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Lieferengpässe: Welche OTC-Alternativen gibt es?

Die Lieferengpässe in Apotheken nehmen zu. Auch viele OTC-Produkte sind derzeit nicht verfügbar. | Bild: DAV / Schelbert

Die Liste mit nicht lieferbaren Arzneimitteln in deutschen Apotheken wird seit Wochen immer länger und gerade in der jetzt beginnenden Erkältungssaison fehlen in der Sichtwahl viele bekannte Gesichter. Die Suche nach Alternativen wird zur Herausforderung. Um hier Abhilfe zu schaffen und den Switch auf andere Produkte zu ermöglichen, gibt es für ein paar der aktuell nicht oder nur eingeschränkt verfügbaren Arzneimittel Alternativen geordnet nach Indikationen.

Ibuprofen und Paracetamol bei Schmerzen und Fieber

Aus der Praxis bereits seit Wochen bekannt: die Nichtverfügbarkeit von Säften mit den Wirkstoffen Ibuprofen (u. a. Nurofen® Junior Fieber- und Schmerzsaft 40 mg/ml und 20 mg/ml, Ibuflam® Kindersaft 20 mg/ml bzw. Ibuflam® 40 mg/ml, Ibu-ratiopharm® 2% und 4% Fiebersaft für Kinder) und Paracetamol (u. a. ben-u-ron® Saft, Paracetamol-ratiopharm® Lösung). Hierfür stehen Rezeptur-Monografien zur Eigenherstellung wirkstoffhaltiger Suspensionen aus den jeweiligen Rezeptursubstanzen oder aufgrund der aktuellen Praxiserfahrung realistischer aus Tabletten zur Verfügung. 

Alternativ kann auf Suppositorien ausgewichen werden. Für Ibuprofen stehen aktuell Zäpfchen mit 60 mg oder 75 mg zur Verfügung.  Die Dosierungen sind abhängig von Alter und Gewicht:

Nurofen Junior 60 mg ZäpfchenEinzeldosisTagesdosis
6–8 kg KG (3–9 Monate)1 x 60 mgmax. 3 x 60 mg
8–12,5 kg KG (9–24 Monate)1 x 60 mgmax. 4 x 60 mg
Ibuprofen Pädia 75 mg Zäpfchen
7,5–9 kg KG (8–12 Monate)1 x 75 mgmax. 3 x 75 mg
10–12 kg KG (1–2 Jahre)1 x 75 mgmax. 4 x 75 mg

Eine weitere – allenfalls theoretische – Möglichkeit ist die rezepturmäßige Herstellung von Suppositorien aus den jeweiligen Paracetamol-Tabletten. Laut Rezepturexpertin Dr. Annina Bergner wird eine Herstellung von Zäpfchen aus FAM-Tabletten jedoch grundsätzlich nicht empfohlen, da die weiteren Hilfsstoffe die Herstellung stören können. Häufig sind Tabletten zudem überzogen und lassen sich somit nicht fein genug pulverisieren. Die Verwendung von Tabletten sei auch nicht notwendig, da andere Verfahren zur Verfügung stehen wie z. B. die Herstellung aus Suppositorien für Erwachsene
Die Dosierungen sind abhängig von Alter und Gewicht: 

 EinzeldosisTagesdosis
3–4 kg KG (< 3 Monate)1 x 75 mgmax. 2 x 75 mg
4–5 kg KG (< 3 Monate)1 x 75 mgmax. 3 x 75 mg
4 kg KG (> 3 Monate)   1 x 75 mgmax. 3 x 75 mg
5–6 kg KG (> 3 Monate)1 x 75 mgmax. 4 x 75 mg
7–8 kg KG (6–9 Monate)1 x 125 mgmax. 3 x 125 mg
9–12 kg KG (9–24 Monate)1 x 125 mgmax. 4 x 125 mg 
13–16 kg KG (2–4 Jahren)1 x 250 mg max. 3 x 250 mg
17–25 kg KG (4–8 Jahre)1 x 250 mgmax. 4 x 250 mg
26–32 kg KG (8–11 Jahre)1 x 500 mgmax. 3 x 500 mg
33–43 kg KG (11–12 Jahre)1 x 500 mgmax. 4 x 500 mg
ab 43 kg KG (ab 12 Jahren)1–2 x 500 mgmax. 8 x 500 mg

Für Kinder ab sechs Jahren ist auch die Gabe von Ibuprofen-haltigen Tabletten mit 200 mg Wirkstoff oder die Gabe Paracetamol-haltiger Tabletten mit alters- und gewichtsadaptierter Dosierung (z. B. eine halbe Tablette mit 500 mg Paracetamol) möglich.

Auch Elektrolytpräparate sind betroffen

Wer aktuell an Magen-Darm-Erkrankungen mit Erbrechen und/oder Durchfall leidet, ist von den derzeitigen Lieferengpässen ebenso betroffen. So müssen wir noch auf nicht absehbare Zeit auf alte Bekannte wie Oralpädon® oder Elotrans® verzichten. Auch die meisten anderen als Alternative denkbaren Elektrolytpräparate, wie z. B. Sanotact® Elektrolyte plus oder Saltadol® Elektrolyt Pulver, sind aktuell nicht auf dem deutschen Markt erhältlich. Es gibt leider auch nur wenige Alternativen. 

Eine davon kann Infectodiarrstop® LGG® der Firma Infectopharm sein. Neben Salzen und Kohlenhydraten enthält dieses Produkt auch den Stamm eines Milchsäurebakteriums und ist zugelassen zur Behandlung von Durchfallerkrankungen bei Säuglingen und Kleinkindern. Die Dosierung erfolgt nach Körpergewicht, Schwere des Durchfalls sowie Zeitpunkt der Erkrankung. Bei leichtem Durchfall gilt

  • bei Säuglingen und Kleinkindern bis 23 Monate: 1–2 Doppelkammerbeutel pro Tag.
  • bei Kindern ab zwei Jahren: 2–3 Doppelkammerbeutel pro Tag.

Handelt es sich um schwerere Durchfallerkrankungen, gilt innerhalb der ersten 4 bis 6 Stunden die Gabe von 50–100 ml Trinklösung pro kg KG:

4 kg KG200–400 ml
8 kg KG400–800 ml
12 kg KG600–1.200 ml
ab 16 kg KG800–1.600 ml

Danach werden pro wässrigem Durchfall 10 ml Zubereitung pro kg KG verabreicht.

Eine andere, etwas aufwändigere, aber für Jugendliche und Erwachsene geeignete Option wäre die rezepturmäßige Herstellung von Glucose-Elektrolyt-Mischungen.

Welche Alternativen gibt es bei Krämpfen im Magen-Darm-/Unterleibsbereich?

Seit einiger Zeit auch nicht mehr verfügbar sind die Filmtabletten Buscopan® bzw. Buscopan plus mit den Wirkstoffen Butylscopolamin bzw. in der Kombination mit Paracetamol. Handelt es sich bei den Beschwerden um Krämpfe, deren Ursache eher im Magen-Darm-Bereich verortet wird (z. B. beim Reizdarm-Syndrom, Gallenkoliken), kann z. B. auf Präparate mit Pfefferminzöl (Buscomint®) zurückgegriffen werden. Das Öl wirkt magenberuhigend und entspannt die Bauchmuskulatur. 

Auch andere meist pflanzliche Arzneimittel, z. B. mit Myrrhe, Kümmel, Kamille oder Kaffeekohle, können bei Diarrhoe, Meteorismus oder Krämpfen mit gutem Erfolg angewandt werden ( z. B. Carmenthin®, Myrrhinil-Intest®). Die Dosierungen sind wie folgt:

  • Buscomint® (ab 12 Jahren und > 40 kg KG): 3 x 1 Weichkapsel täglich
  • Carmenthin® (ab 12 Jahren): max. 2 x 1 Weichkapsel täglich
  • Myrrhinil-Intest® (ab 12 Jahren): bis zu 3 x 4 Tabletten täglich

Auf welche Hustenlöser kann zurückgegriffen werden?

Seit kurzem kommt es auch zu Lieferschwierigkeiten mit Acetylcystein-haltigen Arzneimitteln, z. B. ACC® Kindersaft oder Fluimucil® Kindersaft und den entsprechenden Brausetabletten. Hier besteht die Möglichkeit, auf andere Wirkstoffe, wie beispielsweise Ambroxolhydrochlorid auszuweichen. Als Fertigpräparat stehen unter anderem Mucosolvan® Kinder Hustensaft oder die Produkte der Generikahersteller meist noch zur Verfügung. Kann auf feste orale Darreichungsformen ausgewichen werden, so gibt es Lutschtabletten oder Retardformulierungen mit dem gleichen Wirkstoff und mit altersadaptierten Dosierungen.

Ist mit zunehmenden Engpässen zu rechnen?

Sicherlich ist diese Liste nicht abschließend, bildet aber einige der aktuell am häufigsten verlangten, jedoch nicht lieferbaren Arzneimittel ab. Sollte sich in nächster Zeit nichts an der suboptimalen Lieferfähigkeit von Arzneimitteln im deutschen Gesundheitsmarkt ändern, so ist eine weitere Verschlimmerung der Lage zu befürchten, die die Versorgung in manchen Fällen ernsthaft gefährden könnte.