Heimische Heilpflanzen
In unserer Serie „Heimische Heilpflanzen“ stellen wir Ihnen wichtige Arzneipflanzen vor. Dabei greifen wir solche heraus, die in der Apotheke bekannte Therapeutika sind und gleichzeitig sozusagen vor der Haustür wachsen. Auch wenn sich manche dieser heimischen Heilpflanzen eher unscheinbar präsentieren, hat bei genauerer Betrachtung doch jede ein paar Besonderheiten zu bieten. 
Titelbild: Daniil / Adobe Stock
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Eibe – Giftpflanze und Grundlage für Krebsmittel

Nahaufnahme eines Eibenzweiges mit grünen Blättern und roten Zapfen
Rinde, Nadeln und Samen der Eibe sind hochtoxisch und nicht zum Verzehr geeignet. | Bild: Golden_hind / AdobeStock

Die Europäische Eibe (Taxus baccata), auch Gemeine Eibe oder nur Eibe genannt, ist die einzige europäische Art in der Pflanzengattung der Eiben (Taxus). Bis auf den Samenmantel und die Pollen sind alle Pflanzenteile giftig.

Das zähe und harte Holz der Eibe wird seit Tausenden von Jahren vom Menschen genutzt, was während der letzten Jahrhunderte zu einem starken Rückgang der Eibenbestände führte.  

Während die Eibe in der Forstwirtschaft heute keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat, wird die schnittverträgliche Pflanze seit der Renaissance häufig als immergrüne Heckenpflanze verwendet.

Erscheinungsbild der Eibe

Die Europäische Eibe wächst je nach Standortbedingungen als Baum oder Strauch. In Mitteleuropa erreicht sie meist Wuchshöhen zwischen 10 und 15 Metern, in wärmeren Gegenden wird sie höher.  

Anfangs tragen die Stämme eine rötlich-braune glatte Rinde, die später zu einer graubraunen, sich in Schuppen ablösenden Borke wird. Die flachen, weichen Eibennadeln werden 1,5 bis 3,5 Zentimeter lang und sehen eher wie Laubblätter aus.

Die Blütezeit liegt im Normalfall zwischen Februar und April. Nach der Windbestäubung der weiblichen Zapfen bildet sich ein fleischiger, schleimiger Samenmantel, der sich mit zunehmender Reife von Grün zu auffälligem Rot wandelt.  

Der Samenmantel ist essbar und ungiftig, die davon umhüllten eiförmigen Samen giftig. Aufgrund dieses Mantels wird der Eibensamen oft fälschlicherweise als Frucht oder sogar Beere bezeichnet.

Vergiftung durch den Verzehr von Eibenteilen

Rinde, Nadeln, Samen – und in geringem Maße auch das Holz – enthalten toxische Verbindungen, die als Taxane oder Taxan-Derivate bezeichnet werden. Dazu gehören Taxin A, B, C sowie Baccatine und Taxole.  

Bereits geringe Mengen können bei Kleinkindern mittelschwere Vergiftungen auslösen; für Erwachsene gilt ein Auszug aus 50 bis 100 Nadeln als potenziell tödlich. Die toxischen Verbindungen wirken dabei schädigend auf Verdauungsorgane, Nervensystem, Leber und Herzmuskulatur. Ein Gegenmittel gibt es nicht.  

Zu den Symptomen einer Vergiftung zählen erhöhter Puls, erweiterte Pupillen, Erbrechen, Schwindel, Kreislaufschwäche und Bewusstlosigkeit. Durch Atemlähmung und einen kardiogenen Schock kann es zu einem tödlich verlaufenden Multiorganversagen kommen.  

Therapie einer Eibenvergiftung

Dass ernsthafte Vergiftungen dennoch relativ selten sind, liegt daran, dass ausgerechnet der verlockende Samenmantel ungiftig ist und die Samen den Verdauungstrakt teilweise unbeschadet durchwandern.  

Da aber eine deutliche Verschlechterung des zunächst noch guten Gesundheitszustandes droht, müssen Betroffene für mindestens 24 Stunden intensivmedizinisch überwacht werden.  

Die Gabe von Aktivkohle zum Binden der Giftstoffe ist sinnvoll, und falls der Patient größere Mengen von Pflanzenteilen geschluckt hat, sollten Rückstände endoskopisch aus Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm entfernt und gegebenenfalls eine Darmspülung durchgeführt werden.  

Krampflösende Mittel und weitere Arzneimittel können ebenso nötig werden wie eine elektrische Herzrhythmusstabilisierung und im Extremfall eine Reanimation.

Die Eibe in der Volksheilkunde und modernen Medizin

Trotz ihrer Giftigkeit wurde die Eibe in der Volksheilkunde als Heilpflanze gegen Wurmbefall, als Herzmittel, zur Förderung der Menstruation und als Abtreibungsmittel genutzt.  

Diese Anwendungen werden von der modernen Medizin als zu gefährlich eingeschätzt, aber es fand sich eine andere Nutzung: Die enthaltenen Taxane unterbrechen den Zellzyklus und bringen so Zellen – im Idealfall Tumorzellen – zum Absterben.  

In den 1990er-Jahren gelang es schließlich, die zellteilungshemmende Substanz Paclitaxel, die man bisher nur aus der Rinde der Pazifischen Eibe isolieren konnte, teilsynthetisch aus den Taxan-Verbindungen der Nadeln der Europäischen Eibe herzustellen.  

Dazu kam später eine weitere Substanz, das Docetaxel. Beide Stoffe sind zur Chemotherapie verschiedener Krebsarten wie Brust-, Eierstockkrebs oder Bronchialkarzinomen zugelassen. Quellen:
- DocCheck Flexikon
- Wikipedia
- Gelbe Liste
- Giftpflanzen.com
 

Gut zu wissen: Auszeichnungen für die Eibe

Die Eibe wurde 1994 in Deutschland zum Baum des Jahres und 2011 zur Giftpflanze des Jahres ernannt.  

Erstere Auszeichnung verleihen seit 1991 die „Baum des Jahres – Dr. Silvius Wodarz Stiftung“ (vormals Menschen für Bäume) und deren Fachbeirat, das „Kuratorium Baum des Jahres“. Letztere wird seit 2005 vom Botanischen Sondergarten in Hamburg-Wandsbek vergeben.

Zurück