Rezeptur
Praxiswissen
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Kristallbildung in Dermatika – was kann man dagegen tun?

Es gibt einige Maßnahmen, um Kristalle und Wirkstoffagglomerate aus Salben und Cremes herauszubekommen. | Bild: Alex Schelbert / PTAheute

Aus einer Apotheke erreichte uns folgende Anfrage:

Wir haben auf ärztliche Anweisung hin folgende Creme hergestellt und abgegeben:

Prednisolon0,5 g
Ambroxolhydrochlorid20,0 g
Dimethylsulfoxid10,0 g
Basiscreme DACzu 100,0 g

Die Patientin hat die Zubereitung nach einigen Tagen reklamiert und von einem kratzigen Gefühl beim Auftragen auf die Haut berichtet, offensichtlich haben sich in der Creme Kristalle gebildet. Was haben wir bei der Herstellung falsch gemacht?

Anfrage einer Apotheke an die PTAheute-Onlineredaktion

Keine Wärme anwenden und Feststoffe anreiben

Bei den meisten halbfesten Zubereitungen liegen die Wirkstoffe in der Grundlage überwiegend ungelöst vor. Daher werden die halbfesten Zubereitungen als Suspension hergestellt. Dies trifft auch auf die oben vorgestellte Rezeptur zu. 

Um die Bildung von Kristallen zu vermeiden, ist es zunächst wichtig, bei der gesamten Herstellung keine Wärme einzusetzen. Die meisten Feststoffe sind in den Bestandteilen von Dermatika-Grundlagen nicht völlig unlöslich. Durch Zufuhr von Wärme verbessert sich die Löslichkeit zwar kurzfristig, beim Abkühlen der Zubereitung fallen die Substanzen jedoch wieder aus und können Kristalle bilden. Wird die zu verarbeitende Dermatika-Grundlage in der Apotheke hergestellt, so muss diese vor der Weiterverarbeitung auf Raumtemperatur abgekühlt sein. 

Ein weiterer wichtiger Schritt bei der Herstellung einer Suspensionszubereitung ist das Anreiben der Wirkstoffe mit einem geeigneten Anreibemittel. Der jeweilige Feststoff wird dabei mit einer Flüssigkeit, in der er sich nicht löst, oder einem kleinen Teil der Grundlage ausreichend lange zu einer gleichmäßigen Suspension angerieben. Dadurch können auftretende Feststoffagglomerate erkannt und noch vor der Zugabe der Grundlage effektiv zerkleinert werden.

Gut zu wissen: Teilchengröße in halbfesten Zubereitungen

Das Europäische Arzneibuch (Ph. Eur) fordert für halbfeste Zubereitungen zur Anwendung auf der Haut eine angemessene Homogenität der verarbeiteten Wirkstoffe sowie eine geeignete Teilchengröße der Feststoffe im Hinblick auf die gewünschte Art der Anwendung. 

Dabei sollte die maximale Teilchengröße 180 µm nicht überschreiten, da es sonst beim Auftragen auf die Haut zu einem kratzigen Gefühl kommen kann.

Kristallwachstum aufgrund von Prednisolon

Im Rezepturbeispiel ist mit Prednisolon ein Glucocorticoid vorhanden, das bei entzündlichen Hauterkrankungen und Juckreiz häufig zur Lokaltherapie eingesetzt wird. Die therapeutische Konzentration in dermalen Zubereitungen liegt dabei zwischen 0,25 % und 0,5 %. 

Bei der Verarbeitung von Prednisolon in hydrophilen Grundlagen wie der Basiscreme DAC kommt es allerdings häufig zu Problemen. Durch eine Umlagerung des Wirkstoffs zu einer schwer löslichen Hydratform können innerhalb kurzer Zeit Kristalle entstehen. Dieses Kristallwachstum lässt sich auch bei einer Aufbewahrung der Creme im Kühlschrank nicht verhindern. 

Deshalb sollte in hydrophilen Grundlagen Prednisolon gegen Prednisolonacetat ausgetauscht werden, dabei muss Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden. Dieser Austausch kann im Verhältnis 1:1 erfolgen. Beide Substanzen wirken in dermalen Zubereitungen etwa gleich, daher ist eine Umrechnung nicht nötig. 

Bei Prednisolonacetat handelt es sich um einen Ester des Prednisolons, der in wässrigen Darreichungsformen stabil ist. Zur Verarbeitung von Prednisolonacetat in Basiscreme DAC empfiehlt sich ein Anreiben mit Mittelkettigen Triglyceriden, die Flüssigkeit ist ohnehin Bestandteil der Grundlage.

Gut zu wissen: Wie sieht es mit lipophilen Grundlagen aus?

Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker hat die Stabilität von Prednisolon in verschiedenen Grundlagen untersucht. Wie bereits beschrieben konnte in verschiedenen hydrophilen Grundlagen ein Kristallwachstum beobachtet werden. 

In den lipophilen Grundlagen Wollwachsalkoholcreme DAB und Weiche Creme DAC war der Wirkstoff jedoch stabil und bildete innerhalb von 6 Monaten keine Kristalle. Ein Austausch von Prednisolon gegen Prednisolonacetat ist dann nicht nötig.

Ambroxolhydrochlorid als weiterer Wirkstoff

Als weiterer wirksamer Bestandteil ist in der Creme Ambroxolhydrochlorid enthalten, die Substanz wird in Dermatika aufgrund ihrer lokalanästhetischen Wirkung zur Therapie neuropathischer Schmerzen eingesetzt. 

Ambroxolhydrochlorid kann spannungsabhängige Natriumkanäle in der Zellmembran deutlicher effektiver als bekannte Lokalanästhetika wie Lidocain oder Benzocain blockieren, zudem blockiert es bevorzugt einen speziellen Natriumkanal, der überwiegend in schmerzrelevanten Nervenfasern vorkommt. 

Fertigarzneimittel zur Anwendung auf der Haut gibt es bisher nicht, Dermatika mit 10 % oder 20 % Ambroxolhydrochlorid können in der Apotheke meist zusammen mit Dimethylsulfoxid hergestellt werden. Die Flüssigkeit kann gut über die Haut aufgenommen werden und wird daher als Penetrationsbeschleuniger für Ambroxolhydrochlorid eingesetzt.

Wie erfolgt die Herstellung?

Ambroxolhydrochlorid ist in Dimethylsulfoxid und auch in der Grundlage Basiscreme DAC nicht löslich. Zur Herstellung der Zubereitung wird zunächst der Feststoff mit der Flüssigkeit Dimethylsulfoxid gründlich vermischt, anschließend kann die Grundlage anteilig mit der Mischung versetzt und eingerührt werden. 

Ambroxolhydrochlorid ist nicht mikrofein gepulvert erhältlich und muss vor der Verarbeitung zunächst in einer rauen Reibschale fein gepulvert werden. Um eine gleichmäßige Verteilung in der fertigen Creme ohne Agglomerate zu erreichen, ist diese Maßnahme meist nicht ausreichend, halbfeste Zubereitungen müssen daher noch über den Dreiwalzenstuhl gegeben werden. 

Auf diese Weise kann eine weiche Creme ohne spürbare Teilchen erhalten werden. Da über die physikalische Stabilität der Zubereitung bei der Anwendung und Lagerung nichts bekannt ist, sollte die Aufbrauchsfrist auf 4 Wochen begrenzt werden.

Was ist ein Dreiwalzenstuhl?

Ein Dreiwalzenstuhl wird auch Salbenmühle genannt und wird bei der Herstellung von Arzneimitteln immer dann eingesetzt, wenn es um eine Zerkleinerung von Feststoffpartikeln in halbfesten Darreichungsformen geht.

Mit einem Dreiwalzenstuhl lassen sich halbfeste Darreichungsformen homogenisieren. | Bild: Deutscher Apotheker Verlag  

Ein Dreiwalzenstuhl besteht aus Porzellan- oder Steingutwalzen, die mithilfe eines Elektromotors in drehende Bewegungen versetzt werden können. Die drei beweglichen Walzen können mögliche Agglomerate in einer halbfesten Darreichungsform zerkleinern und homogenisieren. 

Die fertige Creme wird dazu mithilfe eines Einfülltrichters zwischen den Walzen I und II aufgebracht und weitertransportiert, durch Druck sowie Reibungs- und Scherkräfte können Teilchen zerkleinert und Feststoffagglomerate zerstört werden. Die Spaltbreite, also der Abstand der einzelnen Walzen voneinander, kann individuell eingestellt werden. 

Um eine qualitativ hochwertige Zubereitung zu erhalten, sind meist mehrere Durchläufe nötig, am Ende muss die Creme nochmals gut in der Salbenschale mit einem Pistill durchgerührt werden.

Gut zu wissen: Schutzmaßnahmen nötig

Beim Umgang mit dem Dreiwalzenstuhl besteht die Gefahr, dass Haare oder Kleidung von der Maschine erfasst werden. Lange Haare müssen daher unbedingt zusammengebunden und hochgesteckt werden, das Tragen einer Kopfhaube ist empfehlenswert. 

Auch Halstücher und Halsketten müssen abgelegt werden, die Ärmel des Rezepturkittels sollten eng anliegen.

Salben mit Harnstoff können Kristalle enthalten

Bei der Verarbeitung von Harnstoff in hydrophoben Grundlagen wie Vaselin oder Wollwachs ist häufig ein Einsatz des Dreiwalzenstuhls nötig. Der Wirkstoff löst sich zwar gut in Wasser und liegt daher in O/W- und auch in W/O-Cremes gelöst vor, in lipophilen Stoffen ist er dagegen praktisch unlöslich und es werden Suspensionszubereitungen erhalten. 

Da Harnstoff bei den üblichen Lagerbedingungen in der Apotheke leicht verklumpt, ist bei der Herstellung von Zubereitungen mit ungelöstem Harnstoff eine Überprüfung der Teilchengröße besonders wichtig. 

Wird Harnstoff mit Weißem Vaselin verarbeitet, resultiert meist nur eine körnige Salbe. Zur Zerkleinerung der Feststoffteilchen muss die Zubereitung daher mehrmals am Dreiwalzenstuhl nachbearbeitet werden.

Gut zu wissen: Verreiben mit Aceton wird nicht mehr empfohlen

Lange Zeit wurde vor der Verarbeitung von Harnstoff mit lipophilen Salbengrundlagen ein Mörsern des Harnstoffs mit Aceton zur Zerkleinerung empfohlen. 

Da diese Maßnahme die Nachbearbeitung der Zubereitung am Dreiwalzenstuhl nicht ersetzen kann, kann auf diese Vorverkleinerung verzichtet werden.

Werden in der Apotheke häufiger Suspensionssalben mit Harnstoff hergestellt, empfiehlt sich die Verwendung einer Harnstoff-Stammverreibung 50 % (NRF S.8.). Darin liegt der Feststoff in passender Teilchengröße vor. Vorgefertigte Rezepturkonzentrate sind nicht erhältlich und die Verreibung muss in der Apotheke hergestellt werden. 

Die Herstellung ist zwar relativ aufwändig, dadurch kann man aber die Bearbeitung jeder Einzelrezeptur am Dreiwalzenstuhl umgehen.

Auch Salicylsäure neigt zur Kristallbildung

Auch bei der Verarbeitung von Salicylsäure in Salben und Cremes werden häufig Kristalle beobachtet, die Substanz liegt in den üblichen Dermatika-Grundlagen überwiegend ungelöst vor. 

Zur Herstellung von Suspensionszubereitungen ist wieder die Verwendung eines halbfesten Rezepturkonzentrats zu empfehlen. Als lipophiles Konzentrat ist dabei eine Salicylsäure-Verreibung 50 % DAC auf Basis von Weißem Vaselin geeignet, diese kann bereits vorgefertigt bezogen oder auch in der Apotheke hergestellt werden. 

Doch können sowohl in der vorgefertigten als auch in der selbst hergestellten Verreibung Salicylsäure-Kristalle spürbar sein. Bei nicht ausreichender Teilchenzerkleinerung muss das Konzentrat daher vor der Verwendung über den Dreiwalzenstuhl gegeben werden. Quellen:
- DAC/NRF-Rezepturhinweis Ambroxolhydrochlorid (23.08.2023)

- DAC/NRF-Rezepturhinweis Prednisolon (20.06.2023)

- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-40-2016/in-loesung-bringen

- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-32-2016/pharmakotherapie-neuropathischer-schmerzen
 

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