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Rote-Hand-Brief: Chikungunya-Impfstoff: Vorerst nur für unter 65-Jährige

Endemisch ist das Chikungunya-Virus (CHIKV) in Europa zwar nicht – betroffen sind vor allem die Subtropen und Tropen – dennoch breitet sich die virale Tropenkrankheit auch hierzulande immer weiter aus. Der Grund dafür ist die Ausbreitung der Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) auch in wärmeren Regionen Deutschlands, die als Überträger des Chikungunya-Fiebers auf den Menschen gilt.
Chikungunya-Infektion: Risiko für Multiorganversagen und Behinderung
Durch Chikungunya-Infektionen gefährdet sind vor allem Neugeborene und ältere Menschen ab 65 Jahren. In diesen Gruppen besteht das Risiko, dass sich aus der akuten Erkrankung ein Multiorganversagen entwickelt.
Die meisten Menschen entwickeln laut EMA als Chikungunya-Symptome – innerhalb von drei bis sieben Tagen – hohes Fieber und starke Gelenkschmerzen, die eine Woche andauern. Außerdem können auch Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Gelenkschwellungen oder Hautausschlag auftreten.
Bei einigen Betroffenen können die Gelenkschmerzen über mehrere Monate bis Jahre anhalten und zu Behinderungen führen.
PRAC prüft Chikungunya-Impfstoff
Seit Juni 2024 ist ein Impfstoff gegen Chikungunya-Infektionen (Chikungunya-Fieber, kurz: CHIK-Fieber) in der EU zugelassen: Ixchiq®. Bei dieser Vakzine handelt es sich um einen attenuierten Lebendimpfstoff, der das Chikungunya-Lebendvirus (CHIKV) vom Stamm Δ5nsP3 des ECSA/IOL-Genotyps enthält.
Zur Erinnerung: Unterschied zwischen Tot- und Lebendimpfstoffen
Totimpfstoffe enthalten laut Bundesforschungsministerium abgetötete, also nicht mehr vermehrungsfähige Krankheitserreger. Sie können auch nur Bestandteile oder einzelne Moleküle dieser Erreger enthalten. Beispiele sind Impfstoffe gegen Hepatitis A und Influenza.
Der Körper kann dabei den Totimpfstoff nicht vom Erreger unterscheiden und fährt eine gezielte Immunabwehr hoch, die vor einer echten Infektion schützt. Für manche Menschen, die bislang eine Impfung ablehnen, klingt dieser Ansatz „natürlicher“ als beispielsweise der von mRNA-Impfstoffen.
Lebendimpfstoffe hingegen enthalten echte Erreger, die sich zwar noch vermehren können, deren krankmachende Eigenschaften aber abgezüchtet wurden. Beispiele sind Impfstoffe gegen Mumps, Masern und Röteln. /vs
Das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) hat nun eine Überprüfung von Ixchiq® eingeleitet. Der PRAC ist der für die Risikobewertung von Humanarzneimitteln zuständige Sicherheitsausschuss der EMA (European Medicine Agency).
Schwere Nebenwirkungen nach Impfung bei Älteren
Anlass dafür sind Berichte über weltweit insgesamt 17 schwerwiegende unerwünschte Ereignisse bei älteren Menschen zwischen 62 und 89 Jahren. Zwei Geimpfte sind sogar verstorben: Ein 84-jähriger Mann, der eine Enzephalitis entwickelte, und ein 77-jähriger Patient mit Parkinson, dessen Schluckstörungen sich verschlimmerten und möglicherweise zu einer Aspirationspneumonie führten.
Ein aktueller Rote-Hand-Brief macht ebenso auf diese schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkung aufmerksam.
Der PRAC erklärt, dass viele der betroffenen Personen an Grunderkrankungen litten, sodass derzeit der Zusammenhang mit dem Impfstoff unklar sei. Dennoch: Sicherheitshalber sollen Menschen ab einem Alter von 65 Jahren Ixchiq® vorerst nicht zum Schutz vor Chikungunya erhalten. Unabhängig vom Alter ist die Vakzine auch bei Personen mit Immunschwäche oder Immunsuppression infolge einer Grunderkrankung oder medikamentösen Therapie kontraindiziert.
Bei jüngeren Menschen – im Alter von 12 bis 64 Jahren – könne die Impfung gemäß den Empfehlungen fortgesetzt werden.
So geht das Prüfverfahren des Chikungunya-Impfstoffes weiter
Die vorläufigen Empfehlungen des PRAC gehen an die Europäische Kommission, die eine rechtsverbindliche Entscheidung trifft, die sodann in allen EU-Mitgliedstaaten gilt. Nach Abschluss der vollständigen Prüfung erreichen die endgültigen Empfehlungen des PRAC den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der EMA, der dazu Stellung nimmt.
Die letzte Stufe des Prüfverfahrens ist die Annahme eines rechtsverbindlichen Beschlusses durch die Europäische Kommission für alle EU-Mitgliedstaaten.