Rezeptur
Praxiswissen
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Welche Rezepturen sind erstattungs­fähig?

Zwei Gesundheitskarten liegen übereinander
Ob eine Krankenkasse eine Rezeptur erstattet, hängt häufig von der Wirkstoffkonzentration und der Art der Anwendung ab. | Bild: Stockfotos-MG / AdobeStock

Bei der Abrechnung von Zubereitungen gibt es einige Dinge zu beachten, regelmäßig erreichen die Redaktion dazu Nachfragen aus der Apotheke. Kürzlich erreichte uns diese Frage:

Wir sollen folgende Zubereitung in unserer Apotheke herstellen:  

 

Dimethylsulfoxid-Carbomergel 20%:

Dimethylsulfoxid 20,0 g

Carbomer 50000 1,0 g

Trometamol 0,5 g

Gereinigtes Wasser zu 100,0 g

 

Wir sind uns allerdings nicht sicher, ob diese Rezeptur für einen Erwachsenen von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet wird?

Für rezeptpflichtige Arzneimittel stellt der Arzt eine Verschreibung aus und der Patient bekommt diese in der Apotheke, die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt dafür dann normalerweise die Kosten. Das gilt selbstverständlich auch für Rezepturarzneimittel. 

Rezeptpflichtige Zubereitungen in der AMVV gelistet

Der Wirkstoff Dimethylsulfoxid ist in der Anlage 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) zu finden, diese Anlage enthält eine Auflistung aller rezeptpflichtigen Stoffe und Zubereitungen. Ist ein Inhaltsstoff einer Zubereitung in dieser Liste aufgeführt, gilt die Rezeptur automatisch als verschreibungspflichtig. Dimethylsulfoxid ist in der Anlage 1 der AMVV mit folgendem Hinweis zu finden: 

Dimethylsulfoxid: Ausgenommen zur cutanen Anwendung beim Menschen in einer Konzentration bis 15%

Anlage 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung

Dermatika mit einer Konzentration an Dimethylsulfoxid (DMSO) bis zu 15% sind daher verschreibungsfrei. Die oben angefragte Zubereitung liegt mit 20% DMSO über dieser Grenze und ist daher rezeptpflichtig. Die Kosten dafür werden somit von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) übernommen. 

Konzentration und Art der Anwendung entscheidend für die Erstattungsfähigkeit?

Wie beim Wirkstoff Dimethylsulfoxid gilt es aber auch bei anderen häufig vorkommenden Rezepturgrundstoffen genau auf mögliche Anmerkungen in der Anlage 1 der AMVV zu achten. Zahlreiche Substanzen sind unterhalb einer bestimmten Konzentration oder bei einigen Anwendungsarten nicht verschreibungspflichtig und damit dann normalerweise nicht erstattungsfähig. 

Dies betrifft beispielsweise das Antimykotikum Clotrimazol, das unter anderem zum äußeren Gebrauch nicht der Rezeptpflicht unterliegt. Auch das Glucocorticoid Hydrocortison und seine Esterverbindungen sind in Zubereitungen für den äußeren Gebrauch in einer Konzentration bis 0,25% und einer Abgabemenge bis 50 Gramm nicht verschreibungspflichtig. Ebenso kann eine Dosierung von über 0,25% bis 0,5% bis zu einer Menge von 30 Gramm ohne Rezept abgegeben werden. Zubereitungen mit dem Lokalanästhetikum Lidocain zum Aufbringen auf die Haut oder Schleimhaut dürfen ebenfalls ohne ärztliche Verordnung beliefert werden, die Kosten müssen dann vom Patienten übernommen werden. 

Wird eine der oben genannten Substanzen aber mit einem verschreibungspflichtigen Wirkstoff kombiniert, so gilt die gesamte Rezeptur als rezeptpflichtig und eine Abgabe zulasten der GKV ist selbstverständlich möglich. 

Gut zu wissen: Muss die Diagnose in der Apotheke überprüft werden?

Normalerweise vermerkt der Arzt bei einer Verordnung keine Diagnose auf dem Rezept. Die Apotheke hat dann auch keine Prüfpflicht, ob die jeweiligen Bedingungen dazu gemäß der Ausnahmeliste erfüllt sind. 

Hat der Mediziner jedoch auf der Verschreibung eine Diagnose notiert, so gilt automatisch eine „erweiterte Prüfpflicht“. Die Apotheke muss dann anhand der Anlage I prüfen, ob die Diagnose zu den entsprechenden Ausnahmen gehört, und muss gegebenenfalls Rücksprache mit dem Arzt halten. 

Was ist mit nicht verschreibungspflichtigen Zubereitungen?

Rezepturen ohne verschreibungspflichtige Inhaltsstoffe sind für Erwachsene ab dem 18. Geburtstag nicht erstattungsfähig, eine Verordnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung ist daher grundsätzlich nicht möglich. 

In Ausnahmefällen werden die Kosten dennoch übernommen: Das Rezepturarzneimittel muss dann bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. In der Anlage I zum Abschnitt F der Arzneimittel-Richtlinie ist eine Übersicht zu finden, welche OTC-Arzneimittel darunter fallen und vom Arzt ausnahmsweise auf Kassenrezept verordnet werden dürfen. 

Schauen wir uns dazu folgende Zubereitung für einen Erwachsenen an: 

Salicylsäure-Vaselin 5% (NRF 11.43.)
Salicylsäure-Verreibung 50% mit Vaselin DAC10,0 g
Weißes Vaselinzu 100,0 g


Nach der OTC-Ausnahmeliste dürfen Salicylsäure-haltige Zubereitungen mit mindestens 2% Salicylsäure in der Dermatotherapie als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme verordnet werden. Da die vorliegende Rezeptur 5% Wirkstoff enthält, sind die Bedingungen erfüllt und die Zubereitung kann zulasten der GKV abgegeben werden. 

Auswahl häufig vorkommender und erstattungsfähiger, aber nicht verschreibungspflichtiger Zubereitungen gemäß OTC-Ausnahmeliste:

RezepturbestandteilBedingungen für die Erstattungsfähigkeit
Topische Anästhetika und AntiseptikaZur Selbstbehandlung schwerwiegender generalisierter blasenbildender Hauterkrankungen
AntihistaminikaZur Behandlung schwerer, rezidivierender Urticarien, bei schwerwiegendem anhaltendem Pruritus
AntimykotikaZur Behandlung von Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum
Harnstoff-haltige Dermatika (mindestens 5%)Bei Ichthyosen
Iod-VerbindungenZur Behandlung von Ulcera und Dekubitalgeschwüren
NystatinZur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten Patienten
Salicylsäure-haltige Zubereitungen (mindestens 2%)In der Dermatotherapie als Teil der Behandlung der Psoriasis und hyperkeratotischer Ekzeme
Synthetischer SpeichelZur Behandlung krankheitsbedingter Mundtrockenheit bei onkologischen oder Autoimmun-Erkrankungen.

Sind Rezepturen für Kinder erstattungsfähig?

Für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind auch nicht verschreibungspflichtige Rezepturen voll zulasten der GKV erstattungsfähig. Wenn der Arzt es für medizinisch notwendig erachtet, kann er für diese Patientengruppe auch wirkstofffreie Grundlagen zur Hautpflege verordnen. 

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