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Was ist eigentlich ein Schmerzschrittmacher?

Schmerzschrittmacher Senza Omnia
Ein oder zwei Elektroden und ein kleiner, elektronischer Impulsgeber – so setzt sich ein Schmerzschrittmacher zusammen. | Bild: Nevro Corp.

Halten Schmerzen über sechs Monate an, bezeichnet man sie als chronische Schmerzen. Viele Betroffene machen die leidvolle Erfahrung, dass ihnen weder Medikamente noch sonstige Therapiemaßnahmen ausreichend helfen. 

Ein implantierbares Neurostimulationssystem – auch als Schmerzschrittmacher bezeichnet – kann für diese Patienten eine Behandlungsalternative sein.

Rückenmarksstimulation reduziert Schmerzempfinden

Schon seit den 1980er-Jahren werden Schmerzschrittmacher routinemäßig eingesetzt. Trotzdem ist dieses Therapieverfahren nicht sehr bekannt. 

Es basiert darauf, dass bestimmte Rückenmarksabschnitte, von denen die jeweiligen Schmerzen ausgehen, durch schwache elektrische Impulse stimuliert werden. Die Methode wird auch als Spinal Cord Stimulation (SCS) – oder als epidurale Rückenmarksstimulation – bezeichnet. 

Die elektrischen Impulse stimulieren jene Nervenbahnen, die für Schmerzwahrnehmung im Gehirn zuständig sind. Die Schmerzweiterleitung ans Gehirn wird beeinflusst, wodurch der Patient weniger Schmerzen empfindet.

Wie wird ein Schmerzschrittmacher eingesetzt?

Ein Schmerzschrittmachersystem besteht ähnlich wie ein Herzschrittmacher aus zwei Teilen: einem elektronischen Impulsgeber und einer oder zwei mit ihm verbundenen Elektroden. 

Die Schmerzschrittmacher-Implantation geschieht in mehreren Schritten. In einer ersten Operation werden über eine Nadelpunktion Elektroden in Rückenmarksnähe platziert – und zwar so, dass sie die Stimulation in den Epiduralraum des Rückenmarks leiten. 

Dieser Eingriff geschieht unter Lokalanästhesie, denn der Patient muss dabei ansprechbar sein, damit die Elektroden richtig positioniert werden können. Gelingt dies, empfindet der Patient ein Kribbeln in dem Bereich, wo er die chronischen Schmerzen hatte.

Implantation des Schmerzschrittmachers nach Testphase

Die Elektroden sind zunächst an einen extern getragenen Neurostimulator angeschlossen. Das System wird nämlich nun erst mehrere Tage lang getestet. Während dieser Zeit beurteilt der Patient zu Hause, ob seine Schmerzen zufriedenstellend gelindert werden. Die Schmerzreduktion muss mindestens 50 Prozent betragen.

Ist die Probephase erfolgreich verlaufen, kann in einer weiteren Operation – diesmal unter Vollnarkose – der Neurostimulator eingepflanzt werden. Das Gerät, das ungefähr so groß wie eine Stoppuhr ist, wird meist in der Bauchwand platziert. 

Es gibt unterschiedliche Stimulationsgeräte, darunter auch solche, die sich von außen wieder aufladen lassen. Sie können einige Jahre länger als batteriebetriebene Modelle im Körper verbleiben, bevor sie ausgewechselt werden müssen. Über ein externes Handgerät kann der Patient die Stärke der Neurostimulation je nach aktuellem Bedarf anpassen.

Wann ist ein Schmerzschrittmacher geeignet?

Die Neurostimulation mittels Schmerzschrittmacher bewirkt laut Expertenaussage in mehr als 60 Prozent der Fälle eine lang anhaltende Schmerzreduktion. 

Diese Therapieoption eignet sich vor allem für:

  • Chronische Rückenschmerzen, zum Beispiel nach Bandscheibenvorfall, die in die Beine ausstrahlen
  • Phantom- und Stumpfschmerzen
  • Diabetische Polyneuropathie
  • Schmerzen nach Gürtelrose (Post-Zoster-Neuralgie)
  • Austherapierte Angina pectoris
  • Austherapierte periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK, Schaufensterkrankheit)
  • Schwerste, medikamentös nicht beeinflussbare Kopfschmerzen Quellen: Deutsche Gesellschaft für Neuromodulation e.V. (DGNM); Universitätsklinikum Freiburg; Aktion Gesunder Rücken e.V. (AGR) 

Schmerzschrittmacher in Kürze

  • Nervenstimulationsmethode mittels eines implantierbaren Neurostimulators und implantierter Elektroden
  • Auch als Spinal Cord Stimulation (epidurale Rückenmarksstimulation) bezeichnet.
  • Therapieoption bei anderweitig nicht beherrschbaren chronischen Schmerzen, z. B. bei chronischen Rückenschmerzen, Phantomschmerzen, Post-Zoster-Neuralgie, neuropathischen Schmerzen, Durchblutungsstörungen
  • Durch leichte elektrische Impulse am Rückenmark wird Weiterleitung von Schmerzsignalen ans Gehirn beeinflusst und dadurch Schmerzwahrnehmung reduziert.