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Was ist bei der Abgabe von Botox zu beachten?

Neben der Behandlung von Falten wird Botox auch zu medizinischen Zwecken eingesetzt. | Bild: Foto: ronstik / AdobeStock

Botulinumtoxin ist für Menschen das mit Abstand tödlichste bekannte Gift. Botulinumtoxine sind von Bakterien produzierte und abgesonderte Ausscheidungen, sogenannte Exotoxine. Werden sie in einen Muskel gespritzt, so blockieren sie dort gezielt durch Zerstörung von Proteinkomplexen die Übertragung von Nervenimpulsen. Dadurch kann der entsprechende Muskel nicht mehr wie gewohnt angespannt werden. Andere Nervenfunktionen – wie das Fühlen oder Tasten – werden nicht beeinflusst. Nach einer therapeutischen Injektion baut sich die Wirkung langsam auf und erreicht – je nach Indikation und Dosis – nach etwa zehn Tagen ihren Höhepunkt. Nach zwei bis sechs Monaten werden die ausgeschalteten Nervenenden neu gebildet, wodurch die Muskeln wieder aktiviert werden können. Botox® war das erste Fertigarzneimittel aus dem Nervengift des Bakteriums Clostridium botulinum. Fachärzte in der Neurologie nutzen Botox® und weitere Fertigarzneimittel seit den 1980er-Jahren, um verschiedene Symptome zu behandeln. Bisher wird das Nervengift zur Behandlung neurologischer Bewegungsstörungen, von Hyperhidrose, Prostatabeschwerden sowie bei chronischer Migräne eingesetzt.

Risiken bei der Botox-Behandlung

Bei lokalen Botox-Behandlungen treten Nebenwirkungen eher selten auf. Durch die Injektion kann es an den Einstichstellen zu Rötungen, Schwellungen und blauen Flecken (Hämatomen) kommen. Außerdem verursacht die Injektion oft einen leicht brennenden Schmerz.

Eine zu hohe Dosis an Botulinumtoxin kann Schluckstörungen, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, Übelkeit oder auch eine starke Einschränkung der Mimik verursachen. Gelangt das Gift in die Blutbahn, muss sofort ein Antiserum gegeben werden. Bis dessen Wirkung einsetzt, muss der Patient beatmet werden, weil der Giftstoff die Atemmuskulatur lähmt.

Botox zur Faltenkorrektur 

Bekannter und – nicht zulasten der GKV abrechenbar – sind kosmetische Eingriffe mit Botox-Injektionen. Diese werden zur Faltenkorrektur benutzt. Für fast jede Faltenart gibt es heute eine passende Behandlung. Die Lachfalten um die Augen, die Denkerfalten auf der Stirn oder die steile Zornesfalte zwischen den Augenbrauen gehören zu den sogenannten mimischen Falten. Als Folge der aktiven Muskelbewegungen im Gesicht sind sie ideale Angriffspunkte für eine Behandlung mit Botulinumtoxin Typ A. Wird es in die Muskulatur injiziert, hemmt es die Übertragung der Nervenimpulse auf den Muskel. Als Folge der Muskelentspannung glätten sich die Falten und die Mimik verändert sich. 
Für die ästhetische Behandlung ist in Deutschland nur das Präparat Vistabel® von Allergan zugelassen. Es darf gemäß Zulassung zur „vorübergehenden Verbesserung des Aussehens von mittelstarken bis starken Falten der oberen Gesichtshälfte (Glabellafalten, Krähenfüße, horizontale Stirnfalten) bei Erwachsenen bei erheblicher psychologischer Belastung“ eingesetzt werden. 

Wer darf Falten mit Botox behandeln?

Grundsätzlich gibt es strenge Vorgaben, welche Berufsgruppen Faltenunterspritzungen vornehmen dürfen. Ärzte dürfen – unabhängig von ihrer Fachrichtung – jeden sogenannten „dermalen Filler“ (neben Botox beispielsweise Hyaluronsäure oder Eigenfett) verschreiben und unterspritzen. Zahnärzte zählen nicht zu der Berufsgruppe der Ärzte und dürfen keine Botox-Faltenbehandlungen vornehmen. Die zahnärztliche Behandlung ist auf die Zahnheilkunde beschränkt und Eingriffe an der Gesichtsoberfläche, wie sie durch Unterspritzungen erfolgen, sind unzulässig. Botox-Behandlungen dürfen Zahnärzte nur „in den Grenzen des Lippenrots“ durchführen, beispielsweise bei Zähneknirschen (Bruxismus). 

Umstritten ist, ob Heilpraktiker gem. § 1 Heilpraktikergesetz (HeilpG) Faltenunterspritzungen mit Botox vornehmen dürfen. Denn für § 1 Abs. 2 HeilpG liegt die Ausübung von Heilkunde nur vor bei der Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden. Ob und wann Maßnahmen der ästhetischen Schönheitsbehandlung wie Faltenkorrekturen am gesunden Menschen im Einzelfall als Heilbehandlung eingestuft werden könnten, muss entsprechend rechtlich geprüft und entschieden werden. Die Unterspritzung mit Hyaluronsäure hat beispielsweise das OVG Münster gemäß § 1 Abs. 2 HeilpG für zulässig erachtet.

Da es sich bei Botox um ein verschreibungspflichtiges Medikament handelt, dürfen Heilpraktiker lediglich die Unterspritzung vornehmen, verordnen dürfen sie es nicht, auch nicht zur Anwendung in der eigenen Praxis.

Die Faltenunterspritzung mit Botox, Hyaluron oder vergleichbaren Substanzen durch die Kosmetikerin oder den Kosmetiker hat das OLG Karlsruhe verboten. Solche Behandlungen stellen eine strafbare Körperverletzung dar.

Übernahmen der Behandlungskosten durch die gesetzliche Krankenversicherung 

Wenn es um die Korrektur von Schönheitsmakeln und Gesichtsfalten geht, ist Botox keine Kassenleistung. Wird es jedoch für bestimmte medizinischen Zwecke, für die es laut Fachinformation eine Zulassung hat, eingesetzt, ist es auch zulasten der GKV abrechenbar. Hierzu zählen folgende Indikationen:

Neurologische Erkrankungen:

  • Fokale Spastizität in Zusammenhang mit dynamischer Spitzfußstellung infolge von Spastizität bei gehfähigen Patienten mit infantiler Zerebralparese, die zwei Jahre oder älter sind
  • Fokale Spastizität des Handgelenkes und der Hand bei erwachsenen Schlaganfallpatienten
  • Fokale Spastizität des Fußgelenkes bei erwachsenen Schlaganfallpatienten
  • Blepharospasmus, hemifazialer Spasmus und koexistierende fokale Dystonien
  • Zervikale Dystonie (Torticollis spasmodicus)
  • Linderung der Symptome bei erwachsenen Patienten, die die Kriterien einer chronischen Migräne erfüllen. Das heißt Kopfschmerzen an mehr als 15 Tagen pro Monat, davon mindestens an 8 Tagen mit Migräne und unzureichende Ansprache oder Unverträglichkeit auf prophylaktische Migräne-Medikation.

Blasenfunktionsstörungen:

  • Idiopathische überaktive Blase mit den Symptomen Harninkontinenz, imperativer Harndrang und Pollakisurie bei erwachsenen Patienten, die auf Anticholinergika nur unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben
  • Harninkontinenz bei Erwachsenen mit neurogener Detrusorhyperaktivität bei neurogener Blase infolge einer stabilen subzervikalen Rückenmarksverletzung oder Multipler Sklerose

Erkrankungen der Haut und mit der Haut verbundene Erkrankungen:

  • Starke, fortbestehende primäre Hyperhidrosis axillaris, die störende Auswirkungen auf die Aktivitäten des täglichen Lebens hat und mit einer topischen Behandlung nicht ausreichend kontrolliert werden kann.

Ob eine der genannten Erkrankungen vorliegt, kann und muss bei der Abgabe in der Apotheke nicht überprüft werden. 

Andere Krankheitsbilder hängen von dem jeweiligen Einzelfall ab und sind erst entweder nach Rücksprache mit der Krankenkasse oder einer Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) zur Abrechnung über die GKV möglich.