Rezeptur
Praxiswissen
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Wirkstoffe mit einer Gehaltsangabe als Aktivität: I.E. und mg/g – so werden Rezepturen umgerechnet

Hand in Einmalhandschuh tippt auf einen Taschenrechner, darunter liegen Papierzettel
Bei der Umrechnung zwischen Internationalen Einheiten und Milligramm/Gramm muss die Einwaage der entsprechenden Substanz jeweils individuell berechnet werden. | Bild: valiantsin / AdobeStock

Bei antimikrobiellen Wirkstoffen und teilweise auch bei Vitaminen erfolgt eine Angabe des Gehalts meist als Aktivität in Internationalen Einheiten (I.E.) pro Milligramm getrockneter Substanz. Dies führt bei der Verordnung von Rezepturen nicht selten zu Unklarheiten, welche Menge an Wirkstoff nun genau gemeint ist.

Woher kommen eigentlich Internationale Einheiten?

Bei den ersten bekannten antimikrobiellen Arzneistoffen handelte es sich um Isolate aus Pilzkulturen, dabei waren gleiche Mengen dieser Isolate unterschiedlich wirksam. Da zur Therapie bakterieller Infektionen die Wirksamkeit einer Substanz – auch bekannt als Aktivität – wichtig war, wurden mikrobiologische Verfahren entwickelt, um diese Aktivität bestimmen zu können. 

Dabei wird die Menge an Substanz quantifiziert, die nötig ist, um das Wachstum bestimmter Bakterien zu hemmen. Diese Aktivität wurde dann in Internationalen Einheiten (I.E.) pro Milligramm Substanz angegeben – im Englischen wurde die Bezeichnung International Units (I.U.) per Milligramm verwendet.

Welche Wirkstoffe spielen in der Rezeptur eine Rolle?

Substanzen mit biologischer Aktivität kommen auch bei der rezepturmäßigen Herstellung von Zubereitungen zum Einsatz. Am häufigsten dürften dabei die antibiotischen Wirkstoffe Nystatin, Gentamicinsulfat und Neomycinsulfat sowie Vitamin A vorkommen.

Bei diesen Arzneistoffen ist auf dem Prüfzertifikat kein prozentualer Gehalt wie bei anderen Substanzen angegeben. Stattdessen findet sich eine Angabe der Aktivität in Internationalen Einheiten (I.E.) meist in Milligramm oder Gramm getrockneter Substanz. Meist verschreiben die Ärzte dann eine Zubereitung mit einer bestimmten Aktivität. In der Apotheke muss vor der Herstellung die dazu nötige abzuwiegende Menge berechnet werden.

Gut zu wissen: Umrechnungsfaktor zwischen Internationalen Einheiten und Milligramm/Gramm?

Jede Rezeptursubstanz hat chargenabhängig eine eigene Aktivität. Deshalb gibt es keinen allgemein gültigen Umrechnungsfaktor zwischen Internationalen Einheiten und Milligramm oder Gramm. Kommt zur Herstellung einer Rezeptur eine Substanz mit biologischer Aktivität zum Einsatz, muss die Einwaage daher jeweils neu berechnet werden.

Nystatin: Umrechnung von I.E. bei einer Zubereitung

Der Wirkstoff Nystatin ist als Rezeptursubstanz mikrofein erhältlich und die Gehaltsangabe erfolgt in Form der antibiotischen Aktivität. Wird Nystatin zum Auftragen auf die Haut eingesetzt, muss der verwendete Wirkstoff einen Mindestgehalt von 4.400 I.E. je Milligramm getrockneter Substanz haben. 

Falls die entsprechende Zubereitung zum Einnehmen bestimmt ist, muss der Gehalt leicht höher bei mindestens 5.000 I.E. pro Milligramm getrockneter Substanz liegen.  

Rezepturbeispiel: Nystatin-Suspension 50.000 I.E./g (NRF 21.3.):

Nystatin (mikrofein gepulvert)5.000.000 I.E. 
Glycerol 85 %zu 100,0 g

Bei der Zubereitung handelt es sich um eine Suspension zur Anwendung auf der Mundschleimhaut. Vor der Herstellung muss zunächst die benötigte Einwaage an Nystatin berechnet werden. Laut Prüfzertifikat beträgt die Aktivität der Substanz 5.488 I.E./mg und der Trocknungsverlust liegt bei 4,5 %. 

In einem ersten Rechenschritt wird zunächst der Trocknungsverlust von der angegebenen Aktivität abgezogen:  

Berechnung: 5.488 I.E./mg – 4,5 % = 5.241 I.E./mgBerechnung über Dreisatz: 5.488 I.E./mg – 246,96 I.E./mg (4,5 %) = 5.241 I.E./mg 

Mit diesem Wert kann dann weitergerechnet und die vom Arzt gewünschte Aktivität mit der tatsächlichen Aktivität gleichgesetzt werden:  

5.241 I.E. sind in 1 mg enthalten

5.241.000 I.E. sind in 1 g enthalten

5.000.000 I.E. = x g = 0,9540 gBerechnung über Dreisatz: 5.000.000 I.E. x 1 g : 5.241.000 I.E. = 0,9540 g 

Zur Herstellung der oben vorgestellten Zubereitung ist also eine Einwaage von 0,9540 g Nystatin nötig. Ein Einwaagekorrekturfaktor muss hierbei nicht berücksichtigt werden, da die Aktivität laut Prüfzertifikat höher liegt als der vom Arzneibuch geforderte Wert.

Einwaage kann auch mit Hilfe einer Datenbank berechnet werden

Die benötigte Einwaage kann auch mit Hilfe einer Excel®-Wirkstoffdatenbank des DAC/NRF berechnet werden. Diese ist auf der Beilage-CD im Loseblattwerk oder online bei den Tools zur Rechenhilfe zu finden. 

In der Datenbank gibt es ein eigenes, rotes Tabellenblatt für Wirkstoffe, deren Gehalt in Internationalen Einheiten angegeben ist. Dabei kann sowohl der Einwaagekorrekturfaktor als auch die benötigte Einwaage an Substanz berechnet werden. 

In gelbe Eingabefelder werden die Werte aus dem Prüfzertifikat für die Aktivität in Milligramm oder Gramm eingetragen. Ebenso muss auch der Wassergehalt bzw. ein möglicher Trocknungsverlust berücksichtigt werden. Die tatsächliche Einwaage an Arzneistoff kann dann in einem blauen Feld abgelesen werden. 

Im obigen Rezepturbeispiel beträgt die Aktivität des Nystatins laut Prüfzertifikat 5.488 I.E./mg und der Trocknungsverlust liegt bei 4,5 %. Diese beiden Werte werden zusammen mit der vom Arzt gewünschten Aktivität von 5.000.000 I.E. eingegeben. Anschließend kann direkt die Einwaage von 0,9540 g Nystatin zur Herstellung der Suspension abgelesen werden.

Gut zu wissen: Was ist bei der Kennzeichnung zu beachten?

Bei der Beschriftung der Zubereitung sollte auf dem Etikett die Angabe des Wirkstoffs in Internationalen Einheiten erfolgen, eine Angabe ausschließlich in Gramm wäre nicht eindeutig. Richtig wäre also die Angabe: 

Nystatin 5.000.000 I.E. (entsprechen 0,9540 g)

Gentamicinsulfat häufig in dermalen Zubereitungen verordnet

Trotz seines allergenen Potenzials und einer möglichen toxischen Wirkung bei Resorption wird das Antibiotikum immer noch zahlreich in dermalen Zubereitungen verschrieben. Bei Gentamicinsulfat handelt es sich um eine Mischung verschiedener Aminoglycosid-Verbindungen. 

Laut Europäischem Arzneibuch muss der Gehalt mindestens 590 I.E./mg bezogen auf die wasserfreie Substanz betragen. Die reine Base Gentamicin hat dabei definitionsgemäß eine Aktivität von 1.000 I.E./mg.

Gentamicinsulfat: Gehaltsangaben in ärztlichen Verordnungen

Zubereitungen mit Gentamicinsulfat können auf verschiedene Weise verordnet werden. Am eindeutigsten ist eine Verschreibung nach Masse an Gentamicin als reine Base.  

Rezepturbeispiel: Gentamicin 0,1 % in verdünnter Basiscreme DACQuelle: DAC/NRF-Rezepturenfinder :

Gentamicin0,1 g
Natriumhydrogencarbonatetwa 0,1 g
Propylenglycol8,0 g
Gereinigtes Wasser31,2 g
Basiscreme DACzu 100,0 g

Die Aktivität der verwendeten Gentamicinsulfat-Rezeptursubstanz beträgt laut Prüfzertifikat 630 I.E./mg und der Wassergehalt liegt bei 8,5 %.  

Zunächst muss der Wassergehalt von der angegebenen Aktivität abgezogen werden:  

Berechnung: 630 I.E./mg – 8,5 % = 576,45 I.E./mgBerechnung über Dreisatz: 630 I.E./mg – 53,55 I.E./mg (8,5 %) = 576,45 I.E./mg 

Mit diesem Wert kann dann unter Berücksichtigung der Aktivität von Gentamicin der Einwaagekorrekturfaktor f ausgerechnet werden:  

f = 1.000 I.E./mg : 576,45 I.E./mg = 1,735

Die auf dem Rezept angegebene Menge von 0,1 g Gentamicin wird dann mit dem berechneten Einwaagekorrekturfaktor multipliziert – so erhält man die abzuwiegende Masse von 0,1735 gBerechnung: 0,1 g Gentamicin x Einwaagekorrekturfaktor 1,735 = 0,1735g Gentamicin  Gentamicin.

Verordnung als Gentamicinsulfat

Teilweise wird das Antibiotikum auch direkt als Gentamicinsulfat verschrieben. 

Rezepturbeispiel: Betamethasondipropionat 0,05 % – Gentamicinsulfat 0,2 % in Basiscreme DACQuelle: DAC/NRF-Rezepturenfinder :

Betamethasondipropionat0,05 g
Gentamicinsulfat 0,2 g
Natriumhydrogencarbonatetwa 0,1 g
Basiscreme DACzu 100,0 g

Die Aktivität der wasserfreien Substanz wurde bereits im oben vorgestellten Rezepturbeispiel berechnet und liegt bei 576,45 I.E./mg. Um nun den benötigten Einwaagekorrekturfaktor zu erhalten, kann sich auf einen Referenzwert von 600 I.E./mg Gentamicinsulfat bezogen werden. Dieser Wert wird von den meisten Fertigarzneimittel-Hersteller verwendet und ist auch in der Excel-Rechenhilfe des DAC/NRF hinterlegt.  

Der Einwaagekorrekturfaktor f kann daher wie folgt berechnet werden:  

f = 600 I.E./mg : 576,45 I.E./mg = 1,041

Zur Herstellung der gewünschten Zubereitung müssen also 0,2082 gBerechnung: 0,2 g Gentamicinsulfat x Einwaagekorrekturfaktor 1,041 = 0,2082 g Gentamicinsulfat  Gentamicinsulfat abgewogen werden. Quellen:
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2008/daz-50-2008/internationale-einheiten-oder-milligramm
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Nystatin (24.10.2023)
- NRF-Vorschrift 21.3. Nystatin-Suspension 50000 I.E./g
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Gentamicinsulfat (07.07.2022)
- DAC/NRF-Rechenhilfe Einwaagekorrekturfaktor
 

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