesamt 2,3 Millionen Rezepturen nach Sonderkennzeichen 09999011 abgerechnet. 

Dabei handelt es sich um übliche Darreichungsformen wie Salben, Cremes, Zäpfchen, Pulver, Kapseln, Suspensionen oder Teemischungen. Die Herstellung parenteraler Lösungen gehört im Übrigen nicht dazu. Der überwiegende Anteil (79 %) der verarbeiteten Ausgangsstoffe und Gefäße wurde über die Anlage 1 und 2 der Hilfstaxe abgerechnet, die vom Deutschen Apothekerverband zum Endes des Jahres 2023 gekündigt wurde.

Weiterhin wurden zur Herstellung der Rezepturen 5 % Fertigarzneimittel sowie 16 % Substanzen und Gefäße, die nicht über die Hilfstaxe taxiert wurden, eingesetzt. Aus den Z-Daten konnte das DAPI auch die am häufigsten eingesetzten Wirk- und Hilfsstoffe ermitteln. 

Bei den Arzneistoffen wurde das Glucocorticoid Triamcinolonacetonid am häufigsten ärztlich verschrieben, gefolgt vom Antimykotikum Clotrimazol und dem Antibiotikum Erythromycin

Bei den Dermatika-Grundlagen lag die Basiscreme DAC vorne. Weiterhin wurden Propylenglycol und Mittelkettige Triglyceride als Hilfsstoffe häufig verwendet.

Triamcinolonacetonid als häufigster Wirkstoff

Das Glucocorticoid Triamcinolonacetonid ist der am häufigsten verschriebene Arzneistoff zur Herstellung von Rezepturen. Die Substanz gehört zu den mittelstark wirksamen Glucocorticoiden und wird in Dermatika üblicherweise in Konzentrationen zwischen 0,025 % bis 0,1 % verordnet.

Triamcinolonacetonid gilt als relativ stabil und weist einen breiten rezeptierbaren pH-Bereich zwischen 2 und 9 auf. Eine Einstellung des pH-Wertes in hydrophilen Cremes ist daher normalerweise nicht nötig. 

Die Substanz kann mit einer Vielzahl an offizinellen Dermatika-Grundlagen verarbeitet werden. Wird eine lipophile W/O-Creme gewünscht, kann Wollwachsalkoholcreme DAB und Kühlcreme DAB verwendet werden. Zur Herstellung hydrophiler O/W-Cremes ist unter anderem Basiscreme DAC, Anionische hydrophile Creme DAB und Hydrophile Basisemulsion DAC geeignet. Auch eine Verarbeitung mit zahlreichen Fertigarzneimittel-Grundlagen ist möglich.

Gut zu wissen: Ziegler Rezepturbibliothek als praxistaugliche Hilfe

Um zu wissen, welche Wirkstoffe mit welchen Handelspräparaten stabil verarbeitet werden können, lohnt sich ein Blick in die Ziegler Rezepturbibliothek

Das Modul des Dr. Lennartz Laborprogramms liefert dazu eine praktische Übersicht, verbunden mit weiteren Tipps zur Herstellung, Prüfung und Kennzeichnung der jeweiligen Zubereitung.

Triamcinolonacetonid wird häufig auch mit anderen Arzneistoffen kombiniert, vor allem Rezepturen mit Salicylsäure oder Harnstoff kommen im Apothekenalltag vor.

Clotrimazol an zweiter Stelle

Als zweithäufigster Wirkstoff wird bei der Herstellung von Rezepturen Clotrimazol verwendet. Das Antimykotikum wird meist in Konzentrationen zwischen 1 % und 2 % dosiert und kann zu zahlreichen Darreichungsformen wie hydrophilen Lösungen und halbfesten Zubereitungen verarbeitet werden. 

In älteren Literaturangaben ist manchmal noch ein rezeptierbarer pH-Bereich zwischen 5 und 10 zu finden, mittlerweile gilt die Säurestabilität der Verbindung als höher. Clotrimazol kann daher über einen breiten pH-Bereich von 3,5 bis 10 auch zusammen mit anderen Wirkstoffen verarbeitet werden.

Auch zahlreiche Rezepturen mit Erythromycin

Häufig verordnen Ärzte in Rezepturen auch das Makrolidantibiotikum Erythromycin. Zubereitungen mit diesem Wirkstoff sind in der Apotheke jedoch als problematische Rezepturen bekannt, da sich Erythromycin bei ungünstigen pH-Verhältnissen innerhalb von wenigen Stunden zersetzen kann. Die therapeutische Konzentration liegt in Dermatika zwischen 0,5 % und 4 %. 

Der optimale pH-Wert bezüglich Wirksamkeit und Stabilität liegt bei pH 8 bis 8,5. Aufgrund des äußerst eng begrenzten pH-Bereichs sind bei der Herstellung Erythromycin-haltiger Rezepturen geprüfte Vorschriften zu bevorzugen.

Die Kombination mit anderen Arzneistoffen gilt in Individualrezepturen als kritisch, da die Stabilität von Erythromycin bereits in Monorezepturen schwierig einzuschätzen ist. Häufig verordnen Ärzte beispielsweise eine hydrophile Zubereitung mit Erythromycin und Metronidazol. Hierbei ist die Herstellung einer Individualrezeptur aus Stabilitätsgründen abzulehnen und eine Verarbeitung sollte nach einer geprüften Vorschrift aus dem NRF erfolgen. Unter der Ziffer 11.138. „Hydrophile Erythromycin-Creme mit Metronidazol“ ist ein entsprechender Rezepturvorschlag zu finden.

Häufigste Grundlage: Basiscreme DAC

Zur Herstellung halbfester Zubereitungen wird am häufigsten Basiscreme DAC als Grundlage eingesetzt. Diese nichtionische Dermatika-Grundlage zählt zu den amphiphilen Cremes und stellt einen Übergang zwischen W/O- und O/W-Zubereitungen dar. 

Der amphiphile Charakter entsteht durch die enthaltenen W/O-Emulgatoren Cetylalkohol und Glycerolmonostearat 60 sowie den O/W-Emulgator Macrogol-20-glycerolmonostearat. Basiscreme DAC kann sowohl mit Wasser (maximal 80 %) als auch mit Lipiden wie Dickflüssigem Paraffin (maximal 20 %) vermischt werden. 

Im Unterschied zu anderen hydrophilen Cremes muss Basiscreme DAC nicht durch Zugabe eines Konservierungsmittels vor mikrobiellem Befall geschützt werden. Denn: Die Grundlage enthält bereits Propylenglycol in 20-prozentiger Konzentration bezogen auf die Wasserphase und dieser zweiwertige Alkohol wirkt unabhängig vom pH-Wert ausreichend antimikrobiell.

Basiscreme DAC: Zahlreiche Wirkstoffe können eingearbeitet werden

Zwar kann Basiscreme DAC auch wirkstofffrei zur Nachbehandlung von Hautkrankheiten im Rahmen einer Stufen- oder Intervalltherapie angewendet werden, meist wird sie jedoch zur Einarbeitung von Arzneistoffen eingesetzt. Zahlreiche Glucocorticoide wie Betamethasonvalerat, Clobetasolpropionat, Prednicarbat und Triamcinolonacetonid können mit Basiscreme DAC zu stabilen Zubereitungen verarbeitet werden. 

Bei Glucocorticoiden, die ihr Stabilitätsmaximum im schwach sauren Milieu haben, wird der ursprüngliche pH-Wert der Creme (pH 5 bis 6) durch Zugabe eines Citrat-Puffers leicht abgesenkt. Auch weitere gängige Wirkstoffe wie Clotrimazol, Erythromycin sowie das Antiseptikum Chlorhexidindigluconat, das Lokalanästhetikum Lauromacrogol 400 und das Vitamin-A-Derivat Tretinoin sind zur Verarbeitung mit Basiscreme DAC geeignet. 

Gegenüber Verbindungen mit Phenol-Struktur wie Triclosan und Tannin besteht dagegen eine Unverträglichkeit.

Verdünnung von Basiscreme DAC mit Wasser

Wird eine wasserreichere Creme oder Hautemulsion als Grundlage gewünscht, kann Basiscreme DAC auch mit Gereinigtem Wasser verdünnt werden. Bei Zugabe von Wasser bis zum Verhältnis 1 + 3 wird noch eine Creme erhalten, ab einem Ansatz von 1 + 4 resultiert eine hydrophile Emulsion. 

Rezepturformel für eine Hydrophile Emulsion (aus Basiscreme DAC verdünnt 1 + 4):

Basiscreme DAC20,0 g
Propylenglycol16,0 g
Gereinigtes Wasserzu 100,0 g

Um weiterhin einen mikrobiellen Schutz aufrechterhalten zu können, muss beim Verdünnen mit Wasser der zusätzliche Anteil an Wasser nachkonserviert werden. Dazu ist 20 % Propylenglycol bezogen auf die hinzugegebene Wassermenge geeignet. 

Propylenglycol als häufigster Hilfsstoff

Der zweiwertige Alkohol Propylenglycol ist auch der am häufigsten eingesetzte Hilfsstoff. Die farblose Flüssigkeit kommt dabei in unterschiedlichen Funktionen zum Einsatz. Die antimikrobielle Eigenschaft der Substanz und ihre damit verbundene Verwendung in hydrophilen Grundlagen wurde bereits bei der Basiscreme DAC beschrieben. 

Weiterhin wird Propylenglycol als Feuchthaltemittel und Penetrationsbeschleuniger in Dermatika verwendet und dient als Lösungsmittel in flüssigen Zubereitungen. Alkoholische Lösungen mit Salicylsäure zum Auftragen auf die Haut enthalten häufig neben 2-Propanol und Gereinigtem Wasser zusätzlich noch Propylenglycol. Dieser schwerer flüchtige Alkohol bleibt zusammen mit Salicylsäure auf der Haut zurück, wenn 2-Propanol und Wasser bereits verdunstet sind. Dadurch wird ein unangenehmes Hautgefühl durch fein kristallisierte Salicylsäure vermieden. 

Propylenglycol wird auch als Lösungsmittel in oralen Zubereitungen verwendet, Paracetamol löst sich beispielsweise leicht darin auf. Flüssige Zubereitungen zum Einnehmen mit Paracetamol für Jugendliche und Erwachsene können daher mit Hilfe von Propylenglycol hergestellt werden.

Gut zu wissen: Propylenglycol gilt in der Pädiatrie als kritischer Hilfsstoff

Jüngere Kinder, vor allem Früh- und Neugeborene, können Propylenglycol nur unzureichend verstoffwechseln. Es besteht die Gefahr, dass die Substanz die Blut-Hirn-Schranke überwindet und Krämpfe auslösen kann. 

Die Europäische Arzneimittelagentur hat für Kinder ab fünf Jahren daher einen Grenzwert von 500 mg/kg Körpergewicht pro Tag für orale Zubereitungen festgelegt. Für jüngere Kinder liegt der Wert mit 50 mg/kg Körpergewicht pro Tag noch niedriger. 

Die Anwendung auf der Haut ist zwar möglich, da bei Früh- und Neugeborenen die Hautbarriere noch nicht ausreichend entwickelt ist, jedoch sollte die Applikation in dieser Altersgruppe vermieden werden.

Mittelkettige Triglyceride ebenfalls häufig verwendet

Als Hilfsstoff werden häufig auch Mittelkettige Triglyceride verwendet. Das flüssige Triglyceridgemisch ist auch unter dem Namen Neutralöl bekannt. Die schwach gelbliche, ölige Flüssigkeit ist Bestandteil zahlreicher Dermatika-Grundlagen.

Häufig werden Mittelkettige Triglyceride im Rezepturbetrieb auch als Anreibemittel eingesetzt. In den meisten halbfesten Zubereitungen liegen die Wirkstoffe in der Grundlage überwiegend ungelöst vor und die entsprechende Rezeptur muss daher als Suspension hergestellt werden. Ein wichtiger Herstellungsschritt ist dabei das Anreiben des Wirkstoffs mit einem geeigneten Anreibemittel. Der Feststoff wird dazu mit einer geeigneten Flüssigkeit zu einer gleichmäßigen Suspension angerieben. Die Flüssigkeit darf nur ein geringes Lösevermögen für den anzureibenden Wirkstoff haben. 

Mittelkettige Triglyceride sind zum Anreiben zahlreicher häufig vorkommender Arzneistoffe geeignet wie beispielsweise

  • Triamcinolonacetonid, 
  • Betamethasonvalerat, 
  • Clobetasolpropionat, 
  • Prednisolonacetat und 
  • Erythromycin. 

Quellen:
- https://www.dapi.de/aktuelles/zahl-des-monats/das-glucocorticoid-triamcinolon-war-mit-446-tausend-abrechnungen-der-am-haeufigsten-in-allgemeinen-rezepturen-eingesetzte-wirkstoff-im-zeitraum-april-bis-september-2023
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Basiscreme DAC (18.11.2020)
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Propylenglycol (07.10.2022)
 

Zurück