Senioren in der Apotheke
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Warum Senioren manche Themen „peinlich“ sind

ältere Frau hält sich Hände vor das Gesicht
Oft kostet es Senioren Überwindung, über körperliche Beeinträchtigungen wie z. B. Inkontinenz zu sprechen. | Bild: Syda Productions / AdobeStock

Es gibt viele Themen, über die aus Scham nur selten gesprochen wird. Denn oftmals handelt es sich dabei um intime Probleme, die einem peinlich oder belastend sein können. Häufig schämen sich ältere Menschen dafür und trauen sich nicht die Probleme anzusprechen. Doch werden diese verschwiegen, können sie sich verschlechtern.

Fallbeispiel Schamgefühl

„Manche Fragen in der Apotheke sind mir einfach peinlich. Ich schäme mich über Stuhlgang, Inkontinenz oder typische Frauenprobleme zu sprechen.“ Renate P. ist im Jahr 1947 geboren. Das heißt, sie ist in den 1950er und 1960er Jahren aufgewachsen. Das war eine Zeit, in der Geschlechtsorgane für Kinder keine Namen hatten und alles, was grundsätzlich mit dem Unterleib zusammenhängt, mit einem Tabu belegt war. 

Gut zu wissen: Menstruation als Tabuthema

In dieser Zeit waren Monats- bzw. Damenbinden beim Einkauf in neutralem Papier verpackt, damit ihr Anblick keine Peinlichkeit auslöst. Über die Menstruation sprach man zu dieser Zeit nur flüsternd hinter vorgehaltener Hand oder gar nicht. 

Der Name für die ersten in Deutschland eingeführten Tampons o.b. (= ohne Binde) sagt alles. Sie kamen 1950 auf den Markt, zunächst wurden Tampons (vermutlich sehr verschämt) nur in Apotheken abgegeben. 

Erst 1967 kam der Durchbruch: o.b. Tampons durften als Selbstbedienungsprodukt in die damals allmählich eröffneten Supermärkte einziehen. 

Ihre Kundin Renate P., die jetzt als Seniorin vor Ihnen steht, hat die prüde Erziehung ihrer Kindheit nie abgelegt – wie viele Menschen ihrer Generation auch. Das sollten Sie bei Ihren Beratungsgesprächen immer im Hinterkopf behalten. 

Unangenehme Beratungsthemen

Frau P. gibt offen zu, dass sie bei gynäkologischen Themen lieber mit PTA sprechen möchte, die schon etwas älter sind. Dieser Kundenwunsch sollte akzeptiert und nicht als Affront gegen die eigene Person oder das eigene Fachwissen aufgefasst werden. Erlauben Sie Ihrer Kundin, dass sie sich wohlfühlt. Vielleicht gibt es in Ihrer Apotheke auch Absprachen, dass bei bestimmten Männerthemen eher männliche Kollegen beraten und bei Frauenthemen eher das weibliche Personal. 

Senioren werden das meistens sehr zu schätzen wissen, auch bei Fragen rund um die Inkontinenzversorgung. Denken Sie daran, dass auch Themen rund um den Stuhlgang für ältere Menschen peinlich sein können.

Vertrauen zu Kunden aufbauen

Alle kennen sie, die Menschen, die gerne und lauthals über Krankheiten sprechen. Es gibt aber ebenso die Verschlossenen, die Ängstlichen, die jedes Gespräch im Zusammenhang mit körperlichen Empfindungen fürchten. Vielen ist es auch peinlich, wenn sie bereits lange spürbare Symptome verschleppt haben, weil sie sich vor einer Diagnose ängstigen. 

Wenn Sie in der Apotheke helfen wollen, gilt es Vertrauen aufzubauen. Versuchen Sie, behutsam die Initiative zu ergreifen. Bieten Sie diskrete Beratungsgespräche an oder halten Sie Kontaktadressen mit Telefonnummern bereit, die Ihren Kunden weiterhelfen. 

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