Aktuelles
3 min merken gemerkt Artikel drucken

Was ist das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom?

Die Sterblichkeit der invasiven Meningokokken-Infektion liegt bei 5 bis 10 Prozent. | Bild: Anna Ritter / Adobe Stock

Eine Infektion mit Meningokokken kann sich zunächst recht unspezifisch äußern: Kopfschmerzen, Fieber mit Schüttelfrost, Schwindel und ein schweres Krankheitsgefühl. Allerdings kann innerhalb weniger Stunden die Klinik eskalieren und sich ein lebensbedrohlicher Zustand einstellen. 

Meningokokken-Erkrankungen verlaufen zu zwei Drittel als Meningitis (Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute), ein Drittel der Patienten entwickeln eine Sepsis. Petechien (kleine Einblutungen der Haut) sind typisch für Meningokokken-Erkrankungen, vor allem, wenn sie einen septischen Verlauf zeigen. 

Charakteristisch für die Entwicklung einer Meningitis sind Erbrechen und Nackensteifigkeit. Bei Säuglingen und Kleinkindern können die Symptome unspezifischer sein, insbesondere kann auch die Nackensteifigkeit fehlen.

Sterblichkeit bei Meningokokken-Erkrankungen

Die Sterblichkeit der invasiven Meningokokken-Infektion liegt bei 5 bis 10 Prozent. Laut Robert Koch-Institut (RKI) verläuft eine isolierte Meningokokken-Meningitis in 1 Prozent der Fälle tödlich. Liegt eine Sepsis vor, liegt die Letalität bei 13 Prozent. 

Die wohl gefürchtetste Komplikation einer invasiven Meningokokken-Erkrankung ist das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, das 10 bis 15 Prozent der Meningokokken-Sepsis-Patienten entwickeln. Ohne Therapie verläuft das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom innerhalb zwölf bis 24 Stunden letal, doch selbst bei Maximaltherapie ist die Komplikation meist tödlich.

Was passiert beim Waterhouse-Friderichsen-Syndrom?

Beim Waterhouse-Friderichsen-Syndrom (WFS) lösen die von Meningokokken freigesetzten Endotoxine (Bestandteil der Zellmembran von Meningokokken) eine disseminierte intravasale Koagulopathie aus, das bedeutet: Das Blut gerinnt übermäßig stark und verbraucht dadurch auch übermäßig viele Gerinnungsfaktoren, was letztlich zu einer verstärkten Blutungsneigung führt. Die Folge sind massive Blutungen der Haut, der Schleimhäute und der inneren Organe, septischer Schock und Koma.

Gleichzeitig werden durch Bildung von Blutgerinnseln, die die Gefäße verstopfen, Bereiche des Kreislaufs nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt, was zu Nekrosen (Zellschädigung bis zu deren Tod) führt. Betroffen ist insbesondere auch die Nebennierenrinde mit der Folge einer akuten Nebennierenrindeninsuffizienz.

Gelingt es den Erregern die Blut-Hirn-Schranke zu überschreiten, binden die Meningokokken-Endotoxine an zerebrale Strukturen, führen zu Entzündungsreaktionen im Gehirn und zur Zerstörung der Blut-Hirn-Schranke. Ein Hirnödem schädigt letztlich neuronale Strukturen und führt zum Tod durch Atemlähmung.

Das WFS wird meist durch eine Infektion mit Meningokokken ausgelöst. Aber auch andere Erreger wie Pneumokokken, Hämophilus influenzae oder Staphylokokken zeichnen für ein WFS verantwortlich, wenn diese den Körper des Erkrankten massiv überschwemmen. Die Schwere des Waterhouse-Friderichsen-Syndroms korreliert mit der Erregerlast im Blut.

Antibiotische Therapie der invasiven Meningokokken-Erkrankung

Je früher die antibiotische Therapie einer bakteriellen Meningitis startet, desto besser ist das Outcome der Patienten. Bei begründetem Verdacht einer Infektionen mit Neisseria meningitidis ist laut RKI umgehend eine empirische Antibiose notwendig, da sich innerhalb weniger Stunden ein lebensbedrohliches Krankheitsbild einstellen kann. In Frage kommen laut RKI Cephalosporine der Gruppe drei (Cefotaxim oder Ceftriaxon). Liegt ein Antibiogramm vor, könnte laut RKI eine Umstellung auf Penicillin G erwogen werden. 

Zeigt sich ein septischer Verlauf, rät das RKI außerdem zu einer unverzüglichen intensivmedizinischen Behandlung des Kreislaufversagens. Das RKI empfiehlt zudem, Patienten, die nur Penicillin G als Antibiose erhalten haben – was nicht zu einer Eradikation der Keime im Nasen-Rachen-Raum führt –, vor Krankenhausentlassung eine ergänzende Therapie mit Rifampicin, Ciprofloxacin oder Ceftriaxon zukommen zu lassen.