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Kann Hyaluronsäure Falten reduzieren?

Mann cremt sich vor Spiegel das Gesicht ein
In einer Studie zeigte sich, dass eine 0,1%ige Creme mit Hyaluronsäurefragmenten die Hautoberfläche nachhaltig glättet. | Bild: goodluz / AdobeStock

Rund die Hälfte des körpereigenen Hyaluronsäurevorkommens befindet sich in der Haut, insbesondere der Lederhaut. Chemisch betrachtet, gehört Hyaluronsäure zur Gruppe der Glykosaminoglykane. 

Es handelt sich um ein lineares Polysaccharid aus sich wiederholenden Einheiten von je einem Molekül D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin, die perlenartig aneinandergereiht sind. 

Diese Ketten liegen sowohl einzeln als auch im netzartigen dreidimensionalen Verbund vor. Je nach Kettenlänge werden verschiedene Varianten unterschieden: 

  • Natürliche, hochmolekulare Hyaluronsäure: Diese hat ein enormes Wasserbindevermögen, kann als Makromolekül jedoch nicht in die Haut eindringen. Es verbleibt auf der Oberfläche und hat einen hydratisierenden Soforteffekt, der jedoch nur kurzfristig anhält.
  • Niedermolekulare Hyaluronsäure (max. 50.000 g/mol) besteht aus kürzeren, gespaltenen Ketten beziehungsweise Fragmenten, daher der Begriff „fragmentierte Hyaluronsäure“. Sie gelangt in tiefere Epidermisschichten und ihre Wirkung ist nachhaltiger.
  • Oligo-Hyaluronsäure (3.000 g/mol): Die besonders kurzkettige Version dringt am leichtesten und tiefsten in die Haut ein.

INCI-Bezeichnung verrät Hyaluron-Variante nicht

In Kosmetika wird Hyaluronsäure unter der INCI-Bezeichnung Hyaluronic Acid oder Sodium Hyaluronate geführt. Ob es sich dabei um hoch- oder niedermolekulare Varianten handelt, ist anhand der Kennzeichnung nicht ersichtlich. 

Als 0,1%ige Zubereitung entsteht ein luftdurchlässiger, befeuchtender Film auf der Haut. Bei über 1 % bildet die Substanz mit Wasser ein zähes Gel. 

Oft verwenden Hersteller eine Mischung verschiedener Kettenlängen, weil deren Kombination die jeweiligen Vorteile der verschiedenen Versionen im Produkt vereint.

Anti-Aging-Effekt: Hyaluronsäure bindet Feuchtigkeit

Wegen der zahlreichen hydrophilen OH-Gruppen im Molekül ist Hyaluronsäure ein Gigant, was das Wasserbindevermögen angeht – das 1.000- bis 4.000-Fache der eigenen Masse ist möglich. 

In Kosmetika wird Hyaluronsäure daher gerne als Feuchtigkeitsbinder eingesetzt. Sie befeuchtet also die Hautoberfläche und dringt als fragmentierte Variante auch tiefer in die Epidermis ein. 

Dort bewirkt die Einlagerung von Wasser in die schwammähnliche räumliche Struktur des Moleküls eine Volumenzunahme, die sichtbar Falten verringert. Diese werden von innen schlicht aufgepolstert – ein Anti-Aging-Effekt. 

Hyaluronsäure hilft bei dünner werdender Haut

Zudem unterstützt Hyaluronsäure (HA) die Zellproliferation, was altersbedingter Hautatrophie entgegenwirkt – also wenn die Haut dünner wird. 

An Zellkulturen wurde nach Zugabe von HA (50 – 400 kDa, Dalton [Da] entspricht demselben Zahlenwert in [g/mol]) eine vermehrte Keratinozytenproliferation beobachtet. Ein Mechanismus, der über den Hyaluronat-Rezeptor CD44 vermittelt werden soll. 

Dieser die Haut verdickende Effekt ist auch für Patienten mit cortisonbedingter Hautatrophie und bei gestörter Wundheilung hilfreich. 

Apothekenkosmetik mit Hyaluronsäure

Da die körpereigene Hyaluronsäureproduktion im fortgeschrittenen Alter abnimmt, ist es naheliegend, den Verlust durch entsprechende Pflegeprodukte auszugleichen. Beliebte Darreichungsformen sind neben Cremes vor allem Seren, etwa das La Roche Posay Hyalu B5 Serum (fragmentierte und hochmolekulare HA). Eine erbsengroße Menge reicht für das gesamte Gesicht vollkommen aus. 

Ebenso wird der Feuchtigkeitsbinder gerne in Shampoos (z. B. im Plantur 39 Hyaluron-Shampoo) für trockenes Haar und Kopfhaut oder in Produkten zur Gesichtsreinigung (z. B. in Neutrogena Hydro Boost Reinigungstücher) eingesetzt.

Ist die Wirkung von Hyaluronsäure wissenschaftlich belegt?

Nachdem die Wirkung bestimmter Hyaluronsäurefragmente auf die Faltentiefe in einer placebokontrollierten Doppelblindstudie belegt wurde, ist die „niedermolekulare Hyaluronsäure“ seit März 2012 in der aktualisierten Leitlinie „Dermokosmetika gegen Hautalterung“ der Gesellschaft für Dermopharmazie in der Kategorie 1a gelistet (1a: Wirksamkeitsnachweis in placebokontrollierten Doppelblindstudien). 

Zuvor gab es bereits mehrere experimentelle Studien und kleinere In-vivo-Beobachtungen, die über die Effekte von Hyaluronsäure/-derivaten berichteten. Die genannte Studie untersuchte die Wirksamkeit bei 76 Probandinnen, im Alter von 30 bis 60 Jahren, über einen Zeitraum von acht Wochen. 

Verwendet wurde eine 0,1%ige Creme mit Hyaluronsäurefragmenten verschiedener Größe (50, 130, 300, 800, 2.000 kDa), jeweils einseitig auf Augenfältchen aufgetragen. Im Gegensatz zur Placeboseite zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Hornschichthydratation und Elastizität. Die kleinen Fragmente (50 kDa und 130 kDa) glätteten die Hautoberfläche nachhaltig.

Hyaluronsäure als wundheilungsförderndes Mittel

In der Medizin ist Hyaluronsäure als wundheilungsförderndes Mittel bekannt. Wundheilung ist ein komplexer Prozess, an dem zahlreiche Faktoren beteiligt sind. Unterstützende Produkte gibt es im Handel beispielsweise von Avène das Cicalfate+ Narbenpflege-Gel. 

Bei chronischen Wunden wie Dekubitus und Ulcera sowie bei großflächigen Verbrennungen helfen hyaluronsäurehaltige Wundauflagen. Etwa Hyalomatrix von Haemo Pharma oder Hyalofill von Avantis medical. Quellen: [1] Petra Hirscher, das Hyaluron-Wunder, riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH, 1. Auflage 2018, ISBN E-Book (PDF) 978-3-95971-952-0, Abruf: 25.08.2021 [2] GD – Gesellschaft für Dermopharmazie e.V.1 13. März 2017 Leitlinie der GD Gesellschaft für Dermopharmazie e. V. „Dermokosmetika gegen Hautalterung“, Abruf: 18.08.2021 [3] Sabine Ellsässer: Körperpflegekunde und Kosmetik, Springer-Verlag GmbH Deutschland 2000, 2008, 2020, 3. vollständig aktualisierte Auflage, ISBN 978-3-662-59999-0 [4] https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Hyalurons%C3%A4ure, Abruf: 19.10.2021 [5] PubMed: Hyaluronate fragments reverse skin atrophy by a CD44-dependent mechanism, 10.1371/journal.pmed.0030493, ISSN:1549-1676, 03.12.2006, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17177600/, Abruf: 18.10.2021 [6] https://analytik.news/fachartikel/2017/46.html, Abruf 19.10.2021 [7] https://ziverel.de/, Abruf: 19.10.2021 [8] https://www.altmeyers.org/de/dermatologie/hyaluronsaure-20922#anwendungsgebiet-verwendung, Abruf: 22.10.2021 

Im Überblick: Anwendungsbeispiele von Hyaluronsäure

  • Befeuchtungsmittel und/oder zur Faltenreduktion in verschiedensten Kosmetika (z. B. La Roche Posay Hyalu B5 Serum, Neutrogena Hydro Boost Reinigungstücher, Plantur 39 Hyaluron-Shampoo)
  • Dermaler „Filler“ (Füllsubstanz) zur Faltenkorrektur in der ästhetischen Medizin
  • Wundheilungsstörungen und Verbrennungen (z. B. Hyalomatrix®,  Hyalofill®)
  • Wunde Stellen im Mund bzw. Aphthen (z. B. Aftamed® Gel)
  • Narbenpflege (z. B. Avene das Cicalfate+ Narbenpflege-Gel)
  • Arthrosebehandlung mittels Injektion (z. B. Hyalart®, Hya-Ject®) oder oral (wenig erforscht)
  • Benetzungsmittel in Augentropfen
  • Gastroösophageale Reflux-Symptome (Ziverel®)
  • Befeuchtung der Nasenschleimhaut (z. B. hysan® Hyaluronspray)
  • Bestandteil in Vaginalgelen gegen Scheidentrockenheit (z. B. KadeFungin® Befeuchtungsgel, Gynomunal® Vaginalgel)