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Angstpatienten in der Apotheke: Wenn Panik das Leben bestimmt

Medikamente, Psychotherapie oder Apps: Angststörungen können und müssen behandelt werden. | Bild: panitan / AdobeStock 

Eine Panikattacke kommt aus dem heiteren Himmel: Betroffene haben plötzlich ein beklemmendes Gefühl, Herzklopfen, verschwitzte Hände, Atemnot, Angst davor, ohnmächtig zu werden oder die Kontrolle über sich selbst zu verlieren. Nicht nur Depressionen, sondern auch Angststörungen plagen derzeit wesentlich mehr Menschen als noch vor einigen Jahren.

Angststörung – Eine Krankheit oder ein Symptom?

Angststörungen werden häufig nicht richtig erkannt und können sich auch über somatische (körperliche) Beschwerden manifestieren. Wenn ein Patient über länger andauernde körperliche Symptome wie Schmerzen, Magen- und Darmbeschwerden, Schlafstörungen oder einen hohen Blutdruck klagt, kann auch eine Angststörung oder eine andere psychische Erkrankung dahinter stecken.

Auf der anderen Seite können Angstzustände auch bei vielen körperlichen Erkrankungen auftreten. Dazu gehören unter anderem Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Migräne, Tumoren, eine Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreose) und Hypoglykämien (Unterzucker) bei Diabetes. 

Eine länger nicht behandelte körperliche Grunderkrankung kann die Psyche so stark beeinträchtigen, dass eine alleinige Behandlung der Ursache nicht ausreicht. Es ist daher wichtig, Angstsymptome oder chronische somatische Beschwerden ärztlich abzuklären und eine mögliche Grunderkrankung rasch zu behandeln. 

Therapien der Angst- und Panikzustände

Die aktuelle Leitlinie zur Behandlung von Angststörungen empfiehlt eine psychotherapeutische Behandlung, die durch Medikamente wie Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (z. B. Citalopram, Escitalopram, Paroxetin oder Sertralin) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (z. B. Venlafaxin) unterstützt werden kann. Benzodiazepine sind auf Grund ihres starken Abhängigkeitspotenzials nicht Mittel der Wahl, dennoch werden sie im akuten Notfall auch heute noch eingesetzt.

Im Falle einer akuten Panikattacke wird allerdings selten eine sofortige medikamentöse Behandlung notwendig – der Patient beruhigt sich häufig durch die Anwesenheit des Arztes bzw. Psychotherapeuten. In der Regel hält eine Panikattacke maximal 30 Minuten an. Langfristig wird Patienten mit einer Panikstörung eine Verhaltenstherapie und Ausdauersport (z. B. dreimal pro Woche 5 km Lauf) als ergänzende Maßnahmen empfohlen.

Gut zu wissen: Psychotherapeut, Psychologe und Psychiater

Ein Psychotherapeut ist ein Arzt oder ein Psychologe und verfügt über eine Approbation nach dem Psychotherapeuten Gesetz (PsychThG).

Ein Psychiater ist ein Arzt, der sich auf die Behandlung psychischer Störungen und Krankheitsbilder spezialisiert hat. Arzneimittel zur Behandlung der psychischen Störungen dürfen nur Ärzte verschreiben, nicht aber Psychologen. 

Davon zu unterscheiden sind Heilpraktiker für Psychotherapie. Dieser Abschluss berechtigt Heilpraktiker nicht zum Führen der approbierten Berufsbezeichnung Psychotherapeut. Ihr Schwerpunkt liegt auf einer Gesprächstherapie unterstützt mit alternativen Heilmethoden wie Akupunktur oder Homöopathie.

Wahl der psychotherapeutischen Maßnahme  

Im Bereich klinische Psychotherapie werden 

  • kognitive Verhaltenstherapien,
  • unterstützende Selbsthilfegruppen,
  • Apps,
  • Audiomaterial sowie
  • psychodynamische Psychotherapien angewendet.

Bei der Verhaltenstherapie wird das Verhalten der Betroffenen und ihre Einstellungen zu auslösenden Faktoren untersucht und nach Möglichkeit verändert. Unter „psychodynamischer Psychotherapie“ versteht man Verfahren, die sich auf der Grundlage der Psychoanalyse entwickelt haben. Hier wird der Schwerpunkt auf die lebensgeschichtliche Entwicklung des Patienten gelegt. 

Über die Wahl der entsprechenden Methode entscheidet der Psychotherapeut nach einer gründlichen psychologischen Diagnostik.

Apps gegen Angst und Panik – ein effektiver Zusatztipp für Betroffene

Die Wartezeiten auf einen Platz für eine psychotherapeutische Behandlung sind derzeit sehr lang. Um die Wartezeit zu überbrücken, stellen Gruppenangebote, Selbsthilfegruppen und Online-Interventionen eine gute, unterstützende Möglichkeit dar.

Einen Durchbruch bei der Behandlung der psychischen Störungsbilder bieten digitale Gesundheits-Anwendungen (DiGA) wie „HelloBetter“, „Invirto“, „Mindable“, „Velibra“ und „Selfapy“. Diese Apps werden mittlerweile als Medizinprodukte im Verzeichnis des BfArM aufgelistet und können daher von Ärzten bzw. Psychotherapeuten zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. 

Um ins Verzeichnis aufgenommen zur werden, müssen die jeweiligen Anwendungen den strengen Qualitätskriterien und Sicherheitsanforderungen des Medizinproduktegesetzes entsprechen und ihre Wirksamkeit muss wissenschaftlich belegt sein. Stiftung Warentest hat sich jüngst einige Anwendungen bei Angststörungen angeschaut.