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Encepur® oder FSME-Immun: Welcher FSME-Impfstoff ist der beste?

Laut RKI können beide FSME-Impfstoffe (FSME-Immun und Encepur®) als gleichwertig und austauschbar angesehen werden. | Bild: IMAGO / Eibner

In Deutschland sind zwei Impfstoffe gegen die von Zecken übertragene Frühsommermeningo-Enzephalitis (FSME) zugelassen. Es gibt sie je in einer Version für Erwachsene und Kinder: Encepur® beziehungsweise Encepur® Kinder von Bavarian Nordic und FSME-Immun beziehungsweise FSME-Immun Junior von Pfizer. 

Ist es egal, mit welchem der beiden Impfstoffe man sich vor FSME schützt? Kann eine mit Encepur® begonnene Impfserie auch mit FSME-Immun abgeschlossen werden? Antworten darauf hat das Robert Koch-Institut (RKI).

FSME-Impfstoffe sind gleichwertig und austauschbar

„Die FSME-Impfstoffe beider Hersteller (FSME-Immun und Encepur®) werden als gleichwertig und austauschbar angesehen“, erklärt das RKI. Im Bedarfsfall kann auch, zum Beispiel bei Lieferengpässen eines Herstellers, innerhalb einer Impfserie zwischen Encepur® und FSME-Immun gewechselt werden, und zwar „ohne Einbuße der Wirksamkeit“, bestätigt das Robert Koch-Institut. 

Seine Einschätzung stützt das RKI auf eine Studie aus dem Jahr 2014(„Expert Review of Vaccines“: „Are tick-borne encephalitis vaccines interchangeable?“) , die die Austauschbarkeit von FSME-Impfstoffen untersucht hatte. Dennoch sollte, „wenn möglich“, die Grundimmunisierung (drei Dosen) mit dem gleichen Impfstoff erfolgen.

Wie hoch sind die Antikörper nach Encepur®- und FSME-Immun-Impfung?

Das ist allerdings nicht die einzige Arbeit zur Wirksamkeit von FSME-Impfungen. Erst 2017 veröffentlichten Wissenschaftler im Fachjournal „Vaccine(„Seropersistence of TBE virus antibodies 10 years after first booster vaccination and response to a second booster vaccination with FSME-IMMUN 0.5mL in adults“)  Daten zu Impf-Antikörpern zehn Jahre nach FSME-Immun-Impfung (Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung): Schützende Antikörper konnten bei 84,9 Prozent der Geimpften (n = 315; Alter 20 bis 49 Jahre bei Studienbeginn) nachgewiesen werden. Die Studie fand in Polen statt und dort in einem Gebiet mit niedriger FSME-Last (Niedrig-Endemieregion).

Höhere Antikörper nach Encepur®-Impfung

Eine weitere Studie liefert Informationen zu schützenden Antikörpern nach Encepur®-Impfung, ebenfalls veröffentlicht im Fachjournal „Vaccine(„Second five-year follow-up after a booster vaccination against tick-borne encephalitis following different primary vaccination schedules demonstrates at least 10 years antibody persistence“) , nur ein Jahr später (2018). Auch hier hatten die Teilnehmer (Mindestalter zwölf Jahre) drei Encepur®-Dosen im Rahmen der Grundimmunisierung plus eine Auffrischungsimpfung erhalten. 

In dieser Studie ließen sich bei mehr Menschen zehn Jahre nach Impfung schützende Antikörper nachweisen: 90 bis 100 Prozent der Geimpften (alle Altersgruppen) verfügten nach dieser Zeit noch über schützende Antikörper gegen FSME.

Ist Encepur® besser wirksam?

Doch kann man aus diesen zwei Studien ableiten, dass Encepur® der „bessere“ Impfstoff ist? Wohl kaum – schließlich wurden die beiden FSME-Impfstoffe nicht unter den gleichen Studienbedingungen und nicht direkt miteinander in einer Studie verglichen (Head-to-Head-Studie). So fand z. B. die FSME-Immun-Studie in einem Niedrig-Endemiegebiet statt, die Encepur®-Studie dagegen in einer Hoch-Endemieregion. 

Auch sind die Titer (Mengen) schützender Antikörper, die nach zehn Jahren gemessen wurden, zwar ein guter Indikator, um auf die Wirksamkeit der Impfstoffe zu schließen. Doch interessant ist letztlich: Wie viele Geimpfte erkranken wann und trotz Impfung – nach Encepur® und FSME-Immun? Gibt es hier Unterschiede? Diese Fragen sind derzeit unbeantwortet. 

Professor Dr. Christian Bogdan (Mikrobiologisches Institut – Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg) äußerte sich 2018 dazu im „Bayerischen Ärzteblatt“:

Ob der Encepur®-Impfstoff dem FSME-Immun-Impfstoff bei der Aufrechterhaltung protektiver Langzeittiter tatsächlich überlegen ist, müsste durch eine parallele Vergleichsstudie in ein und derselben Endemieregion untersucht werden.“

Professor Dr. Christian Bogdan

Vorsicht beim Austausch der FSME-Impfstoffe!

Auch wenn das RKI bestätigt, dass beide FSME-Impfstoffe gegeneinander austauschbar sind, so gilt es aufgrund kleiner Unterschiede dennoch einiges zu beachten, zum Beispiel beim Impfalter: Encepur® Kinder darf bei Kindern ab einem Jahr bis zum Alter von elf Jahren geimpft werden. Jugendliche erhalten bereits ab dem zwölften Lebensjahr Encepur® Erwachsene. 

FSME-Immun 0,25 ml Junior hingegen bekommen Kinder und Jugendliche ab einem Alter von einem Jahr bis 15 Jahren. Die Erwachsenen-Impfung FSME-Immun 0,5 ml Erwachsene ist erst ab 16 Jahren zugelassen.

Wie oft wird eine FSME-Impfung aufgefrischt?

Ein genaues Hinschauen lohnt sich auch bei den Auffrischimpfungen. Die Altersgrenze liegt bei Encepur® bei 50 Jahren – unter 50-Jährige werden alle fünf Jahre aufgefrischt, ab 50 verkürzen sich die Impfabstände auf drei Jahre. Bei FSME-Immun ist die Altersgrenze dagegen um zehn Jahre verschoben: Unter 60-Jährige erhalten alle fünf Jahre eine FSME-Auffrischung, ab 60 Jahren werden sie sodann im Drei-Jahres-Rhythmus geimpft. 

Auffrischimpfungen sind deswegen vonnöten, da es sich bei den verfügbaren FSME-Impfstoffen um Totimpfstoffe (adjuvantiert, also wirkverstärkt) handelt. Sie sorgen für eine schwächere Immunität als Lebendimpfstoffe (z. B. Masern), weshalb das Immunsystem von Zeit zu Zeit durch Auffrischimpfungen an den Erreger bzw. Teile davon „erinnert“ werden muss.