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RSV-Infektionen derzeit am häufigsten

Akute respiratorische Erkrankungen nehmen derzeit zu. Vor allem RS-Viren scheinen hier eine Rolle zu spielen. | Quelle: Viacheslav Lakobchuk / AdobeStock

Bereits im Sommer warnte das Robert Koch-Institut (RKI) vor einem Winter mit einem erhöhten Aufkommen von Atemwegsinfektionen. Dabei dachte das RKI nicht nur an Grippe, auch vermehrte Infektionen mit RSV – Respiratorische Synzytialviren – wurden befürchtet. RSV verursacht vor allem bei Frühgeborenen, Neugeborenen und jungen Säuglingen sowie Kindern mit Grunderkrankungen schwere Atemwegsinfektionen.

Ausbleibender Immunbooster im letzten Jahr

Grund für die befürchteten heftigeren Infektionswellen könnte die milde Erkältungs- und Grippesaison im letzten Winter sein: Durch Kontaktbeschränkungen und Lockdown-Maßnahmen fehlte schlicht die Möglichkeit, sich anzustecken, und damit auch der natürliche Booster für unser Abwehrsystem. Die Folge: Influenza-, RS- Viren oder andere Atemwegserreger treffen nun auf ein unvorbereitetes Immunsystem. Umso wichtiger sind deswegen, wo möglich, präventive Impfungen, und zwar gegen Influenza, Pneumokokken oder passiv gegen RSV mit Palivizumab.

Welche Erreger zirkulieren gerade?

Hört man sich um – oder arbeitet in der Apotheke –, könnte sich die Vorhersage des RKI tatsächlich bewahrheiten: Kollegen, Freunde, Familie sind erkältet, Schnupfen- und Hustenpräparate gehen am Tag nicht nur einmal über den HV-Tisch. Doch ist das nur ein subjektiver Eindruck, oder beobachtet auch das RKI eine ungewöhnlich hohe Atemwegsinfekt-Inzidenz – und wenn ja: Welche Erreger dominieren das Erkältungsgeschehen aktuell?

Mehr Atemwegsinfektionen als in den Vorjahren um diese Zeit

In der Tat sprach das RKI bereits im ersten ARE-Wochenbericht (Meldewoche 40) der aktuellen Grippesaison (diese beginnt stets in der 40. Kalenderwoche) von einer „bundesweit deutlich gestiegenen“ ARE-Aktivität (ARE: akute respiratorische Erkrankung). Das hat sich auch in der Woche darauf nicht geändert. Zwar sind laut dem neuesten ARE-Wochenbericht (Meldewoche 41) die Arztbesuche aufgrund von Atemwegsinfektionen etwas zurückgegangen, dennoch beobachtet das RKI, dass diese „insgesamt etwas höher als in den Vorsaisons um diese Zeit“ sind.

Gut zu wissen: Influenza-Wochenbericht wird ARE-Wochenbericht

Das RKI hat sich entschieden, seinen „Influenza-Wochenbericht“ ab der Saison 2021/22 umzubenennen und künftig vom „ARE-Wochenbericht“ zu sprechen. ARE steht für „akute respiratorische Erkrankungen“. Mit dem neuen Namen will das Robert Koch-Institut dem „breiten Spektrum“ an Atemwegserkrankungen gerecht werden, denn nicht nur Grippeviren zirkulieren in den Wintermonaten vermehrt. Der Schwerpunkt der Auswertungen soll auf Influenza, COVID-19 und RSV liegen.

Vor allem RSV-Infektionen

Das Nationale Referenzzentrum (NRZ) für Influenzaviren hat in der 41. Kalenderwoche 2021 175 Sentinelproben analysiert. In fast drei von vier Proben (73 Prozent, 128 Proben) fand das NRZ Atemwegserreger – am häufigsten RS-Viren. So enthielten mehr als jede dritte Probe (34 Prozent) Respiratorische Synzytialviren. Am zweithäufigsten konnte das NRZ Rhinoviren nachweisen (28 Prozent), gefolgt – mit einigem Abstand (11 Prozent) – von humanen saisonalen Coronaviren. Daneben fand das NRZ in fast jeder zehnten Probe Parainfluenzaviren. SARS-CoV-2 und humane Metapneumoviren machten 2 Prozent der positiven Proben aus. Bei Influenza hingegen wurde das NRZ nur ein einziges Mal mit Influenza A(H3N2) fündig, was zu einem Anteil von 0,6 Prozent führt.

RSV-Welle läuft seit Wochen

Die hohen RSV-Zahlen sind nicht erst seit einer oder zwei Wochen zu beobachten. Tatsächlich hat die RSV-Welle dem RKI zufolge bereits in der 35. Kalenderwoche begonnen, also vor knapp acht Wochen. Zur Bestimmung des Beginns der RSV-Welle wird die RSV-Positivenrate bei Säuglingen und kleinen Kindern bis zum Alter von vier Jahren herangezogen. Diese lag bei 0- bis Einjährigen bei 50 Prozent, bei Zwei- bis Vierjährigen bei 68 Prozent und damit laut RKI deutlich über den Werten der Vorjahre um diese Jahreszeit.

Drei Viertel aller schweren Atemwegsinfektionen bei Kindern durch RSV

Auch in Krankenhäusern spürt man die RSV-Welle. So zeigen Daten aus der Krankenhaussurveillance (ICOSARI), dass für fast drei Viertel aller schweren akuten respiratorischen Infektionen (SARI), die bei bis Vierjährigen auftreten, RSV verantwortlich zeichnen.

Bislang nur 49 Grippefälle

Bei der Grippe sieht es derzeit noch entspannter aus als bei RSV: Bislang wurden 49 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle an das RKI gemeldet, 27 Prozent der Patienten waren hospitalisiert. Verglichen mit der Grippesaison vor drei Jahren 2018/19 – also der letzten Vor-Corona-Grippesaison – muten die Zahlen nicht dramatisch an: Damals wurden bis zur 41. Meldewoche 58 labordiagnostisch bestätigte Influenzainfektionen an das RKI übermittelt, 33 Prozent der Patienten waren hospitalisiert.