Titelbild: Schelbert / DAV
Suspensionen – so gelingt die Herstellung

Obwohl Suspensionen bei der Herstellung von Arzneimitteln eine wichtige Rolle spielen, sind sie im Europäischen Arzneibuch nicht als eigenständige Arzneiform monografiert. Sie sind vielmehr unter verschiedenen Anwendungsarten zu finden. Die für die Rezeptur wichtigsten Darreichungsformen stellen dabei flüssige Zubereitungen zum Einnehmen und zur kutanen Anwendung dar.
Galenisch gesehen sind Suspensionen Zubereitungen, bei denen ein unlöslicher Feststoff in einer Flüssigkeit verteilt ist. Zumindest im Moment der Dosierung müssen diese Partikel gleichmäßig verteilt sein. Dieser Zustand muss durch Aufschütteln der Suspension direkt vor Entnahme der Dosis erreichbar sein.
Suspensionen als instabile Zubereitungen
Bei Suspensionen handelt es sich grundsätzlich um physikalisch instabile Arzneiformen. Mit der Zeit sinken die Feststoffteilchen unweigerlich auf den Boden (Sedimentation), teilweise schwimmen sie auch nach oben (Flotation). Manchmal kann auch ein verkrusteter Bodensatz entstehen, der sich nicht mehr aufschütteln lässt (Caking).
Ziel in der Rezeptur ist es, das Fortschreiten dieser Instabilitäten langsam und durch Schütteln reversibel zu gestalten. Die Geschwindigkeit der Sedimentation hängt dabei unter anderem von folgenden Faktoren ab:
- Partikelgröße: Größere Teilchen sinken schneller zu Boden als kleinere.
- Viskosität der äußeren Phase: Je höher die Viskosität der Flüssigkeit ist, desto langsamer bewegen sich die Teilchen.
Je kleiner also die Feststoffteilchen einer Suspension und je höher die Viskosität der äußeren Phase, desto stabiler ist die Zubereitung.
Bei der Größe der Partikel wird im Europäischen Arzneibuch im Übrigen keine konkrete Zahl gefordert, es ist nur der Hinweis zu finden, dass die Partikelgröße geeignet sein muss.
Wann kommen Suspensionen zum Einsatz?
Insbesondere Suspensionen zum Einnehmen haben in den letzten Jahren stark an Beliebtheit gewonnen, vor allem pädiatrische Zubereitungen werden häufig als Suspension verordnet. In Zeichen von Lieferengpässen wurden in Apotheken vermehrt flüssige Zubereitungen mit Ibuprofen und Paracetamol, aber auch verschiedene Antibiotika-Säfte hergestellt.
Weiterhin spielen perorale Zubereitungen mit Hydrochlorothiazid, Spironolacton und Melatonin eine wichtige Rolle. Die genannten Wirkstoffe zeigen keine ausreichende Löslichkeit in Wasser und müssen daher als Suspension hergestellt werden.
Gut zu wissen: Bei Suspensionen: Angabe der Konzentration
Bei Suspensionen zum Einnehmen handelt es sich um volumendosierte Darreichungsformen, ihre Konzentration wird in Milligramm pro Milliliter (mg/ml) angegeben. Bei bekannter Dichte können die einzelnen Bestandteile ganz normal abgewogen werden und die Herstellung erfolgt nach der Masse. Ist die Dichte allerdings unbekannt, erfolgt die Herstellung mit Hilfe volumetrischer Messvorrichtungen.
Suspensionen können auch äußerlich angewendet werden, in solchen Fällen werden die Zubereitungen auch als Lotionen oder Schüttelmixturen bezeichnet. Ein häufig vorkommendes Beispiel hierfür ist die Zinkoxidschüttelmixtur DAC (NRF 11.22.), die entweder alleine oder in Kombination mit weiteren Wirkstoffen angewendet werden kann.
Wie erfolgt die Herstellung von Suspensionen?
Suspensionen in der Rezeptur werden meist in der Fantaschale hergestellt. Dazu wird der Wirkstoff mit einer flüssigen Trägerlösung verarbeitet. Wenn möglich sollten mikrofeine Rezeptursubstanzen zum Einsatz kommen, da bei diesen Feststoffen die Teilchengröße überwiegend bei unter 90 µm liegt. Kristalline Substanzen müssen vor der Verarbeitung zunächst in einer rauen Reibschale pulverisiert werden.
Zunächst wird der Wirkstoff mit wenig Grundlage, vorwiegend im Verhältnis 1:1, sorgfältig angerieben. Dieser Herstellungsschritt ist entscheidend für die Qualität der fertigen Suspension, denn im fertigen Ansatz ist es nicht mehr möglich, vorhandene Agglomerate ausreichend zu zerkleinern. Erst wenn die Anreibung agglomeratfrei ist, kann die weitere Grundlage anteilig eingearbeitet werden.
Weitere Flüssigkeiten können am Ende portionsweise eingerührt werden. Während des gesamten Herstellungsvorgangs ist Wärme strikt zu vermeiden.
Gut zu wissen: Andicken der äußeren Phase
Um die Viskosität der äußeren Phase zu erhöhen und damit ein Absinken des Feststoffs zu verlangsamen, werden Suspensionen häufig durch Zugabe von Hydrogelbildnern angedickt. In oralen Suspensionen können dabei
- Hydroxyethylcellulose-Typen (0,5 bis 8 %),
- Carmellose-Natrium (0,5 bis 5 %) oder auch
- Tragant (0,6 bis 2 %)
eingesetzt werden.
Bei Suspensionen: Verarbeitung von Fertigarzneimitteln möglich
Steht der benötigte Wirkstoff nicht als Ausgangsstoff zur Verfügung, können auch Fertigarzneimittel-Tabletten eingesetzt werden. Geeignet sind dazu Tabletten ohne Überzug und ohne Retardierungsprinzip.
Da Fertigarzneimittel Gehaltsschwankungen aufweisen, müssen die benötigten Tabletten immer im Überschuss verrieben werden. Aus diesem Überschuss wird dann die tatsächlich benötigte Masse abgewogen. Die nicht benötigte Menge an Tablettenpulver muss entsorgt werden und darf nicht für eine weitere Herstellung aufgehoben werden (es gibt keine Daten zur Stabilität von Tablettenverreibungen).
Einsatz von Fertiggrundlagen bei der Herstellung von Suspensionen
In den letzten Jahren wurden vermehrt Grundlagen entwickelt, die mit einer Vielzahl an Wirkstoffen zu stabilen Suspensionen verarbeitet werden können. Zu nennen ist hier zunächst die NRF-Stammzubereitung und DAC-Grundlage „Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen NRF S.52.“.
Diese kann fertig bezogen oder in der Apotheke problemlos hergestellt werden. Die Stammlösung enthält nur wenige Bestandteile und wurde extra zur Herstellung pädiatrischer Zubereitungen entwickelt. Neben Gereinigtem Wasser ist Hydroxyethylcellulose 10.000 als Verdickungsmittel enthalten und Glucose-Monohydrat dient zur Geschmacksverbesserung. Kaliumsorbat ist als Konservierungsmittel und Citronensäure zur nötigen pH-Regulation enthalten.
Häufig kommen in Apotheken auch industriell gefertigte SyrSpend®-Produkte zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um verschiedene Suspensionsgrundlagen, die ebenfalls mit zahlreichen Wirkstoffen verarbeitet werden können. Die flüssige Variante mit einem pH-Wert von 4 bis 4,4 liegt bereits gebrauchsfertig vor.
Diese Grundlage enthält zum Schutz vor mikrobiellem Befall Natriumbenzoat und ist daher erst für Kinder ab zwei Jahren geeignet. Denn: Natriumbenzoat gilt für jüngere Kinder als kritischer Hilfsstoff und darf in dieser Altersgruppe nicht eingesetzt werden.
Für Kinder unter zwei Jahren kann ein SyrSpend®-Pulver ohne Konservierung oder mit dem Konservierungsmittel Kaliumsorbat verwendet werden. Die benötigte Suspension muss dann zunächst aus dem Pulver hergestellt werden. Schließlich gibt es für säureempfindliche Wirkstoffe auch ein Pulver mit einem leicht alkalischen pH-Wert.
Auf der Website des Herstellers stehen verschiedene Materialien als Hilfestellung zur Verfügung, unter anderem können dort Tabellen zur Verträglichkeit mit verschiedenen Wirkstoffen, Prüfanweisungen und Informationen zur Herstellung gefunden werden.
Konservierung und Aufschüttelbarkeit von Suspensionen
Suspensionen sind aufgrund des hohen Wassergehalts mikrobiell anfällig und müssen daher fachgerecht konserviert werden. Orale Suspensionen können bevorzugt mit Sorbinsäure vor mikrobiellem Befall geschützt werden, möglich ist auch Benzoesäure oder bei höheren pH-Werten Metyl-4-hydroxybenzoat.
Jede in der Apotheke hergestellte Suspension sollte vor der Abgabe zudem auf Aufschüttelbarkeit geprüft werden. Dazu muss die Zubereitung mindestens 24 Stunden lang stehen gelassen und dann geschüttelt werden.
Suspensionen: Worauf ist bei den Packmitteln zu achten?
Bei der Auswahl des Abgabegefäßes ist darauf zu achten, dass das Behältnis ausreichend groß ist, um die Suspension vor der Anwendung ausreichend schütteln zu können.

Orale Suspensionen benötigen eine Dosierhilfe, die ein genaues Abmessen der Einzeldosis ermöglicht.
Mithilfe einer Kolbenpipette mit geeigneter Graduierung kann die Dosis kopfüber aus der Flaschenmündung entnommen werden.
Nach der Dosisentnahme sollte die Pipette von außen abgewischt werden, ein Spülen mit Wasser wird nicht empfohlen. Bei längerer Anwendung sollte die Pipette nach rund einer Woche ausgetauscht werden.

Bei der Abgabe der Suspension muss dem Patienten zudem der Umgang mit der Dosierhilfe genau erklärt werden, denn manche Markierungen sind schwer zu erkennen.
Für geringe Dosierungen werden häufig Spritzen mit einem Spardorn verwendet, hier muss genau gezeigt werden, bis wohin die Spritze aufzuziehen ist, damit es nicht zu einer Überdosierung kommt.
Quellen:
- https://www.ptaheute.de/praxiswissen/rezeptur/suspensionen-fuer-die-paediatrie
- Bergner/Seidel: Galenische Übungen, Deutscher Apotheker Verlage, Stuttgart 2024.
- Vortrag J. Wittmann im Rahmen des Rezeptursommers 2025 des Deutschen Apotheker Verlags: Suspensionen, so bringt man schlecht lösliche Wirkstoffe in Arzneiform
Rezeptursommer 2025: Vortrag zur Herstellung von Suspensionen
Im Rahmen der digitalen Fortbildungsreihe „DAV-Rezeptursommer“ des Deutschen Apotheker Verlags können Sie sich den Vortrag von Frau Jutta Wittmann ansehen. Sie ist Apothekerin und Lehrkraft an der Berufsfachschule für PTA in Nürnberg und unter anderem auch Referentin der Bayerischen Landesapothekerkammer zu zahlreichen Rezepturthemen.
In ihrem Vortrag geht Frau Wittmann ausführlich auf die Herstellungstechnik von Suspensionen in der Rezeptur ein, stellt erhältliche Fertiggrundlagen vor und erläutert, was bei der Verarbeitung von Wirkstoffen zu beachten ist.
Weiterführende Informationen zu den Inhalten und zur Buchungsmöglichkeit erhalten Sie in der DAV-Akademie.